rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Uneingeschränkte Besteuerung von Schmiergeldzahlungen auch bei gerichtlich angeordnetem Vermögensverfall
Leitsatz (redaktionell)
- Ein nichtselbständig beschäftigter Steuerpflichtiger, der gegen Schmiergeldzahlungen zugunsten eines Auftraggebers die Erstellung von Scheinrechnungen vermittelt und Beratungshilfe bei der Verschiebung der hierdurch abgedeckten Gelder leistet, erzielt hierdurch steuerbare Einkünfte entweder aus nichtselbständiger Tätigkeit, selbständiger Arbeit oder sonstigen Leistungen.
- Auch bei Annahme bilanzierungsfähiger Einkünfte aus selbständiger Arbeit kann für die nach Liechtenstein transferierten Schmiergeldzahlungen nicht deshalb zum 31.12.1994 eine gewinnmindernde Rückstellung gebildet werden, weil in Liechtenstein erstmals im Jahr 2000 die Abschöpfung aus ausländischen Korruptionsvergehen erlangter Gelder gesetzlich ermöglicht und nachfolgend der Verfall der transferierten Vermögenswerte des Steuerpflichtigen angeordnet wurde. Es fehlt insoweit an der Erkennbarkeit einer ungewissen Verbindlichkeit zum Zeitpunkt der pflichtgemäßen Bilanzaufstellung.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 18-19, 22 Nr. 3; HGB § 249 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
1994
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Besteuerung von Schmiergeldzahlungen.
Die Antragsteller sind Ehegatten, die im Streitjahr 1994 beim Antragsgegner – dem Finanzamt „L-Stadt” – zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Antragsteller ist von Beruf Bauingenieur. Der Antragsteller war bis zum 31.12.1994 als Geschäftsführer im „K-Firma” nichtselbständig beschäftigt. Im Rahmen der Errichtung eines „D-Fabrik” in „P-Staat (Afrika)” erhielt er insgesamt Schmiergeldzahlungen i.H.v. „Z” Millionen DM. Von diesen Zahlungen hatte sein Arbeitgeber keine Kenntnis. Sie stammten aus dem Umfeld des damaligen „afrikanischen” (Militär-) Diktators „B”, der anlässlich der Errichtung des „D-Fabrik” anhand von Scheinrechnungen zwischen „S1 (dreistellig)” Millionen und „S2” DM aus dem „seinem” Staatshaushalt auf ihm zuzurechnende ausländische Konten verschob und der vom Antragsteller dabei beraten wurde. Das hierfür erhaltene Geld transferierte der Antragsteller auf ein Bankkonto der ihm zuzurechnenden „C-Stiftung” in Liechtenstein. Dabei handelte es sich um eine Stiftung liechtensteinischen Rechts. Das Vermögen der Stiftung belief sich zuletzt auf „Y Millionen” DM.
Der Antragsteller ging zum 31.12.1994 in den gesetzlichen Ruhestand. Ab dem 01.01.1995 war er aufgrund eines Beratungsvertrags weiter im „K-Firma” scheinselbständig beschäftigt. Eine Änderung hinsichtlich Arbeitsplatz, Sekretärin, Gehalt und Aufgabengebiet erfolgte nicht.
Die Schmiergeldzahlungen im Rahmen der Errichtung des „D-Fabrik” und der Transfer der Gelder in die Schweiz wurden Ende 1998 und in der ersten Jahreshälfte 1999 aufgrund des Todes des Diktators „B” und des damit verbundenen Regierungswechsels in P-Staat” erstmals der Öffentlichkeit bekannt („...”). Der erste Anhaltspunkt für einen Geldfluss nach Liechtenstein tauchte im Frühjahr 2000 auf. Nachdem sich das Fürstentum Liechtenstein in der Folge weiterer entdeckter Geldwäschefälle Anfang 2000 erheblichen politischen Drucks u.a. seitens der OECD, der Vereinigten Staaten und auch der Bundesrepublik Deutschland ausgesetzt sah, wurden die gesetzlichen Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäsche und der Beschlagnahme strafbefangener Gelder verschärft. Mit Beschluss vom 21.06.2000 ordnete das fürstliche Landgericht Liechtenstein die Sperrung der Kontenverbindung der „C-Stiftung” bei der „X-Bank” in Liechtenstein an. Am 19.01.2005 wurde hinsichtlich der Vermögenswerte der Stiftung der Verfall angeordnet. Gestützt wurden diese Maßnahme durch die mit Gesetz vom 25.10.2000 (LGBl Nr. 256/2000) neugefasste Vorschrift des § 20b des liechtensteinischen StGB. Ein gegen diese Maßnahme angestrengtes Klageverfahren des Antragstellers blieb erfolglos. Auf das richterliche Urteil vom 09.08.2005 wird Bezug genommen.
Am 05.11.2003 erstattete der Antragsteller eine Selbstanzeige hinsichtlich der erhaltenen Schmiergeldzahlungen. Mit Schreiben vom 12.11.2003 leitete das örtlich zuständige Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung „L-Stadt” gegenüber den Antragstellern das Steuerstrafverfahren ein. Der Prüfer ordnete die Schmiergeldzahlungen als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Einkommensteuergesetz – EStG – ein. Hinsichtlich der weiteren Feststellungen der Fahndungsprüfung wird auf den Bericht des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung „L-Stadt” vom 28.02.2005 verwiesen.
Der Antragsgegner folgte mit geändertem Einkommensteuerbescheid 1994 vom 09.06.2005 vollumfänglich den Feststellungen der Steuerfahndung. Die festzusetzende Einkommensteuer belief sich auf 800.502,60 €. Es ergab sich eine Nachzahlung für evangelische Kirchensteuer in Höhe von 61.769,30 €. Eine von den Antragstellern geleistete Abschlagszahlung auf die festgesetzte Steuerschuld in Höhe von 5.000.000,00 € wurde in ...