Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung eines Kraftfahrzeugs vom Typ Land Rover Defender

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Es sprechen gewichtige Gründe dafür, dass trotz der ersatzlosen Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO mit Wirkung ab 01.05.2005, der die Einstufung von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 2,8 t als Lastkraftwagen ermöglichte, ein Geländewagen des Typs Land Rover Defender weiterhin als anderes Fahrzeug i.S.d. § 8 Abs. 2 KraftStG zu besteuern ist.
  2. Auf Grund der ausdrücklichen Anbindung des KraftStG an das Verkehrsrecht ist die Einordnung eines Kraftfahrzeugs als Personenkraftwagen nach Verkehrsrecht zu bestimmen, das auch im europäischen Gemeinschaftsrecht verankert sein kann.
  3. Erfüllt ein Kraftfahrzeug danach die besonderen Bedingungen für die Einstufung als AF-Mehrzweckfahrzeug, gilt es nicht als Personenkraftwagen.
 

Normenkette

KraftStG § 2 Abs. 2 Satz 1, §§ 8, 12 Abs. 2; StVZO § 23 Abs. 6a; RL 70/156/EWG v. 06.02.1970 i.d.F. der RL 2001/116/EG v. 20.12.2001 Anhang 2 Abschn. C Nr. 1; FGO § 69

 

Streitjahr(e)

2005

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 30.11.2006; Aktenzeichen VII B 209/06)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Aussetzung der Vollziehung eines Kraftfahrzeugsteuerbescheides.

Die Antragstellerin betreibt eine Autovermietung. Sie ist Halterin eines Kraftfahrzeuges vom Typ Land Rover Defender mit einem Leergewicht von 2.055 kg und einem zulässigen Gesamtgewicht von 2.950 kg. Bei dem Wagen handelt es sich lt. Fahrzeugbrief um einen geschlossenen Pkw mit Dieselantrieb, der einschl. Führersitz über 5 Sitzplätze verfügt. Er wurde zunächst als Lastkraftwagen nach Gewicht besteuert. Mit gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes - KraftStG - geändertem Bescheid vom 20.03.2006 stufte der Antragsgegner den Land Rover ab dem 01.05.2005 als Pkw ein und besteuerte ihn gemäß § 8 Abs. 1 KraftStG nach Hubraum und Schadstoffausstoß. Den Wechsel der Fahrzeugart begründete er mit dem Wegfall des § 23 Abs. 6a der Straßenverkehrszulassungsordnung -StVZO-. Über den gegen den Kraftfahrzeugsteuerbescheid eingelegten Einspruch hat er noch nicht entschieden, sondern das Verfahren zum Ruhen gebracht. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat er abgelehnt.

Die Antragstellerin hat daraufhin das Gericht mit der Bitte um vorläufigen Rechtsschutz angerufen.

Sie trägt vor:

Die Besteuerung des Fahrzeugs hätte gem. § 8 Abs. 2 KraftStG wie bisher nach Gewicht erfolgen müssen, weil es sich um ein „anderes Fahrzeug” im Sinne dieser Vorschrift handele. Die im Kraftfahrzeugsteuergesetz verwendeten Begriffe des Verkehrsrechts richteten sich nach den jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften. An die Stelle des ersatzlos gestrichenen § 23 Abs. 6a StVZO seien Bestimmungen des gemeinschaftlichen Verkehrsrechts getreten. Der Antragsgegner hätte auf die EU-Richtlinie 70/156/EWG vom 06.02.1970 in der Fassung der Richtlinie 2001/116/EG vom 20.12.2001 zurückgreifen müssen, die die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Fahrzeuge regele.

Lt. Anhang II Gliederungspunkt C Nr. 1 werde nicht als Fahrzeug der Klasse M 1 (Pkw) angesehen ein „AF-Mehrzweckfahrzeug” (Kraftfahrzeuge zur Beförderung von Fahrgästen und deren Gepäck oder von Gütern in einem einzigen Innenraum), wenn es außer dem Fahrersitz nicht mehr als 6 Sitzplätze habe und außerdem die Voraussetzungen der „Bedingung P ./. (M + N x 68) größer als N x 68” erfülle. Dies träfe auf den Land Rover Defender zu.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Antragstellerin wird auf die Einspruchsbegründung vom 26.04.2006 und die Antragsschrift vom 15.05.2006 verwiesen.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Vollziehung des Bescheides vom 20.03.2006 auszusetzen, soweit die Steuer höher als 172,31 € festgesetzt ist,

2. soweit Aussetzung der Vollziehung gewährt wird, die Verwirkung von Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über den Aussetzungsantrag aufzuheben,

hilfsweise, die Beschwerde zuzulassen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen,

hilfsweise, die Beschwerde zuzulassen.

Er trägt vor, die Anwendbarkeit der Lastenformel für M 1 AF-Fahrzeuge könne den vorliegenden präsenten Unterlagen nicht entnommen werden. Die Anzahl der Sitzplätze gehe aus der Kopie des Fahrzeugbriefes, soweit sie lesbar sei, ebenso wenig hervor wie die Angabe zur Masse in fahrbereitem Zustand (2.055 kg statt 2.020 kg). Auch wenn die EU-Richtlinien seit dem 01.07.2002 von den Mitgliedstaaten verbindlich anzuwenden seien und sich deshalb gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG eine Bindung für die Einstufung von Kraftfahrzeugen ergäbe, habe der Antragsteller nicht nachgewiesen, dass der Land Rover Defender ein AF-Mehrzweckfahrzeug und insbesondere keine AC-Kombi-Limousine sei. Nach Anhang II A Nr. 1 der Richtlinie 2001/116/EG handele es sich bei für die Personenbeförderung ausgelegten und gebauten Kraftfahrzeugen mit höchstens 8 Sitzplätzen außer dem Fahrersitz um Personenkraftwagen der Klasse M 1, und zwar ...

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