Entscheidungsstichwort (Thema)
Verkehrswertermittlung im Ertragsteuerrecht: Anwendung des Ertragswertverfahrens bei Mietwohngrundstücken – Berücksichtigung eines höheren Substanzwerts im Fall der künftigen Aufteilung in Eigentumswohnungen
Leitsatz (redaktionell)
- Wird bei der Veräußerung von Anteilen an einer Grundstücks-GbR an eine Familienstiftung, zu deren Destinatären die Gesellschafter der GbR zählen, ein den Verkehrswert überschreitender Kaufpreis gezahlt, ist der Ermittlung der Anschaffungskosten und der AfA durch die Erwerberin der Verkehrswert zugrunde zu legen.
- Der Verkehrswert eines Mietwohngrundstücks ist regelmäßig nach dem Ertragswertverfahren gemäß §§ 17-20 ImmoWertV zu ermitteln.
- Die am Bewertungsstichtag bestehende bloße Möglichkeit der künftigen Aufteilung in Eigentumswohnungen zum Zweck der Veräußerung rechtfertigt nicht die Berücksichtigung eines höheren Substanzwerts im Wege der alternativen Anwendung des Sachwertverfahrens.
- Die Abschreibung der in der Ergänzungsbilanz der Erwerberin ausgewiesenen Anschaffungskosten ist nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 20.11.2014 IV R 1/11, BFH/NV 2015,409, vorzunehmen.
Normenkette
BewG § 9 Abs. 2, § 76 Abs. 1 Nr. 1; ImmowertV § 2; ImmoWertV § 4 Abs. 3 Nr. 1, §§ 17, 21; EStG § 7 Abs. 4
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wurde als Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die drei Geschwister A, B und C zum 3. 12. 1996 gegründet. Die Gesellschafter waren an der Klägerin zu gleichen Teilen je zu 1/3 beteiligt. Mit notariellem Kaufvertrag vom 3.12.1996 erwarb die Klägerin das Grundstück D in E. Das Grundstück war bebaut mit einem denkmalgeschützten Wohnhaus, welches von der Verkäuferin entsprechend der im Kaufvertrag enthaltenen Sanierungs- und Umbauverpflichtung hergerichtet wurde. Der Gesamtkaufpreis betrug DM 3.660.000 (Euro 1.871.328,20) und wurde wie folgt aufgeteilt:
Grund und Boden |
DM 565.500 (Euro 289.135,55) |
15,45 % |
Gebäude |
DM 734.500 (Euro 375.543,88) |
20,07 % |
Umbau und Sanierung |
DM 2.360.000 (Euro 1.206.648,80) |
64,48 %. |
Die Grundstücksgröße beträgt 580 qm und die Wohnfläche 851 qm.
Mit einem nicht datierten privatschriftlichen Anteilskaufvertrag verkauften die Gründungsgesellschafter mit Wirkung zum 01.07.2007 insgesamt 94 % ihrer Gesellschaftsanteile an die F, eine Familienstiftung, zu deren Destinatären die Gesellschafter der GbR zählen. B veräußerte seinen gesamten Gesellschaftsanteil von 1/3, A und C jeweils 30 1/3 %. Damit bleiben letztere zu jeweils 3 % an der Klägerin beteiligt. Der Kaufpreis wurde auf der Basis eines Wertes der Immobilie von 1.960.293,07 € ermittelt und betrug insgesamt 1.842.675,49 Euro. Davon entfielen auf B 653.431,03 Euro und auf die beiden weiteren Gesellschafterinnen jeweils 594.622,23 Euro. Angerechnet auf den Kaufpreis wurden die anteiligen Darlehensverbindlichkeiten der Klägerin (348.740 € bezogen auf 94 %), da die Käuferin die Verkäufer anteilig von ihren Verbindlichkeiten auf Grund der Finanzierungsverträge für das Objekt freizustellen hatte. Der verbleibende Betrag von 1.493.935,49 € wurde als Barkaufpreis an die verkaufenden Gesellschafter ausgezahlt.
Bis zu der Anteilsveräußerung wurde für das Objekt die Fördergebietsabschreibung auf die Sanierungsmaßnahmen mit insgesamt 1.250.279,93 Euro und die Abschreibung auf die Gebäudealtsubstanz mit 92.122,66 Euro berücksichtigt. Der Buchwert zum 01.01.2008 betrug 588.935,06 Euro. Auf die Anteilsveräußerung von 94 % entfiel ein Buchwert zum Übertragungsstichtag von 553.599 Euro.
Die Gesellschaft brachte von dem vereinbarten Kaufpreis von 1.842.675,49 Euro das anteilige übernommene Finanzierungsdarlehen von 348.740 Euro in Abzug. Die verbleibende Zahlung von 1.493.935,49 € abz. des übernommenen Kapitals von 357.897,76 € erfasste die Gesellschaft als zusätzliche Anschaffungskosten der Neugesellschafterin in der Ergänzungsbilanz und teilte den Betrag von 1.136.037,73 € wie folgt auf:
Grund und Boden |
174.133,00 Euro |
15,33 % |
Gebäude |
961.904,73 Euro |
84,67 %. |
Der Abschreibung wurde eine Restnutzungsdauer von 365 Monaten zugrunde gelegt, was zu einer jährlichen zusätzlichen Abschreibung von 31.625 Euro für die F führte. Die anteilige AfA 2007 betrug 15.812,73 €. Der Neugesellschafterin wurde darüber hinaus die anteilige AfA laut Gesamthandsbilanz nach den ursprünglichen AK von 1.931.337,65 € zugerechnet.
Für die Streitjahre 2007 und 2008 wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von./. 16.362,34 Euro (Gesamtvermögen ./. 550 €, Ergänzungsvermögen ./. 15.813 €) erklärt (2007) und in Höhe von ./. 29.802,53 € (laufende Einkünfte 1.822 €, Verluste aus Ergänzungsvermögen ./. 31.625 €) für 2008. Die Einkünfte wurden unter dem Vorbehalt der Nachprüfung am 10. 5. 2010 festgestellt.
Im Jahr 2013 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung () statt. Die Prüferin gelangte im Bericht vom 04.03.2013 u. a. zu folgenden...