Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte, die für besondere Ausbildungszwecke verwendet werden
Leitsatz (redaktionell)
Die Verwendung von Einkünften für besondere Ausbildungszwecke i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 3 2. Halbsatz EStG erfordert einen individuellen, ausbildungsbedingten Sonderbedarf, der nach Art und Höhe über das Übliche hinausgeht. Hierzu zählen nicht die regelmäßig bei nahezu allen Studierenden anfallenden Aufwendungen.
Normenkette
EStG §§ 2, 9, 10 Abs. 1 Nr. 7, § 32 Abs. 4 Sätze 2, 3 2. Halbsatz
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger ab 1.1.1997 Kindergeld für seinen Sohn X, geboren am xx.xx.xxxx zusteht.
Der Sohn des Klägers studiert an der Fachhochschule in X-Stadt und übt daneben eine Tätigkeit bei einer Versicherungsgesellschaft aus.
Aufgrund eines Antrages vom 15.4.1996/2.5.1996 erhielt der Kläger für das Jahr 1996 und in 1997 bis zum 30.6.1997 Kindergeld. In der am 5.6.1997 beim Beklagten eingegangenen Erklärung zu den voraussichtlichen Einkünften und Bezügen des Sohnes im Kalenderjahr 1997 gab der Kläger an, sein Sohn beziehe voraussichtlich Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 22.992 DM. Die Werbungskosten (Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) bezifferte er mit einem Betrag von 4.322 DM. Außerdem erklärte er Fahrten zwischen Wohnung und Studienort, Studiengebühren, Fachbücher u. a. in Höhe von insgesamt 7.502 DM als Aufwendungen für die Berufsausbildung. Die "verbleibenden Einkünfte' ermittelte er danach auf 11.168 DM.
Mit Bescheid vom 10.6.1997 setzte der Beklagte das Kindergeld für den Sohn X ab 1.1.1997 auf 0 DM fest. Diese Festsetzung stützte er auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung - AG -. Außerdem forderte der Beklagte vom Kläger das für den Zeitraum 1.1.1997- bis 30.6.1997 bereits gezahlte Kindergeld i. H. v. von 1.320 DM gemäß § 37 Abs. 2 AO zurück. Zur Begründung führte er aus, die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen seien nicht erfüllt, weil dem Kind Einkünfte und Bezüge von mehr als 12.000 DM im Kalenderjahr zur Verfügung stünden. Die vom Kläger bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz - EStG - geltend gemachten Ausbildungskosten könnten nicht zum Abzug gebracht werden. Es verblieben daher Einkünfte in Höhe von 18.670 DM.
Dagegen hat der Kläger nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Er trägt vor: Die Rechtsauffassung des Beklagten ignoriere den Sinn des Familienlastenausgleiches sowie die Tatsache, daß dem Sohn tatsächlich nur noch 11.168 DM zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stünden.
Kosten des Studiums müßten wie Werbungskosten vom Einkommen abziehbar sein. Es dürfe dem einzelnen, dessen fachlich hochwertige Ausbildung sozialpolitisch erwünscht sei, nicht verwehrt werden, die Kosten dieser Ausbildung vom Einkommen abzuziehen, weil er ansonsten mit den zur Bestreitung des Lebensunterhaltes verbleibenden Mitteln unter das gesetzliche Existenzminimum gerate. Der Gedanke, daß dem einzelnen jedenfalls das sozialhilferechtliche Existenzminimum verbleiben müsse, komme auch in dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 25.9.1992 (2 BvL 5/91 ) zum Ausdruck.
Die Unterscheidung, die Kosten der Ausbildung nur dann zu berücksichtigen, wenn das Kind Bezüge habe, die aufgrund einer besonderen Zweckbestimmung bezahlt würden, nicht aber, wenn Bezüge vorhanden seien, die unstreitig und notwendigerweise zum Zweck der Ausbildung eingesetzt würden, widerspreche dem verfassungsmäßigen Grundsatz der Gleichbehandlung. Das Gesetz sei daher über seinen Wortlaut hinaus dahingehend auszulegen, daß auch Bezüge, die von dem Kind zur Bestreitung der Studienkosten verwendet würden, als die Einkünfte mindernde Aufwendungen berücksichtigt werden müßten.
Soweit die Auffassung vertreten werde, daß Ausbildungskosten zu den Kosten der allgemeinen Lebenshaltung gehörten, werde dies bereits durch die glaubhaft gemachte Höhe der dem Sohn des Klägers erwachsenen Kosten widerlegt. Hätte er geringere Einkünfte, die nach Abzug der Werbungskosten den Betrag des zu verschonenden Existenzminimums nur geringfügig überstiegen, so verblieben ihm unter Berücksichtigung der Ausbildungskosten gerade mal frei verfügbare 5.000 DM, ein Betrag, der deutlich unter dem Existenzminimum liege. Dies könne vom Gesetzgeber nicht gewollt sein.
Verstehe man Ausbildungskosten, insbesondere Kosten eines Studiums, als Kosten der allgemeinen Lebenshaltung und berücksichtige diese bei der Berechnung der Einkünfte nicht steuermindernd, verstoße dies auch gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Denn hierdurch würden die Familien benachteiligt, bei denen die Auszubildenden nicht voll von den Eltern unterstützt werden könnten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 10.6.1997 und die Einspruchsentscheidung vom 8.9.1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist weiterhin der Auffassung, daß der Bescheid vom 10.5.1997 auch unter verfassungsrechtlichen Ges...