Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug bei steuerpflichtiger Inlandslieferung von Kfz Reimporten
Leitsatz (redaktionell)
- Eine zum Vorsteuerabzug berechtigende steuerpflichtige Inlandslieferung von Kfz- Reimporten liegt nicht vor, wenn die Fahrzeuge bei dem in die Lieferkette eingeschalteten inländischen Rechnungsaussteller bereits bestellt und gekauft worden sind, bevor diese aus Italien in das Inland transportiert und zum Betriebsgelände des Bestellers verbracht werden. Ort der Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 7 UStG 1993 ist in diesem Fall Italien.
- Die Bestimmung des Leistungsortes nach dem Beginn der Warenbewegung in Italien ist unabhängig davon maßgeblich, ob der Besteller die Fahrzeugpapiere erst geraume Zeit nach Auslieferung der Fahrzeuge erhalten hat.
- Ein innergemeinschaftliches Verbringen i.S.v. § 1 a Abs. 2 UStG 1993 an den inländischen Rechnungsaussteller liegt nicht vor, wenn bei Beginn des Transports im Ausgangsstaat der Abnehmer im Inland (Bestimmungsland) bereits feststeht und der Gegenstand an ihn unmittelbar ausgeliefert wird.
Normenkette
UStG 1993 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; UStG § 1a Abs. 2, § 3 Abs. 7, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Berechtigung der Klägerin zum Vorsteuerabzug aus Rechnungen einer Firma M-Automobilhandel (Inhaber Herr D) und einer Firma B, Inhaber Herr F.
Die Klägerin betrieb in den Streitjahren unter der Bezeichnung „Autohandel” in L-Stadteinen Kfz-Handel; einziger Angestellter war Herr D2, Bruder des Herrn D.
In den Umsatzsteuererklärungen der Streitjahre machte die Klägerin Umsatzsteuerbeträge aus Rechnungen der Fa. B von insgesamt 14.569,56 DM (1995) und 54.143,48 DM (1996) sowie aus Rechnungen der Fa. M von 21.305,20 DM (1996) als Vorsteuern geltend. Nachdem der Beklagte den Erklärungen zunächst zugestimmt hatte, versagte er mit Änderungsbescheiden vom 15.05.2000 den Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen.
Hinsichtlich der Fa. B begründete der Beklagte die Versagung des Vorsteuerabzugs damit, dass der Inhaber F kein selbstständiger Unternehmer sei, sondern von seinem Schwager D als Strohmann in eine fingierte Lieferkette bei dem Import der Fahrzeuge aus Italien eingeschaltet gewesen sei. Diese Auffassung sah der Beklagte später bestätigt durch eine Zeugenaussage des Herrn F bei der Staatsanwaltschaft M-Stadt vom 24.01.2001.
Hinsichtlich der Fa. M stützte sich der Beklagte auf im Rahmen einer dortigen Prüfung getroffene Feststellungen der Steuerfahndungsstelle für die Finanzämter H, G, K, T (Bericht vom 11.03.1998) und die Ergebnisse einer von ihm bei der Klägerin durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung (Bericht vom 19.05.1998).
Die angegebene Adresse in O-Stadt stelle lediglich eine Deckadresse dar, an der der Rechnungsaussteller keine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet habe. Unter der Anschrift sei lediglich ein Büroservice ansässig; D habe dort über keine eigenen Räumlichkeiten verfügt. Die von der Fa. M berechneten Fahrzeuge seien offenbar unmittelbar von der in Italien ansässigen Fa. Z, Inhaber ebenfalls Herr D, an die inländischen Kfz-Händler geliefert worden. Die Fa. M sei ohne jeden vernünftigen Grund in die Lieferkette eingeschaltet worden. Sie habe nur den Zweck gehabt, den inländischen Abnehmern – so auch der Klägerin – Rechnungen über zum Vorsteuerabzug berechtigende steuerpflichtige Inlandlieferungen zu verschaffen.
Die hiergegen gerichteten Einsprüche wies der Beklagte als unbegründet zurück. Dazu führte er im Wesentlichen folgendes aus:
Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug lägen nicht vor. Die rechnungsmäßige Abwicklung der Geschäfte mit den Firmen B und M weiche von den tatsächlichen Gegebenheiten ab; zudem seien in beiden Fällen Rechnungsaussteller und leistender Unternehmer nicht identisch. Im Rahmen bundesweit durchgeführter Ermittlungen sei festgestellt worden, dass im vorliegenden Fall wie auch in zahlreichen weiteren Fällen im Zusammenhang mit der Einfuhr von Fahrzeugen (Reimporten) aus Italien – abweichend von den tatsächlichen Gegebenheiten und unter Einbeziehung von Schein- bzw. Strohunternehmen – eine inländische Lieferkette fingiert worden sei, um inländischen Kfz-Händlern die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug zu verschaffen.
Über die Fa. Z, Sitz in Italien, seien EG-Neufahrzeuge beschafft und ins Inland verbracht worden. Der Transport sei unmittelbar zu den jeweiligen Autohändlern erfolgt, u. a. zum Betrieb der Klägerin, in dem D2 die Geschäfte abgewickelt habe.
Abweichend von diesen tatsächlichen Gegebenheiten seien jedoch rechnungsmäßig die Firmen B und – seit 01.09.1996 – die Fa. M zwischengeschaltet worden. Dem Unternehmen des F sei keine eigenwirtschaftliche Funktion zugekommen, weil der Inhaber branchenunkundig und lediglich Werkzeug des D gewesen sei. Nachdem die Fa. B im Anschluss an eine bei ihr im Herbst 1996 durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung in Schwierigkeiten bei der Geschäftsabwicklung geraten sei u...