rechtskräftig
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Steuerbegünstigung für eine selbstgenutzte Eigentumswohnung.
Die Klägerin kaufte mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11.12.1985 eine Eigentumswohnung … zum Preise von 130.000,– DM. Besitz, Nutzung und Lasten gingen Ende Dezember 1985 bei Zahlung des Kaufpreises auf sie über. Nach erfolgter Renovierung im Jahre 1986 stand die Wohnung zunächst leer und wird seit Januar 1991 von der Klägerin zu eigenen Wohnzwecken genutzt. In den Streitjahren 1987 und 1988 machte die Klägerin Schuldzinsen in Höhe von 6.010,– DM (1987) und 5.575,– DM (1988), Betriebskosten in Höhe von 2.530,– DM (1987) und 2.878,– DM (1988) sowie erhöhte Absetzungen für Abnutzungen (AfA) nach § 7 b Einkommensteuergesetz (EStG) steuermindernd geltend. Der Beklagte erkannte die Aufwendungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen zunächst erklärungsgemäß an, änderte jedoch am 29.10.1990 die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bestehenden Bescheide nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO).
Im anschließenden Einspruchsverfahren gab der Beklagte dem Rechtsbehelf insoweit statt, als er die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG in der ursprünglichen Höhe wie Sonderausgaben berücksichtigte. Die übrigen Aufwendungen ließ er jedoch außer Ansatz. Ein Abzug als Vorkosten im Sinne des § 10 e Abs. 6 EStG scheide aus, weil die Wohnung nicht bezogen worden sei und das Bereithalten einer leerstehenden Wohnung keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken darstelle.
Mit der dagegen erhobenen Klage trägt die Klägerin im wesentlichen vor, die Zinsaufwendungen und die laufenden Grundstückskosten seien im Rahmen des § 10 e Abs. 6 EStG abzugsfähig. Sie habe die Eigentumswohnung in der Absicht erworben, sie zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen. Dies sei ihr in den Streitjahren jedoch deshalb nicht möglich gewesen, weil sie ihre 1896 geborene Mutter habe pflegen müssen. Sie habe zusammen mit ihr im Haus ihres Bruders gelebt. Ihrer Mutter habe ein lebenslängliches Wohnrecht zugestanden und ihr – der Klägerin – sei es gestattet gewesen, sich zu Lebzeiten der Mutter in der Wohnung aufzuhalten. Der in den Streitjahren ernste Gesundheitszustand der Mutter habe sich entgegen der Erwartungen jedoch gebessert, mit der Folge, daß diese aus der Wohnung ihres Sohnes (des Bruders der Klägerin) zu einer anderen Tochter gezogen sei. Nachdem der Grund für die Nichtausübung der von Anfang an geplanten Selbstnutzung der Eigentumswohnung entfallen war, sei sie im Januar 1991 endgültig umgezogen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung der Bescheide vom 29.10.1990 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.08.1991 die Einkommensteuer 1987 auf …,– DM und die Einkommensteuer 1988 auf …,– DM herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt er unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung aus, aufgrund des Wegfalls der Nutzungswertbesteuerung für die selbstgenutzte Wohnung zum 1.1.1987 entfalle die Möglichkeit, Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen zu können. Deshalb komme eine Anwendung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu vorab entstandenen Werbungskosten und zur Einkunftserzielungsabsicht bei einer leerstehenden Wohnung nicht in Betracht. Andererseits könne auch ein Vorkostenabzug gemäß § 10 e Abs. 6 EStG nicht gewährt werden, da die Klägerin ihre Wohnung nicht nach dem 31.12.1986 angeschafft habe. Selbst wenn § 10 e Abs. 6 EStG auch auf Objekte Anwendung finden sollte, die vor dem 1.1.1987 angeschafft wurden, seien die Vorkosten nur für eine kurze Zeit des Leerstehens der Wohnung abzugsfähig. Dieser Zeitraum, den der BFH und ihm folgend Erhard in Blümich, Kommentar zum EStG, auf unter 18 Monate begrenze, sei im Streitfall überschritten. Im Erörterungstermin vom 6.3.1995 haben die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt, so daß der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für 1987 in Höhe von 8.540,– DM sowie für 1988 in Höhe von 8.453,– DM sind als Vorkosten im Sinne des § 10 e Abs. 6 EStG wie Sonderausgaben steuermindernd zu berücksichtigen.
1. Die Vorschrift des § 10 e Abs. 6 ist auf das Ende Dezember 1985 angeschaffte Objekt der Klägerin anwendbar. § 10 e Abs. 6 gilt auch für Objekte, die vor dem 01.01.1987 hergestellt oder angeschafft wurden (Urteil des Finanzgerichts – FG – des Saarlandes vom 28.5.1991 1 K 181/90, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG –1991, 611; Stephan, Die Besteuerung selbstgenutzten Wohneigentums, 4. Auflage 1993, 232; Märckle/Wacker/Franz, Betriebs-Berater – BB – 1986 Beilage 8, Seite 16; Stephan in Littmann/Bitz/Hellwig, EStG, § 10 e Rd. 160; B. Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, 20. Auflage, § 10 e Anm. 6 m.w.N.). Denn aus § 10 e EStG selbst ergibt sich keine auf einen bestimmten Anschaffungs- oder Herstellungszeitraum bezogene Anwendung. Er ...