Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellung mittels Postzustellungsurkunde – Identifizierbarkeit des Inhalts der Sendung
Leitsatz (redaktionell)
- Für die Identifizierbarkeit des Inhalts einer mittels Postzustellungsurkunde zugestellten Sendung reicht jede Kennzeichnung durch Nennung der Steuernummer nebst Zahlen und Buchstaben aus, die es dem Empfänger ermöglicht, die Sendung dem richtigen Vorgang zuzuordnen.
- Bei der Zustellung eines die Umsatzsteuer für Voranmeldungszeiträume betreffenden Haftungsbescheides führt eine lediglich die Jahresangaben, nicht aber die Angabe der Quartale enthaltende Kennzeichnung der Sendung nicht zu einem Mangel der Identifizierbarkeit.
- Weist die Postzustellungsurkunde den im Haftungsbescheid der Steuernummer vorangestellten Buchstaben „H- „ nicht aus, ist dies unschädlich, wenn Begriff „Haftungsbescheid” in der Postzustellungsurkunde ausgeschrieben worden ist.
Normenkette
AO § 122 Abs. 5, § 355 Abs. 1; VwZG § 3; ZPO § 182 Abs. 1, § 418
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Haftungsbescheid für Steuerschulden „A” KG (im Folgenden: KG). Der Kläger war neben Herrn „B” Geschäftsführer der „C”, die wiederum Komplementärin der KG war.
Zwischen der KG und den Finanzbehörden war seit Beginn ihrer Tätigkeit im März 2000 streitig, ob die Tätigkeit der KG als Veranstaltung einer Lotterie zu werten ist und dementsprechend der Lotteriesteuer unterliegt mit der Folge, dass keine Umsatzsteuerpflicht besteht (so die Finanzbehörden) oder ob die KG umsatzsteuerpflichtig und damit vorsteuerabzugsberechtigt ist (so die KG).
Für den Zeitraum März 2000 bis November 2002 bestätigten sowohl das Finanzgericht – FG – Köln (Urteil vom 16.11.2005 11 K 3095/04, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2006, 849) als auch der Bundesfinanzhof – BFH – (Urteil vom 02.04.2008 II R 4/06, Bundessteuerblatt Teil II – BStBl II – 200, 735) jeweils die Lotteriesteuerpflicht der KG. Die dagegen von der KG eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht – BVerfG – nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 25.03.2010 1 BvR 3382/08).
Die dem streitgegenständlichen Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerschulden resultieren aus Umsatzsteuervoranmeldungen für die Jahre 2004 bis 2007 sowie für das II. Quartal 2008. Für diese Zeiträume hatte die KG jeweils beim Beklagten Vorsteuerbeträge angemeldet, die zu Erstattungsbeträgen führten. Diese Erstattungen wurden nicht ausgezahlt, sondern jeweils mit anderen Steuerschulden der KG () verrechnet. Im Zuge der Jahresveranlagung 2004 wurde der Vorsteueranspruch vom Beklagten nicht mehr anerkannt. Der gegen den entsprechenden Umsatzsteuerbescheid 2004 gerichtete Einspruch wurde mit bestandskräftiger Einspruchsentscheidung vom 02.03.2007 als unbegründet zurückgewiesen. Am 30.03.2007 reichte die KG eine vom Finanzamt als Änderungsantrag nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO – gewertete Umsatzsteuererklärung für 2004 ein.
Für die Voranmeldungszeiträume I-IV/2005 und I-III/2006 erließ der Beklagte im Mai 2007 geänderte Vorauszahlungsbescheide, mit denen die ursprünglich vorangemeldeten Vorsteuern zurückgefordert wurden. Weiterhin erließ er im Januar 2009 einen Jahressteuerbescheid 2007, mit dem er die vorangemeldeten Vorsteuern für 2007 zurückforderte. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren dagegen erhobene Klage wurde vom FG Düsseldorf mit Urteil vom 16.05.2012 zu 98 % abgewiesen (Az. 5 K 3311/10 U). Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH derzeit unter dem Aktenzeichen V B 80/12 anhängig.
Mit Schreiben vom 18.12.2008 bat der Beklagte den Kläger zum Zwecke der Prüfung, ob und in welchem Umfang er als Haftungsschuldner für Steuerrückstände der KG seit dem 28.08.2008 in Anspruch genommen werden kann, um Beantwortung diverser Fragen zu den Vermögensverhältnissen der KG im Haftungszeitraum. Der Kläger beantwortete dieses Schreiben nicht.
Mit einem ersten Haftungsbescheid vom 03.02.2009 nahm der Beklagte den Kläger für Steuerschulden der KG i.H.v. 161.156,14 Euro in Anspruch. Der Haftungsbetrag betraf die Umsatzsteuer 2004, I-IV/2005, I-III/2006 und II/2008 nebst Verspätungs- und Säumniszuschlägen sowie Zinsen.
Auf den dagegen eingelegten Einspruch nahm der Beklagte den Haftungsbescheid mit Schreiben vom 31.03.2009 gemäß § 130 Abs. 1 AO zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Bescheid rechtswidrig gewesen sei, weil sich die Ermessensausübung aus diesem nicht hinreichend ergebe. Als Betreff des Schreibens ist (Zitat): „ Haftungsbescheid vom 03.02.2009 für den Kläger „ angegeben. Die in dem Schreiben angegebene Steuernummer lautet „ „.
Der Beklagte fertigte von diesem Schreiben ein Exemplar für den Kläger und eines für seinen Bevollmächtigten an. Nur in dem Schreiben an den Kläger führte der Beklagte weiterhin folgendes aus (Zitat): „ In Kürze / mit gleicher Post erhalten Sie einen neuen Haftungsbescheid. „. Nach den Absendevermerken des Beklagten wurden beide...