rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum nachträglichen Bekanntwerden von Tatsachen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bei Ermittlungsfehler des Finanzamtes

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein mit der Bargründung zwischen Gesellschafter und Kapitalgesellschaft abgeschlossener Grundstückskaufvertrag stellt auch dann keinen grunderwerbsteuerlichen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage dar, wenn letztlich auf die Kaufpreisforderung verzichtet wird.
  2. Das nachträgliche Bekanntwerden der ein einheitliches Vertragswerk begründenden Tatsachen rechtfertigt auch unter Berücksichtigung von Treu und Glauben die Änderung eines bestandskräftigen Grunderwerbsteuerbescheides, wenn der Kaufvertrag zwar auf einen die Bebauung des Grundstücks betreffenden Werkvertrag Bezug nimmt, der Erwerber den gegenleistungserhöhenden Vertrag aber weder anzeigt noch vorlegt.
 

Normenkette

GrEStG § 8 Abs. 2 Nr. 2, § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 19 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 S. 2; AO § 173 Abs. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 10.05.2006; Aktenzeichen II R 69/04)

 

Tatbestand

Die Klägerin wurde durch notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 16.11.1998 (UR-Nr. des Notars in Z-Stadt) gegründet. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ist Herr B. Das Stammkapital beträgt 50.000 DM. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom gleichen Tag (UR-Nr. des Notars) veräußerte Herr B das in seinem Eigentum stehende Grundstück Y-Straße in Z-Stadt zum Kaufpreis von 2,5 Mio. DM an die Klägerin. In dem Vertrag war vermerkt, dass das Grundstück sich im Zustand der Bebauung befand. Laut Tz. II 1 des Vertrages sollte die Gegenleistung aus einem Kaufpreis für den Grund und Boden nebst bisher erstellter Baulichkeiten bestehen, der auch die Übernahme der bestehenden Verträge hinsichtlich des Kaufobjektes abdecke. Der Erwerber sollte in alle Rechte und Pflichten aus den von dem Verkäufer hinsichtlich der Bebauung des Grundstücks abgeschlossenen Verträge unter Übernahme aller Verbindlichkeiten eintreten; der Veräußerer trat insoweit seine Ansprüche aus diesen Verträgen an den Erwerber ab. Unter Tz. II. 2 des Vertrages war geregelt, dass der Erwerber den jeweiligen Verkaufserlös der einzelnen am Kaufobjekt zu begründenden Raumeinheiten an den Veräußerer zur Ablösung der dinglich gesicherten Verbindlichkeiten zahlen sollte; ein eventuell verbleibender Fehlbetrag sollte dem Erwerber erlassen werden, insoweit sollte der Veräußerer für eine verbleibende Restschuld weiterhin haften.

Mit Bescheid vom 04.12.1998 setzte der Beklagte Grunderwerbsteuer in Höhe von 87.500 DM nach einer Bemessungsgrundlage von 2,5 Mio. DM gegenüber der Klägerin fest. Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung bei der Projektgesellschaft Y-Straße mbH mit Sitz in X-Stadt, deren Geschäftsführer ebenfalls Herr B war, wurde festgestellt, dass diese durch Vertrag vom 03.12.1997 mit der Bebauung des Grundstücks Y-Straße mit 28 Wohneinheiten beauftragt worden war. Hierfür war ein Festpreis von 4,5 Mio. DM vereinbart. Der Beklagte änderte daraufhin den Grunderwerbsteuerbescheid am 22.02.1999 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO und setzte die Grunderwerbsteuer nach einer Bemessungsgrundlage von 7 Mio. DM (2,5 Mio. DM Kaufpreis zuzüglich 4,5 Mi. DM Werkvertrag) auf 245.000 DM fest.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein mit der Begründung, bei der Bemessung der Steuer sei zu berücksichtigen, dass sich aus dem Werkvertrag auch Verbindlichkeiten in Höhe von 4,5 Mio. DM ergäben.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 07.05.1999 zurück. Er führte aus, Leistungsgegenstand sei das bebaute Grundstück. Auf die Bereicherung des Veräußerers komme es nicht an.

Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin trägt vor:

Der Beklagte sei zu einer Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht berechtigt gewesen, da ihm alle für die Besteuerung relevanten Tatsachen bei Erlass des Bescheides vom 04.12.1998 bekannt gewesen seien. Der Kaufvertrag über das Grundstück zwischen ihr und Herrn B sei dem Finanzamt durch den Notar übersandt worden; daraus ergebe sich, dass die Klägerin in alle Rechte und Pflichten bezüglich der Bebauung eingetreten sei. Der Beklagte habe weitere Ermittlungen anstellen müssen, um die Grunderwerbsteuer zutreffend festzusetzen. Die Änderung verstoße insofern gegen Treu und Glauben.

Bei Gründung der Klägerin habe der Notar darauf hingewiesen, dass eine Bargründung mit anschließendem Erwerb eines Grundstücks eine verschleierte Sachgründung bzw. verdeckte Sacheinlage darstellen könnte. Im Kaufvertrag sei deshalb vereinbart worden, dass der Erwerber den jeweiligen Verkaufserlös der einzelnen Eigentumseinheiten an den Veräußerer zur Ablösung der dinglich gesicherten Verbindlichkeiten zahle, sofern nach Ablösung ein Überschuss nicht erreicht werde, sollte ein eventueller Fehlbetrag dem Erwerber erlassen werden. Daraus ergebe sich, dass im Grunde eine Sacheinlage zu Gunsten der Klägerin bewirkt worden sei. Das Grundstück habe der Gesellschaft zur freien Verfügung gestanden. Alle Risi...

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