vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [XI R 32/23)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bildung von Bewertungseinheiten im Energiehandel. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 32/23)
Leitsatz (redaktionell)
- Vor der Einfügung des § 254 HGB i.d.F. des BilMoG vom 25.5.2009 war die Bildung von Bewertungseinheiten handelsrechtlich nur zulässig und der negative Saldo aus nicht realisierten Gewinnen und Verlusten damit nach § 5 Abs. 1a, Abs. 4a EStG i.d.F. vom 28.04.2006 rückstellungsfähig, wenn Forderungen und Verbindlichkeiten sich im Sinne einer „ Wenn-dann"-Relation in identischen Werteinheiten betragsgleich und mit identischen Fälligkeitsterminen gegenüberstanden.
- Preisänderungsrisiken von Waren und Rohstoffen im Energiehandel können als finanzwirtschaftliche Risiken in den Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1a EStG fallen.
- Drohende Verluste aus Termingeschäften können nicht durch eine Teilwertabschreibung auf die hierfür erbrachten Sicherheitsleistungen gegenüber der Terminbörse (sog. Variation Margins) berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1a, 4a, § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2; HGB § 246 Abs. 2, § 252 Abs. 1 Nrn. 3-4, Abs. 2, § 264 Abs. 2, § 254 i.d.F. des BilMoG
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bildung von Bewertungseinheiten und Rückstellungen nach § 5 Abs. 1a, Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin - eine GmbH mit Sitz in A-Stadt - ist eine Gesellschaft des Q.-Konzerns, an dessen Spitze die Q.…steht. Geschäftsgegenstand der Klägerin sind Energie-Handelsgeschäfte „ Zitat wurde entfernt“ . Die Handelsgeschäfte werden sowohl an der Börse als auch außerbörslich (OTC-Geschäfte) als Termin- und Spotgeschäfte durchgeführt. Die zusammen mit der am 27.12.2007 übermittelten Steuererklärungen eingereichte Bilanz der Klägerin für das Jahr 2006 (Streitjahr) wies Rückstellungen aus Bewertungseinheiten als „ Drohverluste aus schwebenden Geschäften“ mit Hinweis auf § 5 Abs. 4a Satz 2 EStG i.H.v.…&€; aus.
Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung A-Stadt kam in seinem Betriebsprüfungsbericht vom 17.3.2014 (BP-Bericht) zu dem Ergebnis, dass die Rückstellungen für das Streitjahr gewinnerhöhend aufzulösen seien. Zur Begründung verwies es auf Tz. 7 des Teilberichts des Bundeszentralamts für Steuern über die Mitwirkung an der Außenprüfung bei der Klägerin vom 18.9.2013. Dort heißt es, das Ziel der Geschäfte der Klägerin bestehe im Wesentlichen daraus, durch Arbitrage und Spreads Erträge zu erwirtschaften. Die Klägerin habe für Teile ihrer Geschäfte Bewertungseinheiten gebildet, indem sie diese Geschäfte mit abgeschlossenen Sicherungsgeschäften zusammengefasst habe; übersteigende Verluste seien als Rückstellung und übersteigende Gewinne nicht gebucht worden. Die Voraussetzungen für die Bildung von Bewertungseinheiten lägen nicht vor. Auf den weiteren Inhalt des BP- und des Teilberichts wird verwiesen.
Der Beklagte berücksichtigte die Prüfungsfeststellungen in den geänderten Bescheiden vom 21.8.2014 zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2006 (festgestellter Verlust:…&€;) und zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2006 (festgestellter Gewerbeverlust:…&€;); die festgesetzte Körperschaftsteuer und der festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag betrugen jeweils 0 &€;.
Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 7.2.2018).
Zu den getätigten Handelsgeschäften trägt die Klägerin in ihrer am 6.3.2018 erhobenen Klage vor, dass sie - soweit die getätigten Einzelgeschäfte eine vergleichbare Risikostruktur aufwiesen - diese Einzelgeschäfte zu Micro-Bewertungseinheiten und im Übrigen zu Macro-Bewertungseinheiten zusammengefasst habe.
Bei den getätigten…H andelsgeschäften könne zwischen den Geschäftsbereichen „ S.“ (... kurzfristige r Betrachtungshorizont) und „ C.“ (... langfristiger Betrachtungshorizont ) unterschieden werden. Dabei gehe die Klägerin An- und Verkaufsgeschäfte im Zusammenhang mit…(Handelswaren) ein. In der Regel würden die Geschäfte durch einen Barausgleich beendet und nur in wenigen Fällen erfolge eine physische Lieferung. Letztlich sei die Geschäftstätigkeit der Klägerin darauf ausgerichtet, sog. offene Positionen zu begründen und zu halten, wodurch die Möglichkeit zu späteren Arbitragegeschäften bestehe, andererseits aber auch erhebliche Verlustrisiken begründet würden. Schließe die Klägerin ein Termingeschäft über den Verkauf einer bestimmten…M enge ab (Grundgeschäft), resultiere daraus eine „ offene Position“, während deren Bestehens sie bestimmten finanzwirtschaftlichen Risiken ausgesetzt sei. Diese resultierten aus schwankenden Marktpreisen (Marktpreisänderungsrisiko) bei physischer Lieferung bzw. hohen Zahlungsmittelabflüssen (Cash-Flow-Risiko) bei Geschäften mit Barausgleich. Deshalb tätige sie positionsausgleichende Gegengeschäfte (Sicherungsgeschäfte), in...