rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsänderung in „absehbarer Zeit” bei Bauerwartungsland
Leitsatz (redaktionell)
- Der für die Abgrenzung landwirtschaftlicher Flächen von Bauerwartungsland erhebliche unbestimmte Rechtsbegriff der „absehbaren Zeit” i.S.d. § 69 Abs. 1 BewG ist für die Bedarfsbewertung in Anlehnung an § 4 Abs. 2 WertV auszulegen.
- Danach liegt Bauerwartungsland vor, sobald innerhalb eines Zeitraums bis zu acht oder auch mehr Jahren eine bauliche Nutzung nach allen Umständen tatsächlicher und rechtlicher Art greifbar ist, ohne dass sie mit Sicherheit zu erwarten sein muss.
- Die auf den Sechs-Jahres-Zeitraum für die Hauptfeststellungen des Einheitswerts des Grundbesitzes bezogene BFH-Rechtsprechung zum Begriff der absehbaren Zeit kann nicht auf die stichtagsbezogene Bedarfsbewertung übertragen werden.
Normenkette
BewG § 21 Abs. 1, § 69 Abs. 1, § 145 Abs. 3, § 138 Abs. 4; BauG §§ 196, 199 Abs. 1; WertV § 4 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
1996
Tatbestand
Streitig ist, ob das zu bewertende Grundstück (Grundbuch Gemeinde H Bl. , Flur , Flurstück 100, ) als Ackerland oder Bauerwartungsland zu bewerten ist.
Der Vater des Klägers war Eigentümer der Grundstücke Flur , Flurstücke 500, 501, 502 und 503 mit einer Gesamtfläche von 18.938 m². Die Grundstücke wurden im Zusammenhang mit einer Hofstelle als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb verpachtet. Anfang Januar 1996 führte der Vater des Klägers Verkaufsverhandlungen bezüglich dieser Flurstücke mit der Stadt N (s. Schreiben der Stadt N vom 19.02.2001 in der Akte „Feststellung des Bedarfswertes” des Beklagten). Am 21.02.1996 stellte der Vater des Klägers beim Katasteramt der Stadt N einen Antrag auf Vermessung der o.g. Grundstücke.
Mit Vertrag vom 12.03.1996 übertrug der Vater des Klägers das Flurstück 503 im Wege der Schenkung auf den Kläger. Durch Kaufvertrag vom 03.05.1996 wurden die Flurstücke 500 bis 503 an die Stadt N zu einem Kaufpreis von ca. 90 DM pro m² verkauft. Das an den Kläger durch Schenkung übertragene Flurstück 503 wurde nach Vermessung in die Parzellen Nr. 100 mit 4.493 m² und Nr. 101 mit 317 m² aufgeteilt. Diese Aufteilung erfolgte, weil die Fläche der Parzelle 100 im Flächennutzungsplan vom 20.04.1983 als Wohnbaufläche und die Fläche der Parzelle 101 als Fläche für landwirtschaftliche Nutzung dargestellt sind.
Die Parzelle Nr. 101 bewertete der Beklagte als Stückländerei des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Für das Flurstück 100 stellte der Beklagte mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 12.03.1996 für Zwecke der Schenkungsteuer vom 22.12.2000 den Grundbesitzwert auf 323.000 DM fest. Der Bewertung legte der Beklagte einen Bodenrichtwert pro m² von 360 DM zu Grunde, von dem der Beklagte einen Abschlag in Höhe von 75 % vornahm, da er die Bodenqualität als Bauerwartungsland ansah.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Einspruch ein, den er wie folgt begründete:
Der Bodenrichtwert betrage nicht wie vom Finanzamt angenommen 360 DM pro m² sondern 270 DM pro m². Dieser Bodenrichtwert sei zum 31.12.1995 für den nähergelegenen Bereich, ..., straße für die Art der baulichen Nutzung…festgestellt worden. Darüber hinaus sei die Parzelle 100 ebenso wie die Parzelle 101 eine landwirtschaftliche Fläche und kein Grundvermögen. Nach R 160 Erbschaft-steuerrichtlinien (ErbStR) seien Flächen, die land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, erst dann als Bauerwartungsland anzusehen, wenn sie in absehbarer Zeit zu anderen Zwecken genutzt würden. Als absehbare Zeit gelte nach Abschnitt 2 Abs. 7 Bewertungsrichtlinien des Grundvermögens (BewRGr) ein Zeitraum von 6 Jahren. Bezogen auf den Streitfall sei innerhalb von 6 Jahren ab dem Feststellungszeitpunkt keine Nutzungsänderung erfolgt, die eine Feststellung als Bauerwartungsland rechtfertige. Als Nachweis verweist der Kläger auf eine Kopie aus der Niederschrift über die 15. Sitzung der Bezirksvertretung Gemeinde H vom 06.03.1997.
Aus der Niederschrift ist zu entnehmen, dass…in der Diskussion betonte, dass es sich bei dem vorliegenden Vorentwurf lediglich um einen Rahmenplan handele, der in seiner Gesamtheit evtl. einen Zeitraum von 30 Jahren bis zu seiner Realisierung in Anspruch nehme.
Außerdem reichte der Kläger eine Kopie des Vorentwurfes zum Bebauungsplan Nr. vom 16.02.1998 ein, nach dem das zu bewertende Grundstück nicht im Gebiet des Bebauungsplanes liegt.
Der Kläger trägt weiterhin vor, der von der Stadt N gezahlte Kaufpreis könne keinen Einfluss auf die Bewertung des Grundstücks haben, da es sich bei dem Kauf um einen subjektiven Vorratskauf der öffentlichen Hand gehandelt habe. An dem Kauf sei außerdem die Firma S beteiligt gewesen. Ohne gleichzeitige Beteiligung von S und nur unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Gesamtgebiet der Verkäufer V1, V2 und V3 (Vater des Klägers) für einen gemeinsamen Erwerb durch S und die Stadt N zur Verfügung gestellt worden sei, sei die Voraussetzung für den Grundstückserwerb in der vorliegenden F...