Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff des Bauerwartungslands im Bewertungsrecht
Leitsatz (redaktionell)
Ist in einem Flächennutzungsplan lediglich die Nutzung als Wohnbaufläche vorgesehen, so begründet das noch nicht die Einstufung des Grundstücks als Bauerwartungsland.
Normenkette
BewG § 69 Abs. 1, § 145 Abs. 3
Tenor
1. Die Vollziehung der Feststellungsbescheide vom 24.11.2004 Az. … 027/001 bis 004 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens insoweit ausgesetzt, als der festgestellte Wert von 1.448.500 EUR den Betrag übersteigt, der bei Bewertung von 1063 m² als Grundvermögen (Grünfläche) mit einem Wert von 40,– EUR/m² und von 12.430 m² als land- und forstwirtschaftliches Vermögen anzusetzen wäre. Die Berechnung wird in entsprechender Anwendung von § 100 Abs. 2 S. 2 FGO dem Antragsgegner übertragen.
Der nicht ausgesetzte Betrag darf jedoch nicht über den Antrag der Antragsteller hinausgehen, d.h. nicht niedriger sein als 271.000 EUR.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu 1/10, der Antragsgegner zu 9/10.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob der Antragsgegner (Finanzamt) zu Recht bei der Feststellung von sog. Bedarfswerten von Grundvermögen („Bauerwartungsland”) und nicht von land- und forstwirtschaftlichen Vermögen ausgegangen ist.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Antragsteller beantragen,
die Vollziehung der Feststellungsbescheide Az.: 142/032/907/0168-027/001 bis 004 und – 029/001 bis 004 vom 24.11.2004 in Höhe von insgesamt 1.171.372,– EUR wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen.
Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist zum großen Teil begründet.
An der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte bestehen ernstliche Zweifel im Sinn von § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO), soweit das Finanzamt bei den Feststellungsbescheiden Az.: …/001 bis 004 vom Vorliegen der Merkmale für die Einstufung Grundvermögen ausgegangen ist.
1. Begründet ist der Antrag hinsichtlich der Wertfeststellung für das Grundstück FlNr. … (Az. … 7/001–004).
Der Senat hält bei summarischer Prüfung die Grundsätze seines auch von den Beteiligten in Bezug genommenen Urteils vom 22.10.2003 Az. 4 K 2812/02 auf den vorliegenden Fall für anwendbar.
Zwar liegt im Streitfall nicht nur ein Vorentwurf zu einem Aufstellungsbeschluss sondern ein tatsächlicher Aufstellungsbeschluss der Landeshauptstadt München für einen Bebauungsplan vom 23. Oktober 1991 sowie ein einfacher Bebauungsplan in Form von Straßenbegrenzungs- und Baulinien vor. Aus diesen kann jedoch nicht zwingend geschlossen werden, dass die Absicht der Verwirklichung eines qualifizierten Bebauungsplanes später oder in absehbarer Zeit tatsächlich durchgeführt wird. Gerade im Bereich der Planungshoheit der Landeshauptstadt München sind dem Senat eine Vielzahl von Fällen bekannt, dass Verfahren der Bauleitplanung sich über Zeiträume von mehreren Jahrzehnten erstreckt haben und erstrecken, bzw. in solchen Zeiträumen ohne Ergebnis zu Ende gebracht worden sind.
Für das Grundstück FlNr. 27 ist im nicht rechtsverbindlichen Flächennutzungsplan (ebenso im nach Aktenlage nicht rechtsverbindlichen einfachen Bebauungsplan) lediglich die Nutzung als Wohnbaufläche vorgesehen. Ob und in welcher Weise und Umfang die durch den Flächennutzungsplan und den einfachen Bebauungsplan vorgegebenen Planungsziele im Zuge des weiteren Planungsverfahrens Bestand haben und zu einem qualifizierten Bebauungsplan mit anschließender tatsächlicher Erschließung führen, lässt sich im vorliegenden summarischen Verfahren anhand der präsenten Beweismittel (Katasterunterlage, Schreiben der Landeshauptstadt München vom …4 etc.) für das Grundstück FlNr. … nicht beurteilen und muss ggf. weiteren Ermittlungen des Antragsgegners im Einspruchsverfahren vorbehalten bleiben. Das Schreiben der Landeshauptstadt München vom 25.10.2004 reicht nicht aus, um tatsächlich von einer rechtsverbindlichen Bebauungsmöglichkeit in absehbarer Zeit (Zeitraum von 6 Jahren) ausgehen zu können, weil es als präsentes Beweismittel aufgrund seiner Unsubstantiiertheit hinsichtlich Planungsgrundlagen und aktuellem Planungsstand nicht als geeignet erscheint. So weisen z.B. die bei den Akten befindlichen Katasterunterlagen demgegenüber für einen nicht geringen Teil des Grundstücks keine Wohnbaufläche sondern eine Sportplatzfläche aus.
Soweit der Antragsgegner auf das Urteil des FG Düsseldorf vom 07.10.2004 11 K 757/02 BG (EFG 2005, 94) verweist, in dem eine Anwendbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze zu § 69 Abs. 1 BewG verneint wird, vermag dem der Senat bei summarischer Prüfung nicht zu folgen (vgl. Rössler/Troll, Komm. z. BewG, § 138 Anm. 12; Gürsching/Stenger Komm. 2 BewG, Anm. 17 zu § 140 und Abschn. 160 Abs. 2 ErbStRL). Zudem ist auch der dort aus § 4 Abs. 2 S. 1 WertV abgeleitete Beg...