Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Vorliegen einer Steuerhinterziehung
Leitsatz (redaktionell)
- Sind nach dem – auf die Aussage des steuerlichen Bevollmächtigten der Steuerpflichtigen gestützten - Ergebnis der Beweiswürdigung nach Antritt einer Erbschaft von 4 Mio. DM angeforderte Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1989 bis 1991 im April 1992 in den Hausbriefkasten des Finanzamtes eingeworfen worden, so schließt dies einen die Verlängerung der Festsetzungsfrist rechtfertigenden Hinterziehungsvorsatz aus.
- Die Behauptung, dass die Steuererklärungen in den Machtbereich der Finanzbehörde gelangt sind, kann bei - wegen ursprünglich drei ihre Zuständigkeit annehmenden Finanzämtern - unübersichtlicher Aktenlage nicht dadurch widerlegt werden, dass keine Erklärungen in den Steuerakten abgeheftet sind.
- Zur gleichzeitigen Begehung einer Vermögensteuerhinterziehung bei Nichtabgabe der Steuererklärungen.
Normenkette
AO §§ 47, 169 Abs. 2, § 170 Abs. 4, §§ 171, 235 Abs. 1, § 370 Abs. 1; VStG § 19 Abs. 2
Streitjahr(e)
1989, 1990, 1991
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin ist Diplom-Kauffrau. Bis Mitte 1989 wohnte sie in Y, sie war dort als Prüfungsassistentin nichtselbständig tätig.
Von ihrem am 07.06.1989 verstorbenen Vater, Herrn B, erbte die Klägerin ein Vermögen von ca. 4 Mio. DM.
Ab dem 15.08.1989 mietete sie von der C KG (vgl. Mietvertrag vom 02.08.1989 Blatt 18 ff der Steuerfahndungshandakte) eine Zwei-Zimmer-Wohnung nebst Tiefgaragenplatz in X. Das Mietverhältnis wurde am 30.11.1991 beendet (vgl. Schreiben der C-KG vom 13.08.1997, Blatt 17 der Steuerfahndungshandakte).
In der Zeit vom 01.10.1989 bis 30.09.1991 war die Klägerin als Prüfungsassistentin bei der D AG in W angestellt.
Anfang Oktober des Jahres 1991 verlegte die Klägerin ihren Wohnsitz in die USA.
Das Finanzamt Z forderte die Klägerin mit Schreiben vom 23.10.1990 auf, eine Einkommensteuererklärung 1989 und eine Vermögensteuererklärung auf den 01.01.1990 zu übersenden. Das Schreiben war adressiert an das Steuerbüro E. Eine Mitarbeiterin dieses Büros teilte der Veranlagungsbeamtin mit, dass die Klägerin in X, wohne und nicht von dem Steuerbüro E vertreten werde.
Daneben forderte das Finanzamt X die Klägerin mit Schreiben vom 24.09.1990 auf, eine Einkommensteuererklärung 1989 einzureichen. Mit Schreiben vom 19.10.1990 teilte der Prozessvertreter der Klägerin, Herr Rechtsanwalt und Steuerberater F, mit, dass er von der Klägerin beauftragt worden sei, die Einkommensteuererklärung 1989 zu erstellen, und bat um Fristverlängerung bis zum 31.10.1990. Mit Schreiben vom 29.01.1991, 27.03.1991 (adressiert an Frau A in X) und vom 12.06.1991, 19.08.1991 und „letztmalig” vom 10.04.1992 (adressiert an Rechtsanwalt F in W) forderte das Finanzamt X die Klägerin erneut auf, die Einkommensteuererklärung 1989 bzw. zuletzt auch die Einkommensteuererklärung 1990 einzureichen. Ein Schreiben vom 25.08.1992 (adressiert an Frau A in X), mit dem für den Fall der Nichtabgabe der geforderten Einkommensteuererklärungen Zwangsgeld angedroht wurde, konnte nicht zugestellt werden. Ausweislich einer Gesprächnotiz vom 14.09.1992 teilte der Prozessvertreter der Klägerin der Sachbearbeiterin des Finanzamtes X, Frau G, mit, dass er sich sicher sei, dass seine Mandantin beim Finanzamt V geführt werde. Die Veranlagungen 1989 bis 1991 seien bereits durchgeführt. Die Klägerin habe nie in X gewohnt.
Im Januar 1992 wurde im Finanzamt V eine Einkommensteuerakte für die Klägerin angelegt, weil ihr nach einer Mitteilung des Finanzamtes Z vom 13.01.1992 durch die Beteiligung an der Firma H Söhne GmbH und Co. KG Einkünfte aus Gewerbebetrieb zugerechnet wurden. Das Finanzamt V forderte die Klägerin mit Schreiben vom 24.01.1992 und vom 04.03.1992 auf, Angaben zur Person und zu ihren Einkünften zu machen. Mit Einkommensteuerbescheid vom 15.04.1992 schätzte das Finanzamt V die Besteuerungsgrundlagen 1989 und setzte Einkommensteuer in Höhe von 87.518 DM fest. Die oben genannten Schreiben, der Einkommensteuerbescheid vom 15.04.1992 und berichtigte Einkommensteuerbescheide vom 15.09.1992, 26.08.1993, 12.12.1995 (Herabsetzung auf 0 DM) wurden an die Anschrift: „A, in U” versandt. Bei dieser Anschrift handelt es sich um die Wohnanschrift des Prozessvertreters der Klägerin.
Ab dem Jahr 1993 wird die Klägerin bei dem Finanzamt Z als beschränkt Steuerpflichtige geführt.
Einkommensteuererklärungen der Klägerin für die Jahre 1989 bis 1991 und Vermögensteuererklärungen auf den 01.01.1990 und 1991 befinden sich weder in den Akten des Finanzamtes Z und des Finanzamtes V, noch in den Akten des Finanzamtes X.
Ausweislich eines Aktenvermerks vom 03.01.1997 (Blatt 3 der Steuerfahndungshandakte) hielt das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung W weitere Ermittlungen gegen die Klägerin für erforderlich, da diese mindestens für den Zeitraum vom Tod ihres Vaters bis zu ihrer Auswanderung in die USA einkommensteu...