Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezeichnung des Gegenstands des Klagebegehrens – Schriftformerfordernis – Wahrung der Ausschlussfrist durch E-Mail bzw. nicht handschriftlich unterzeichnetes Fax-Schreiben
Leitsatz (redaktionell)
Der Gegenstand des Klagebegehrens kann weder durch eine nicht den Anforderungen des § 52a FGO entsprechende E-Mail noch durch ein nicht handschriftlich unterzeichnetes Fax-Schreiben innerhalb der hierfür gesetzten Ausschlussfrist wirksam bezeichnet werden.
Normenkette
FGO § 52a Abs. 3-4, § 65 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Zu entscheiden ist primär, ob die Klage zulässig ist.
Die Kläger sind Ehegatten und werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger erzielt u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb .... ESt-Erklärungen für die Streitjahre 2011 bis 2013 sowie Gewinnermittlungen für die gewerblichen Einkünfte des Klägers wurden bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht eingereicht. Eingereicht wurden lediglich Erklärungen zur Umsatzsteuer (USt) und zur Gewerbesteuer.
Mit Bescheid vom 17.11.2015 wurde eine Außenprüfung betreffend ESt, USt und Gewerbesteuer 2011 bis 2013 bei dem Kläger angeordnet, welche mit Bericht vom 20.12.2016 abgeschlossen wurde. Aufgrund der Nichtvorlage der ESt-Erklärungen, der Gewinnermittlungen und der vollständigen Buchführung nahm der Prüfer Zuschätzungen zum Umsatz und Gewinn vor. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht vom 20.12.2016 Bezug genommen.
Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung ergingen am 23.02.2017 bzw. 24.02.2017 Änderungsbescheide zur ESt und USt 2011 bis 2013. Die hiergegen eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidungen vom 01.08.2017 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kläger haben sodann Klage erhoben, die sie trotz Aufforderung des Gerichts nicht begründeten.
Mit gerichtlicher Verfügung vom 26.08.2019 forderte die Berichterstatterin den Prozessbevollmächtigten der Kläger unter Setzung einer Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO auf, bis zum 07.10.2019 den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen. Als Reaktion hierauf sandte der Prozessbevollmächtigte am 07.10.2019 um 23:27 Uhr eine E-Mail an das Gericht. Um 23:47 Uhr ging zudem ein Ausdruck dieser E-Mail per Fax ein, welcher keine handschriftliche Unterschrift des Prozessbevollmächtigten enthielt.
Am Montag, dem 07.06.2021 (Vortag der mündlichen Verhandlung), ging um 15:19 Uhr per E-Mail und um 15:58 Uhr per Fax ein Terminverlegungsantrag des Prozessbevollmächtigten bei Gericht ein. Dieser teilte mit, dass er gerade erfahren habe, dass eine Mieterin, in deren Wohnung er sich in der letzten Woche zweimal aufgehalten habe, am vergangenen Freitag positiv auf Corona getestet worden sei. Der Antrag wurde durch den Vorsitzenden abgelehnt unter Hinweis darauf, dass die Verhinderungsgründe weder schlüssig dargelegt noch glaubhaft gemacht worden seien. Als Reaktion hierauf ergänzte der Prozessbevollmächtigte seinen Vortrag (Eingang am 08.06.2021 per E-Mail um 7:36 Uhr und per Fax um 7:53 Uhr). Zugleich legte er gegen die Ablehnung des Terminverlegungsantrags Beschwerde ein. Unterlagen zur Glaubhaftmachung des Verhinderungsgrunds übersandte er nicht.
Der Senat hat die Sache am 08.06.2021 in Anwesenheit beider Kläger, jedoch ohne Anwesenheit ihres Prozessbevollmächtigten verhandelt.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide 2011 bis 2013 vom 23.02.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 01.08.2017 entsprechend der noch nicht eingereichten Einkommensteuererklärungen zu ändern.
Der Kläger beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 23.02.2017 und die Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 vom 14.02.2017, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.08.2017, dahin zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2011 auf ./. 5.944,89 Euro, die Umsatzsteuer 2012 auf ./. 7.117,39 Euro und die Umsatzsteuer 2013 auf 15.507,51 Euro festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Steuerakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Der Senat war berechtigt, in Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten der Kläger zu verhandeln und zu entscheiden (§ 91 Abs. 2 FGO). Eine Verpflichtung, den Termin abzuladen, bestand nicht.
Nach § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann das Gericht „aus erheblichen Gründen“ auf Antrag oder von Amts wegen einen Termin aufheben oder verlegen. Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden glaubhaft zu machen (§ 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 2 ZPO). Wird ein Antrag auf Terminverlegung „in letzter Minute“ gestellt, muss der Beteiligte von sich aus den Verlegungsgrund glaubhaft machen (BFH, Beschluss vom 05.05.2020 - III B 158/19, BFH/NV 2020, 905 m.w.N.).
Im Streitfall wurde der Prozessbevollmächtigte der Kläger unmittelbar nach Eingang des ersten Terminverlegungsantrags durch den Vorsitzenden darauf hingewiesen, dass die vorgebrachten Hinderungsgründe nicht gl...