Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbständige Berichtigungsmöglichkeit des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger nach wirksamer Rechnungsberichtigung
Leitsatz (redaktionell)
Obgleich bei einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung ein Vorsteuerabzug auch dann nicht möglich ist, wenn der leistende Unternehmer die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 2 UStG schuldet, eröffnet die Berichtigung der Rechnung durch den Rechnungsaussteller eine zusätzliche Möglichkeit der Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG, die nicht nur zum Tragen kommt, wenn eine Berichtigung des Besteuerungszeitraums, in dem der Vorsteuerabzug gewährt wurde, abgabenrechtlich nicht mehr möglich ist.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1a, § 14 Abs. 2, § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
1995, 1996, 1997
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht eine Vorsteuerberichtigung gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz –UStG- (jeweils in der im Streitjahr gültigen Fassung) zu Lasten der Klägerin vorgenommen hat.
Die Klägerin kaufte mit Vertrag vom 31.12.1994 von Herrn „Q” aus „E-Stadt” mit Wirkung zum 01.01.1995 den Cafe-Betrieb „ „L”” in „E-Stadt” mit sämtlichen in den Pachträumen befindlichen Inventar-, Einrichtungs- und Wirtschaftsgüter entsprechend einem dem Kaufvertrag angefügten Inventarverzeichnis zu einem Gesamtkaufpreis von 400.000,00 DM. Hierüber erstellte Herr „Q” unter dem 01.01.1995 eine Rechnung an die Klägerin mit einer Kaufsumme von 400.000,00 DM zzgl. 15 % Umsatzsteuer (= 60.000,00 DM, Gesamtsumme 460.000,00 DM). Mit Schreiben vom 26.03.1997 an die Klägerin „stornierte” Herr „Q” seine Rechnung vom 01.01.1995. Auf das Schreiben wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Die Klägerin machte in ihrer Umsatzsteuererklärung 1995 den Vorsteuerabzug aus der Rechnung vom 01.01.1995 in vollem Umfang geltend; der Beklagte stimmte der so abgegebenen Umsatzsteuererklärung ausweislich seiner Mitteilung vom 19.08.1998 zu.
Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Erwerb des Cafes um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen handele, da alle wesentlichen Bestandteile des Gewerbebetriebes mit verkauft worden seien. Deshalb habe die Umsatzsteuer bereits 1995 nicht ausgewiesen werden dürfen. Auf Grund der Stornierung der Rechnung vom 26.03.1997, die den Verkauf insgesamt umsatzsteuerfrei belasse, sei die beim Erwerb geltend gemachte Vorsteuer in voller Höhe gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Nr. 2 UStG zu berichtigen. Die Vorsteuerberichtigung sei „zum Zeitpunkt der Berichtigung der Bemessungsgrundlage” im Jahre 1997 durchzuführen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 04.02.2001 Bezug genommen.
Der Beklagte folgte dieser Auffassung und setzte mit Bescheid vom 27.02.2001 die Umsatzsteuer 1997 - unter Abänderung der zunächst erklärungsgemäß durchgeführten Veranlagung - auf 62.040,00 DM fest; hierbei berücksichtigte er eine Vorsteuerkorrektur nach §§ 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. 17 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 UStG in Höhe von 60.000,00 DM.
Mit Einspruchsentscheidung vom 01.08.2002 wies der Beklagte den hiergegen durch die Klägerin eingelegten Einspruch unter Hinweis auf sein Schreiben vom 31.05.2002 als unbegründet zurück. In seinem Schreieben vom 31.05.2002 hatte der Beklagte ausgeführt, Herr „Q” habe die ursprüngliche Ausgangsrechnung mit Schreiben vom 26.03.1997 nach § 17 UStG korrigiert. § 17 UStG sei entsprechend anzuwenden, wenn in einer Rechnung der Steuerbetrag nach § 14 Abs. 2 UStG berichtigt werde.
Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 UStG gelte für Unternehmer, die persönlich zum gesonderten Steuerausweis berechtigt seien und für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag in der Rechnung gesondert ausgewiesen hätten, obwohl sie für diesen Umsatz keine oder eine niedrigere Steuer schuldeten. Hiernach erfasse § 14 Abs. 2 UStG auch nicht steuerbare Leistungen aus einer Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG, falls Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werde. Da der Veräußerer die Rechnung korrigiert habe, sei die Vorsteuer bei der Klägerin im Jahr der Korrektur zu berichtigen. Selbst bei einer durch den zuvor genannten Sachverhalt unkorrigierten Vorsteuer sei diese gemäß § 15a UStG zu berichtigen. Für diesen Fall sei davon auszugehen, dass der Betrieb mit Vorsteuer am 01.01.1995 erworben und im April 1997 ohne Umsatzsteuer veräußert worden sei. Hieraus würde sich eine Änderung der Verhältnisse ergeben, die eine Korrektur der Vorsteuer in Höhe von 46.000,00 DM zur Folge hätte.
Die Klägerin hat hierauf Klage erhoben.
Die Klägerin trägt vor, der Kaufpreis sei in voller Höhe bezahlt worden. Weder in dem zugrundeliegenden Vertragswerk noch in der ausgestellten Rechnung sei als Vertragsgegenstand eine Geschäftsveräußerung im Ganzen bezeichnet worden....