Entscheidungsstichwort (Thema)
Gestaltungsmissbrauchs bei Wohnrechtsverzicht gegen Erhöhung der Barleistung und Rückvermietung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Erhöhung der Barunterhaltsleistung, die bei einem Hofüberlassungsvertrag unter zeitweisem Verzicht auf die Ausübung des unentgeltlichen Wohnrechts der Altenteiler nachträglich vereinbart wird, kann anstelle der anteiligen Wohnkosten als dauernde Last abgezogen werden.
2. In der gleichzeitigen Vermietung neugeschaffenen Wohnraums an die Altenteiler zu einem der Barunterhaltserhöhung entsprechenden Entgelt liegt kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, da keine Verpflichtung zur unentgeltlichen Überlassung dieser Räumlichkeiten besteht.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 21 Abs. 1 Nr. 1; AO § 42
Streitjahr(e)
1994, 1995, 1996, 1997
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger betreibt seit dem 01.07.1988 aufgrund eines Hofüberlassungsvertrages vom 16.01.1989 den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb. Der Eigentumsübergang sollte nach Vollendung des 75. Lebensjahres von „B” sein, also nach dem 30.12.1999, spätestens im Zeitpunkt seines Todes erfolgen. Der Besitzübergang erfolgte zum 01.07.1988. Laut Überlassungsvertrag wurden folgende Altenteilsrechte bestellt:
1. Monatliche Barleistung in Höhe von 1.000,00 DM mit Abänderbarkeit nach § 323 ZPO.
2. Unentgeltliches Wohnrecht an dem Hausgrundstück Fl. „1” Nr. „1” mit dem Inhalt, dass die Eltern berechtigt sind, vier Wohnräume im Erdgeschoss des Hauses „A-Straße” zu benutzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den in den Steuerakten abgehefteten Überlassungsvertrag Bezug genommen.
Im Streitjahr 1994 errichtete der Kläger auf dem Hofgrundstück ein Altenteilwohnhaus. Mit schriftlichem Mietvertrag vom 27.11.1994 vermietete er das Haus an die Eltern ab dem 1.12.1994 zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von 750,00 DM. Gleichzeitig wurde die im Hofüberlassungsvertrag vereinbarte Barleistung an die Eltern in Höhe von 1.000,00 DM um 750,00 DM auf 1.750,00 DM erhöht. In den Streitjahren 1994 und 1995 erzielte der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 34.768 und in Höhe von ./. 25.996 DM. Für das Streitjahr 1995 machte er zusätzliche dauernde Lasten in Höhe von 9.000 DM als Sonderausgaben geltend. Die Veranlagung erfolgte zunächst erklärungsgemäß. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Aufgrund der Feststellungen einer im Jahre 1998 durchgeführten Betriebsprüfung änderte der Beklagte die angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1994 und 1995 gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Dabei erkannte er das zwischen dem Kläger und seinen Eltern vereinbarte Mietverhältnis wegen Gestaltungsmissbrauchs im Sinne des § 42 AO nicht an und berücksichtigte die erklärten Verluste nicht. Zudem erkannte er die Erhöhung der Geldleistung in Höhe von 750,00 DM bei der Berechnung der dauernden Last nicht an.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren haben die Kläger Klage erhoben und tragen vor:
Aufgrund des Zuwachses ihrer Familie seit der Hofüberlassung (vier Kinder im Zeitraum von 1990 bis 1995) sei ihr Wohnbedarf erheblich gewachsen. Dies und eine erhebliche Gewinnsteigerung (vgl. Aufstellung S. 3) sei der Anlass gewesen, die Altenteilsvereinbarung neu zu gestalten. Ein Gestaltungsmissbrauch liege darin nicht. Sinn und Zweck der Vereinbarung sei es, die Versorgungsleistungen an die Bedürftigkeit des Leistungsempfängers und die wirtschaftliche Ertragsfähigkeit des Leistenden anzupassen. Vor diesem Hintergrund seien die Regelungen vereinbart worden.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1997 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung zu ändern und dabei die Verluste aus Vermietung und Verpachtung anzuerkennen, sowie für die Steuerjahre 1995 bis 1997 zusätzliche Leistungen in Höhe von jeweils 9.000 DM als dauernde Last anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Er trägt vor:
Der Mietvertrag mit den Eltern sei steuerlich nicht anzuerkennen. In dem Abschluss des Mietvertrages unter gleichzeitiger Erhöhung der monatlichen Barleistungen sei ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO zu sehen. Unter fremden Dritten wäre es unüblich, ein unentgeltlich vorbehaltenes Wohnrecht durch ein entgeltliches Nutzungsrecht unter gleichzeitiger Erhöhung der Unterhaltsleistungen abzulösen. Es seien auch keine plausiblen Gründe dafür erkennbar, dass der Kläger einerseits einen Mehrbetrag an Barunterhalt an die Eltern leistet und andererseits diesen Teil wieder als Mietzins zurückerhält. Zumindest aber sei die Erhöhung der dauernden Last steuerlich nicht zu berücksichtigen. Der Betrag in Höhe von 750 DM sei als Gegenleistung für den Verzicht auf das Wohnrecht zu werten. Die Erhöhung stelle keinen Fall des § 323 ZPO dar.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide sind rechtswidri...