Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungskosten der im Wege der Realteilung der Erbengemeinschaft auf einen Erben übertragenen Grundstücksanteile
Leitsatz (redaktionell)
1. Werden den Mitgliedern einer Grundstücksgemeinschaft als Erben zugefallene Grundstücksanteile zunächst in ungeteilter zweigliedriger Erbengemeinschaft verwaltet und sodann im Wege der Realteilung auf einen der Erben übertragen, so führt die Übernahme von dem Erblasser zuzurechnenden Schulden nicht zu Anschaffungskosten, da diese Nachlassverbindlichkeiten darstellen.
2. Die über den Wert des Erbanteils hinausgehende Übernahme der von der Erbengemeinschaft zur Finanzierung von Verwaltungskosten aufgenommenen Darlehen mit dem dem weichenden Erben zuzurechnenden Anteil ist demgegenüber nach Aufgabe der sogenannten Einheitstheorie als Anschaffungsaufwand zu beurteilen.
3. Gleiches gilt für die Übernahme von Verbindlichkeiten, die der weichende Erbe zur Baufinanzierung für seine nicht aus Erbschaft erlangten Grundstücksanteile begründet hat.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Anschaffungskosten für erworbene Grundstücksanteile.
Der Kläger ist Wirtschaftsprüfer und wurde in den Streitjahren 1991, 1994 und 1995 zusammen mit seiner verstorbenen Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger war Miteigentümer an sechs Mietwohngrundstücken in „R” . Das Grundstück „A” wurde in 1964 zu gleichen Anteilen von dem Kläger, seinem Bruder und seiner im März 1967 verstorbenen Mutter erworben. Nach dem Tod der Mutter erbten der Kläger und sein Bruder den Miteigentumsanteil der Mutter und wurden als Miteigentümer zu je ½ in das Grundbuch eingetragen. Die übrigen Grundstücke („C, W und E”) standen im Alleineigentum der Mutter. Der Kläger und sein Bruder erbten die Grundstücke zu gleichen Teilen. Sie verwalteten die Grundstücke in ungeteilter Erbengemeinschaft.
Im Jahre 1991 übertrug der Bruder seine Grundstücksanteile auf den Kläger. Der Übertragung lag ein auf den 13.11.1991 datierter notarieller Vertrag zu Grunde. Zu Beginn des notariellen Vertrages erklärten die Brüder, dass sie sich auseinandersetzen und den „nachfolgenden Erbauseinandersetzungsvertrag” schließen wollen. Das Eigentum an allen unter § 1 des notariellen Vertrages näher bezeichneten Grundstücken sollte auf den Kläger übertragen werden. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, alle im Grundbuch eingetragenen Rechte und Grundpfandrechte als Selbst- und Alleinschuldner zu übernehmen, seinen Bruder von allen Darlehens- und sonstigen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen freizustellen (§ 2 des notariellen Vertrages) und 800.000,- DM zu zahlen (§ 3 des notariellen Vertrages). Der Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten und der Gefahr des zufälligen Untergangs wurde auf den 01.11.1991 festgelegt (§ 4 des notariellen Vertrags). Weitere Einzelheiten sind dem notariellen Vertrag vom 13.11.1991 (siehe Akte „AfA-Tabellen” des Beklagten Steuernummer „...”) zu entnehmen, auf den Bezug genommen wird.
Zur Berechnung der Absetzung für Abnutzung (AfA) gab der Kläger in der Einkommensteuererklärung 1991 Anschaffungskosten für die Grundstücksanteile in Höhe von 1.380.961,- DM an. Diese setzten sich aus dem im notariellen Vertrag vereinbarten Wertausgleich in Höhe von 800.000,- DM, Gerichts- und Notarkosten in Höhe von 2.179,- DM und übernommenen Verbindlichkeiten in Höhe von 578.782,- DM zusammen.
Die Anschaffungskosten teilte der Kläger im Verhältnis des Zeitwertes des Grund und Bodens und des Gebäudes jedes einzelnen Grundstücks zu dem Zeitwert aller Grundstücke auf. Den Zeitwert der Grundstücke ermittelte er wie folgt: Für den Grund und Boden setzte er 300,- DM pro qm an, da dies nach Auskunft des Kataster- und Vermessungsamtes der Zeitwert für den Grund und Boden sämtlicher Grundstücke gewesen sei. Als Zeitwert für die Gebäude übernahm er die von der „T-Versicherung” im Rahmen des Abschlusses von Neuwertversicherungsverträgen ermittelten Gebäudewerte. Es ergab sich ein Zeitwert für alle Grundstücke in Höhe von 5.732.700,- DM, der in Höhe von 1.029.600,- DM auf den Grund und Boden und in Höhe von 4.703.100,- DM auf die Gebäude entfiel. Von den Anschaffungskosten wurden somit insgesamt 82 % den Gebäuden und 18 % dem Grund und Boden zugerechnet. Weitere Einzelheiten sind der Berechnung des Klägers (siehe Seite 67 der Einkommensteuerakte 1991 des Beklagten Steuernummer „...”) zu entnehmen, auf die Bezug genommen wird.
Im Rahmen der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung 1991 holte der Beklagte ein Verkehrswertgutachten des staatlichen Bauamtes „R” ein. Das staatliche Bauamt führte Bewertungen nach dem Sachwertverfahren und nach dem Ertragswertverfahren durch und stellte den Sachwert aller Grundstücke auf 5.112.000,- DM und den Ertragswert auf 3.118.000,- DM fest. In beiden Werten wurde der Grund und Boden der Grundstücke mit einem Wert von insgesamt 987.000,- DM (250 DM pro qm) berücksichtigt. De...