Entscheidungsstichwort (Thema)
Überlassung von Sportanlagen als eine insgesamt steuerpflichtige Leistung besonderer Art
Leitsatz (redaktionell)
Bei der langfristigen Vermietung eines Turnhallengebäudes an einen Schulträger handelt es sich – in Abgrenzung zu Dienstleistungen eines Sportanlagenbetreibers – nicht um eine einheitliche steuerpflichtige Leistung, sondern um eine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksvermietung, die im Wege der Aufteilung von der steuerpflichtigen Vermietung der als Betriebsvorrichtungen zu qualifizierenden Einrichtungsgegenstände zu trennen ist.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a, Nr. 12 S. 2, Nr. 21 Buchst. a, § 9 Abs. 2 S. 1; UstG § 15 Abs. 2 Nr. 1; 6. EG-RL Art. 13 Teil B Buchst. b
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist ein als gemeinnützig anerkannter Verein. Er bezweckt gemäß seiner Satzung die ideelle und materielle Förderung und Pflege moderner Erziehungsmethoden auf der Grundlage der Pädagogik Rudolf Steiners. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks B-Straße, Flur 1, Parzelle 1 in A-Stadt. Auf diesem Grundstück errichtete er in mehreren Bauabschnitten verschiedene Gebäude zum Betrieb einer Schule. Mit Mietvertrag vom 01.06.1992 vermietete er das Grundstück und – jeweils ab Bezugsfertigstellung – die noch zu errichtenden Gebäude an den Verein „Waldorfschule A-Stadt e. V.”, der dort eine Waldorfschule betreibt. Der Vertrag wurde auf eine Dauer von 25 Jahren fest geschlossen und kann von beiden Parteien frühestens zum 01.06.2017 gekündigt werden. Mietzins, Mietflächen und Bezugszeitpunkte der einzelnen Gebäude wurden jeweils bei Bezugsfertigstellung in entsprechenden Anlagen zum Mietvertrag festgelegt. Der jeweils vereinbarte Mietzins schloss die Nutzung der Geländeflächen ein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 01.06.1992 nebst Anlagen Bezug genommen. In den Jahren 2001 und 2002 errichtete der Kläger auf dem Grundstück eine Turnhalle, die er ab 01.10.2002 zum einem monatlichen Mietzins von 7.611,80 EUR (7.113,83 EUR zzgl. 497,97 EUR USt) an den Verein „Waldorfschule A-Stadt e. V.” vermietete. Die ihm im Streitjahr im Zusammenhang mit der Errichtung der Turnhalle in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge i. H. v. 85.118,92 EUR machte der Kläger in vollem Umfang als Vorsteuer geltend. Anlässlich einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bericht vom 07.04.2004) vertrat die Prüferin die Auffassung, die Überlassung des Turnhallengebäudes an den Verein „Waldorfschule A-Stadt e. V.” stelle eine nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstücksvermietung dar, die den Vorsteuerabzug ausschließe. Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung sei nicht möglich, weil der Leistungsempfänger das Turnhallengebäude nicht ausschließlich zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwende. Nur soweit die geltend gemachten Vorsteuern auf die steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen entfielen, sei ein Vorsteuerabzug i. H. v. 10.255,58 EUR möglich. Eine Minderung der Steuer um die zu Unrecht der Umsatzsteuer unterworfene Überlassung des Turnhallengebäudes komme erst nach Vorlage entsprechend berichtigter Rechnungen in Betracht.
Der Beklagte folgte dieser Auffassung mit Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 29.04.2004. Mit der hiergegen nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 27.04.2005) erhobenen Klage macht der Kläger geltend:
Im Streitfall seien die Grundsätze des BFH-Urteils vom 31.05.2001 V R 97/98 (BStBl II 2001, 658) und des hierzu ergangenen BMF-Schreibens vom 17.04.2003 (BStBl I 2003, anzuwenden, wonach die Überlassung einer Sportanlage regelmäßig nicht unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG falle, sondern eine einheitliche steuerpflichtige Leistung darstelle. Soweit das BMF-Schreiben vom 17.04.2003 für Zwischenvermietungen von Sportanlagen von anderen Grundsätzen ausgehe, seien diese hier nicht einschlägig, weil kein Fall der Zwischenvermietung vorliege. Die Waldorfschule nutze die Turnhalle selbst zur Erteilung von Sportunterricht. Der Sachverhalt sei vergleichbar mit den in Tz. 10 und 11 des o. g. BMF-Schreibens geregelten Fällen der Überlassung einer Schwimmhalle an einen Schwimmverein bzw. eines Tennisplatzes an einen Tennislehrer. In diesen Fälle gehe auch das BMF von einer einheitlichen steuerpflichtigen Leistung aus. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH sei die Nutzungsüberlassung von Sportanlagen generell steuerpflichtig.
Der Kläger beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 29.04.2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27.04.2005 dahingehend zu ändern, dass weitere Vorsteuern in Höhe von 74.863,34 EUR abgezogen werden, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält daran fest, dass die Überlassung der Turnhalle an den Verein „Waldorfschule A-Stadt e. V.” als Betreiberin der Halle in eine steuerbare Grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen sei...