Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertungsstichtag für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens bei abweichendem Wirtschaftsjahr
Leitsatz (redaktionell)
Ein Steuerpflichtiger, der einen Betrieb mit abweichendem Wirtschaftsjahr führt, ist auch unter Geltung der Maßgeblichkeit der Steuerbilanzwerte für die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens nicht gezwungen, als Bewertungsstichtag den Schluss des abweichenden Wirtschaftsjahres anzusetzen.
Normenkette
BewG § 95 Abs. 1, § 106 Abs. 1, 3, § 109
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, welcher Bewertungsstichtag für die Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens maßgebend sind.
Die Klägerin wurde am... 1992 in das Handelsregister eingetragen. Sie hat lt. Satzung ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vom 16.12. eines Jahres bis 15.12. des Folgejahres. Der Klägerin gehören…Stück Aktien der A AG. Die Dividende fließt ihr regelmäßig in der ersten Hälfte des Monats Dezember zu; die Ausschüttungen an die Gesellschafter nimmt die Klägerin dann jeweils bis zum Jahresende vor.
In ihrer ersten Vermögensaufstellung (Einheitswert auf den 01.01.1994) hatte die Klägerin angegeben, das Vermögen zum 31.12.1993 zu Grunde gelegt zu haben; tatsächlich erklärte sie allerdings - vom Beklagten zunächst unbemerkt - die Werte zum 15.12.1993. Der Beklagte stellte - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung - den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1994 auf der Grundlage der erklärten Werte fest.
In der Vermögensaufstellung auf den - hier streitgegenständlichen - Zeitpunkt 01.01.1995 trug die Klägerin in dem Erklärungsvordruck in der Spalte „Datum” den „31.12.1994” ein und erklärte - anhand von Zwischenbilanzen - auch das Vermögen mit den Werten dieses Stichtages, zu dem u.a. die Ausschüttungen bereits erfolgt waren. Der Beklagte stellte den Einheitswert des Betriebsvermögens mit Bescheid vom 10.04.1996 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß auf 442.000 DM fest.
Im Rahmen einer 'Betriebsprüfung' - BP - für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1997 gelangte der Prüfer zu folgender Auffassung (s. Bericht vom 30.12.1998): Bei Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens sei entsprechend dem Abschlusszeitpunkt der Klägerin die Bilanz zum 15.12.1994 zugrunde zu legen. Zwar habe die Klägerin das Wahlrecht gemäß § 106 Abs. 3 des Bewertungsgesetzes -BewG-, der Bewertung die Verhältnisse am Schluss ihres (abweichenden) Wirtschaftsjahres zu Grunde zu legen, ausdrücklich nicht ausgeübt. Jedoch folge aus der seit 01.01.1993 geltenden Vorschrift des § 109 BewG, nach der bei der Einheitsbewertung grundsätzlich die Steuerbilanzwerte sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu übernehmen seien, dass Steuerpflichtige mit abweichendem Wirtschaftsjahr keine von der Jahresabschlussbilanz (hier 15.12.) losgelöste Vermögensaufstellung auf den regelmäßigen Bewertungsstichtag (31.12.) fertigen dürften. Denn eine rechtswirksame Steuerbilanz setze voraus, dass auf den gleichen Zeitpunkt auch ein handelsrechtlicher Abschluss erstellt werde, der hier jedoch angesichts der Satzung der Klägerin nur zum 15.12. - nicht zum 31.12. - zulässig sei. Die Vorschrift des § 106 Abs. 3 BewG mit dem dort eingeräumten Wahlrecht des Stichtages sei daher seit Inkrafttreten des § 109 BewG am 01.01.1993 bedeutungslos geworden. § 109 BewG enthalte insoweit eine vereinfachende und pauschalierende Regelung, die § 106 Abs. 3 BewG überlagere.
Der Beklagte schloss sich auf Weisung der Oberfinanzdirektion -OFD- dieser Ansicht an. Auf die Problematik nicht gerechtfertigter Steuervorteile durch § 106 Abs. 3 BewG hätten auch die Bewertungsreferenten des Bundes und der Länder in einer Niederschrift vom 27.06.1994 hingewiesen; danach sei eine Gesetzesänderung der §§ 106, 107 BewG bei nächster Gelegenheit beabsichtigt gewesen und nur wegen Nichterhebung der Vermögensteuer seit 01.01.1997 nicht mehr verwirklicht worden. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit, den Antrag nach § 106 Abs. 3 BewG nicht zu stellen, dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift widerspreche, die nämlich gerade Betrieben mit abweichendem Wirtschaftsjahr die Erstellung einer Zwischenbilanz ersparen solle. Zudem sei der sich aus der seit 01.01.1993 geltenden Vorschrift des § 95 Abs. 1 BewG (n.F.) ergebende Grundsatz der Bestandsidentität zwischen Steuerbilanz und Vermögensaufstellung maßgebend. Die Vorschriften des § 95 Abs. 1 BewG und des § 109 Abs. 1 BewG schrieben die Anbindung an die „Steuerbilanz” zwingend vor; Steuerbilanz in diesem Sinne könne aber nur die zum Abschluss des jeweiligen Wirtschaftsjahres erstellte Bilanz und nicht etwa eine Zwischenbilanz sein, was sich auch aus dem Maßgeblichkeitsgrundsatz der Handelsbilanz für die Steuerbilanz ergebe. Entsprechend sei die primäre Anwendung des § 106 Abs. 3 BewG durch den Grundsatz der Bestandsidentität eingeschränkt.
Der Beklagte erließ am 04.05.2001 einen entsprechend...