rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gestellung von Dienstkleidung als Arbeitslohn, Dienstkleidung; Arbeitslohn; Berufskleidung
Leitsatz (redaktionell)
Durch eine Kleiderordnung des Arbeitgebers vorgeschriebene einheitliche bürgerliche Kleidung von Verkaufspersonal ist auch dann keine typische Berufskleidung, wenn sie eine uniformartige Beschaffenheit aufweist. Die Gestellung derartiger Kleidung bzw. der Ersatz von Aufwendungen durch den Arbeitgeber sind mangels eines ganz überwiegenen eigenbetrieblichen Interesses als Arbeitslohn zu erfassen.
Normenkette
EStG § 3 Nrn. 31, 50 2. Alt, § 8 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1; LStR 1990 Abschn. 20
Tatbestand
Die Klägerin vertreibt Lederwaren des Herstellers “X” in Deutschland. Sie hat ihren Sitz in “Y” und unterhält Verkaufsfilialen in acht weiteren Städten.
“X” erarbeitete Richtlinien für das Auftreten des Vertriebspersonals. Hierzu gehörte auch eine im Juni 1992 erstmals erlassene Kleiderordnung (sog. Guide Uniforme) für das in den Ladenlokalen tätige Personal. Diese sollten mit einheitlichen Kostümen, Schuhen und Strümpfen in bestimmten Farben bekleidet sein. Die Kostüme des Verkaufspersonals sollten alle zwei Jahre wechseln (in Form und Farbe).
Die Klägerin setzte das Konzept der “X” in 1993 um. Sie erwarb im Oktober 1993 und Januar 1994 sukzessive einheitliche Dienstkleidung für das weibliche Verkaufspersonal und wandte hierfür in 1993 6.513,-- DM und in 1994 51.733,-- DM auf. Diese besteht für jede Arbeitnehmerin aus einem Winterkostüm, einem Sommerkostüm und je zwei Winter- und Sommerblusen. In den Streitjahren handelte es sich um rote Kostüme für die Verkäuferinnen und schwarze für die Geschäftsstellenleiterinnen. Die Blusen waren weiß und mit einem Muster versehen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Farbfotografien sowie Kleidungsstücke verwiesen.
Die Mitarbeiterinnen erhielten darüber hinaus ein sog. “Schuhgeld”. Die Schuhgeldzahlungen beliefen sich in 1993 auf insgesamt 1.626,90 DM und 1994 auf 2.096,40 DM. Schaffte sich eine Arbeitnehmerin ein Paar schwarze Schuhe an, so erhielt sie bei Vorlage der Rechnung den gezahlten Kaufpreis bis zu einem Betrag in Höhe von 150,-- DM erstattet. Diese Vergünstigung stand den Verkäuferinnen einmal und den Geschäftsstellenleiterinnen zweimal im Kalenderjahr zu. Aus den vorliegenden Kassenbons und Quittungen geht hervor, dass die Arbeitnehmerinnen den Kaufpreis auch per Scheck oder Lastschrift entrichteten. Der Preis für die angeschafften Schuhe lag zwischen 99,-- DM und 359,-- DM pro Paar.
Die Klägerin hielt ihr Personal an, sich vor Beginn und nach Ende der Arbeitszeit umzuziehen. Die Dienstbekleidung (Kostüm, Blusen, Schuhe) wurde im Personalbereich der Ladenlokale aufbewahrt. Nach Ablauf von zwei Jahren wurden die alten Kostüme von der Klägerin entsorgt.
Bei einer Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum von August 1985 bis Juni 1994 kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Gestellung von Bekleidung sowie die Schuhgeldzahlungen als Arbeitslohn anzusehen seien. Die Klägerin erklärte sich bereit, die hierauf entfallende Lohnsteuer zu übernehmen. Der Beklagte erließ daher einen Lohnsteuerhaftungsbescheid. Darin wurden die getätigten Aufwendungen für die Anschaffung der Kostüme und Blusen und das Schuhgeld in Höhe von 4.500,-- DM pro Jahr (30 x 150,-- DM) mit einem Nettosteuersatz in Höhe von 47 % erfasst. Wegen der Einzelheiten wird auf den Haftungsbescheid vom 12.11.1991 und Prüfbericht vom 19.08.1994 (Tz. 2) verwiesen.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klägerin Klage erhoben. Sie meint, in der Gestellung der Arbeitskleidung sowie der Zahlung des Schuhgeldes liege kein geldwerter Vorteil im Sinne von § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Beides erfolge zudem im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin, denn es diene der Verwirklichung der Corporate Identity innerhalb der “X” - Gruppe. Auf Grund des einheitlichen Erscheinungsbildes der Verkäuferinnen, bei dem man den negativ wirkenden Eindruck einer Uniform habe vermeiden wollen, seien diese in den Geschäftslokalen als Verkaufspersonal zu erkennen und würden auf Grund ihres eleganten Erscheinungsbildes zur Identifikationsperson für den exklusiven Kundenkreis. Die unentgeltliche Nutzung der Kleidung während der Arbeitszeit stelle für die betroffenen Verkäuferinnen lediglich einen aufgedrängten Vorteil dar. Sie seien arbeitsvertraglich verpflichtet, ihre Tätigkeit in der gestellten Arbeitskleidung zu verrichten. Hierzu hat die Klägerin einen am 27.04.1995 geschlossenen Anstellungsvertrag vorgelegt, in dem es in Ziffer 4 heißt: “Sie verpflichten sich, während Ihrer Arbeitszeit ausschließlich die gemäß den “X” internen Richtlinien (Guide Uniform) von uns gestellte Personalkleidung zu tragen.”
Die Klägerin ist weiter der Auffassung, die von den Mitarbeiterinnen erworbenen schwarzen Schuhe seien nach den Grundsätzen des “Geschäfts für den, den es angeht” Eigentum der Arbeitgeberin geworden, und behauptet, ...