Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichstellung der Anteilsentnahme mit einem Anschaffungsvorgang und dem daraus folgenden Ansatz des Teilwertes statt der historischen Anschaffungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ist eine veräußerte wesentliche Beteiligung zuvor aus dem Betriebsvermögen entnommen worden, so tritt bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns gemäß § 17 Abs. 2 EStG der Entnahmewert (Teilwert) an die Stelle der Anschaffungskosten.
  2. Dies gilt auch, soweit bei der Entnahme die im Betriebsvermögen gebildeten stillen Reserven nicht steuerlich erfasst worden sind.
  3. § 17 EStG ist keine Korrekturnorm, durch die das Finanzamt nachträglich eine unterbliebene Besteuerung des Entnahmegewinns in früheren Veranlagungszeiträumen nachholen bzw. ausgleichen kann.
 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1, § 17 Abs. 2 S. 1

 

Streitjahr(e)

1985

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.04.2010; Aktenzeichen IX R 22/09)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Veräußerungsgewinns i. S. von § 17 EStG, den der (am 18.12.2005) verstorbene „M” (im Folgenden: Erblasser) im Streitjahr 1985 erzielt hat.

Der Erblasser war seit Jahren (bereits vor 1980) mit einem Anteil von 17,284 % (nominell 14.000 DM) unmittelbar an der „C-GmbH” (im Folgenden: „C-GmbH”) beteiligt. Darüber hinaus hielt er eine mittelbare Beteiligung an der „C-GmbH” von 9,456 % (0,05 % zzgl. 9,38 %), die auf folgenden Verhältnissen beruhte:

Beteiligung von 0,11 % an der „E-KGaA” (im Folgenden: „E-KGaA”), die wiederum zu 48,1 % an der „C-GmbH” beteiligt war; d. s. mittelbar 0,11 x 48,1 % = 0,05 %;

Beteiligung von 28 % an der „M-KGaA” (im Folgenden: „M-KGaA”), die wiederum zu 69,76 % an der „E-KGaA” beteiligt war; d. s. 28 x 69,76 x 48,1 % = 9,38 %.

Die Beteiligung an der „M-KGaA” hatte der Erblasser bei deren Gründung am 13.06.1980 u. a. durch Einbringung seiner Kommanditanteile an der „C-KG” (im Folgenden: „C-KG”) erworben. Von der Einlage ausgenommen war indes die Beteiligung des Erblassers an der „C-GmbH”, damals Sonderbetriebsvermögen II des Erblassers bei der „C-KG” („C-GmbH” als Komplementärin der „C-KG” mit einer Einlage von 30.000 DM); stattdessen entnahm der Erblasser die Beteiligung an der „C-GmbH” in sein Privatvermögen. Der Teilwert der GmbH-Anteile betrug lt. Feststellung der GroßBP „L-Stadt” vom 11.07.1987 zum Entnahmezeitpunkt am 13.06.1980 17,361 % = 2.430.540 DM. Ein Gewinn aus der Überführung der Anteile aus dem Sonderbetriebsvermögen II ins Privatvermögen (Teilwert 2.430.540 DM abzgl. Nominalwert 14.000 DM) wurde steuerlich nicht erfasst; eine Nachholung der Besteuerung durch die GroßBP „L-Stadt” scheiterte an der zwischenzeitlich eingetretenen Bestandskraft der Gewinnfeststellung 1980 der „C-KG”.

Mit Wirkung zum 01.09.1985 veräußerte der Erblasser seine unmittelbare Beteiligung an der „C-GmbH” (17,284 %, Nominalwert 14.000 DM) zum Preis von 3 Mio. DM an die „M-KGaA”. Einen Veräußerungsgewinn gab der Erblasser in seiner Einkommensteuererklärung 1985 nicht an, weil er der Ansicht war, an der „C-GmbH” nicht wesentlich i. S. von § 17 EStG beteiligt gewesen zu sein; der (Erst-)Bescheid vom 06.07.1987 erging erklärungsgemäß.

Nachdem der Beklagte durch Mitteilung des FA „N-Stadt” von der Anteilsveräußerung erfahren hatte, setzte er mit nach § 164 Abs. 2 der AbgabenordnungAO – geändertem Bescheid vom 08.02.1988 Einkünfte i. S. von § 17 EStG von 2.986.000 DM (3.000.000 DM abzgl. 14.000 DM) an. Hiergegen legte der Erblasser Einspruch ein und machte geltend, es fehle an der für den Tatbestand des § 17 EStG erforderlichen wesentlichen Beteiligung; sein ehemaliger Anteil an der „M-KGaA” erfülle nicht die Anforderungen an eine mittelbare Beteiligung und sei daher außer Acht zu lassen. Hilfsweise wandte der Erblasser ein, der Veräußerungsgewinn betrage allenfalls 569.460 DM; dem Erlös von 3 Mio. DM sei nicht der Nominalwert der Beteiligung, sondern der Teilwert im Entnahmezeitpunkt (2.430.540 DM) gegenüber zu stellen, weil die Entnahme einer Anschaffung gleich stehe. Im Rahmen einer am 14.03.1989 beim Erblasser begonnenen Betriebsprüfung – BP –, die zwischendurch für mehrere Jahre im Hinblick auf vorgreifliche Prüfungen in Sachen „C"/ „U-Firma” ruhte, verblieb der Beklagte bei seiner bisherigen Ansicht (s. Bericht vom 10.03.1998, Tz. 8) und wurde hierin von der Oberfinanzdirektion – OFD – „S” bestätigt. Im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens gab der Erblasser seinen Einwand, an der „C-GmbH” nicht wesentlich beteiligt gewesen zu sein, auf, hielt indes sein Begehren zur Herabsetzung des Veräußerungsgewinns aufrecht. Nach Erlass weiterer Änderungsbescheide aus im vorliegenden Verfahren nicht streitigen Gründen – zuletzt Einkommensteuerbescheid 1985 vom 28.12.1998 – wies der Beklagte den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 05.06.2007 als unbegründet zurück; die Entscheidung wurde dem Testamentsvollstrecker über das Vermögen des zwischenzeitlich verstorbenen Erblassers, zugleich als Empfangsbevollmächtigtem der Erben, sowie der Ehefrau des Erblassers, „Y”, bekann...

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