Entscheidungsstichwort (Thema)

Missbrauch zivilrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten bei Abweichung der Gewinnverteilung in einer Kapitalgesellschaft vom gesetzlichen Regelfall

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Objektiv zur Verstärkung des Betriebskapitals eines Mineralölhandelsunternehmens geeignete Devisentermingeschäfte können auch dann gewillkürt der betrieblichen Sphäre zugeordnet werden, wenn sie nicht der Absicherung der Kursrisiken der sporadisch eingestellten Haupttätigkeit dienen.
  2. Dass diese Geschäfte mit einem hohen Verlustrisiko behaftet sind, ist unschädlich, wenn sich die Verluste nicht bereits bei Abschluss der jeweiligen Terminkontakte abgezeichnet haben.
  3. Eine in einem deutlichen Missverhältnis zu den Beteiligungsverhältnissen stehende Aufteilung des aus einer Veräußerung von GmbH-Anteilen erzielten Veräußerungserlöses kann als Gestaltungsmissbrauch zu werten sein, wenn die Geschäftsanteile in getrennten, aber wirtschaftlich als einheitlicher Übertragungsakt anzusehenden Verträgen an denselben Erwerber veräußert worden sind und auf Seiten des Veräußerers nur nahe Angehörige beteiligt waren.
  4. Eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, nach der sowohl der laufende Gewinn als auch das Liquidationsvermögen nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile verteilt werden soll, setzt auch für die Aufteilung des Erlöses bei Veräußerung aller Geschäftsanteile Maßstäbe.
 

Normenkette

EStG 1990 § 4 Abs. 4, § 17 Abs. 1-2; GmbHG § 29 Abs. 3 S. 1, § 72; AO § 42

 

Streitjahr(e)

1993

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 04.02.2005; Aktenzeichen VIII B 185/02)

 

Tatbestand

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 1993 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden.

Der Kläger betreibt seit Anfang der Siebzigerjahre das Einzelunternehmen – „A” –. Das Unternehmen kaufte bis zum Beginn der 90er-Jahre Mineralöl auf Dollarbasis größtenteils auf dem Rotterdammer Spotmarkt. Beim Verkauf bediente sich „A” im Wesentlichen der „B"GmbH, an der der Kläger zu 95 % beteiligt war. Die „B"GmbH ihrerseits belieferte die „C"GmbH, an der die Klägerin und Frau „F” zu je 50 % beteiligt waren. Geschäftsgegenstand der „C"GmbH war die Verpachtung von Tankstellen und deren Belieferung mit Kraftstoff.

1. Nachdem das Hauptzollamt das Einzelunternehmen und die „B"GmbH als wirtschaftliche Einheit beurteilt hatte, war es dem Kläger auf Grund einer mit der BP - Zoll getroffenen Regelung vom 16.11.1990 untersagt, Mineralölprodukte weiterhin an die „B"GmbH zu liefern. Die Öleinkäufe des Einzelunternehmens waren seit 1991 rückläufig. Ab August 1991 tätigte die Einzelfirma nur noch Mineralöleinkäufe bei der Shell AG, während die übrigen Einkäufe von der Firma „B"GmbH vorgenommen wurden. Ab 1994 tätigte das Einzelunternehmen keine Mineralölein- oder Verkäufe mehr. Ende 1993 veräußerte der Kläger seine Anteile an der „B"GmbH. In den Jahren 1994 und 1995 erzielte das Einzelunternehmen lediglich Vermietungserlöse (rund 772.000 DM bzw. 895.000 DM). Ab 1996 wurden zusätzlich wieder Erlöse aus dem Kraftstoffhandel erwirtschaftet (1996: 39,1 Mio, 1997: 63,2 Mio, 1998: 46,0 Mio.).

Die Einkaufsrechnungen für die auf Dollarbasis getätigten Einkäufe des Einzelunternehmens wurden auch in Dollar beglichen. Dazu kaufte und verkaufte der Kläger Dollar. Darüber hinaus tätigte er unabhängig von konkreten Öleinkäufen oder Ölverkäufen Dollargeschäfte und zwar zum einen im Rahmen von so genannten Spot-Transaktionen, bei denen US-Dollar zum Tageskurs bzw. zu einem zeitnahen Kurs (ein bis zwei Tagen) gekauft werden; zum anderen wurden Dollargeschäfte im Rahmen von so genannten Forward-Transaktionen getätigt. Das sind Devisentermingeschäfte, bei denen entweder Dollar-Käufe zur Begleichung der Einkaufsrechnungen, deren Valuta mehr als zwei Tage über dem Abschlusszeitpunkt liegt, getätigt wurden oder echte Termingeschäfte, bei denen der Kläger sich verpflichtete, zu einem späteren Zeitpunkt Dollar zu einem bestimmten Betrag zu kaufen bzw. zu verkaufen. Sowohl bei den Spot- als auch bei den Forward-Transaktionen musste der Kläger jeweils den Differenzbetrag des Dollarkurses zwischen dem Abschluss des Termingeschäftes und der Einlösung ausgleichen. Sämtliche Dollarein- und -verkäufe sowie die Bezahlung der Einkaufsrechnungen wurden auf einem einheitlichen Dollar-Konto (Konto) verbucht. Zum Jahresende buchte der Kläger den verbleibenden Saldo des Dollarkontos gewinnmäßig aus. In den Jahren 1987 bis 1991 ergaben sich hieraus Gewinne in Höhe von zusammen 3.253.700,-- DM, die im Rahmen des Gewinns des Einzelunternehmens erfasst und versteuert wurden. In den Folgejahren stellte sich das Ergebnis der Dollargeschäfte wie folgt dar:

+ 257.401,-- DM,

./. 3.859.108,-- DM,

./. 4.601.626,-- DM und

./. 1.979.860,-- DM

Im Rahmen einer Außenprüfung bei dem Einzelunternehmen analysierte der Prüfer das Dollarkonto und kam zu folgenden Einzelfeststellungen:

1990

1991

1992

1993

Dollareinkauf in DM

324.393.661

501.715.737

2.666.196.670

3.617.056.876

Wareneinkauf in US-Dollar

135.000.000

116.642.070

40.475.592

33.063.525

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