vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbefreiung für Betreuungs- und Pflegeleistungen. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 1/23)
Leitsatz (redaktionell)
Die Erbringung von Budgetassistenzleistungen auf dem Gebiet der Betreuung und Pflege, die von den schwerbehinderten Klienten auf der Grundlage von ihnen abgeschlossener Verträge mit dem Dienstleister aus ihrem „Persönlichen Budget“ i.S.d. § 17 SGB IX a.F. ( nunmehr § 29 SGB IX) bezahlt werden, ist nicht nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. k UStG (mit Wirkung vom 01.07.2013: Buchst. l) von der Umsatzsteuer befreit, da die auf einzelvertraglicher Grundlage beruhende Verwendung des Budgets für diese Leistungen keine mittelbare Kostentragung durch Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeträger begründet, durch die die gesetzlich vorgegebene Kostenübernahmequote für anerkannte Einrichtungen mit sozialem Charakter erreicht werden könnte (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 13.06.2018 XI R 20/16, BFH/NV 2018, 1217).
Normenkette
UStG § 4 Nr. 16 S. 1 Buchst. k, l; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. g; SGB IX § 29; SGB IX a.F. § 17
Tatbestand
Streitig ist, ob die Budgetassistenzleistungen des Klägers an seine Klienten von der Umsatzsteuer befreit sind, soweit die Klienten sie aus ihrem „Persönlichen Budget“ (in den Streitjahren § 17 SGB IX; jetzt § 29 SGB IX) bezahlen.
Der Kläger ist von Beruf Kaufmann. Er war in den Streitjahren als Einzelunternehmer tätig unter der Firmierung „ A-Gesellschaft“ . Seit Gründung seines Dienstleistungsunternehmens im Jahr 0000 wechselte er mehrmals seinen Tätigkeitsbereich, z.B. Neukundenakquise für Steuerberater, Buchhalter und Bilanzbuchhalter, Unternehmensberatung oder Arbeitsvermittlung. Im Jahr 0000 beschäftigte er…Mitarbeiter und das Kerngeschäft bestand darin, selbständigen Unternehmern (z.B. kleine Handwerksbetriebe) in vielfältigen Geschäftsbereichen Hilfestellungen zu leisten (z.B. Kundenkontakte übernehmen).
Seit 0000 übernahm er auch die Begleitung und Beratung von Menschen mit einer (Schwerst-) Behinderung im Bereich des Arbeitgebermodells „Persönliches Budget“. Diese Tätigkeit „Budgetassistenz“ bildete in den Streitjahren 2012 bis 2015 - entgegen der Angabe „ A-Gesellschaft Unternehmensberatung“ in den Gewerbesteuererklärungen 2014 und 2015 - den Schwerpunkt seiner unternehmerischen Tätigkeit. In den Streitjahren beschäftigte der Kläger…Arbeitnehmer (Sozialpädagogen, Pfleger u.a.). Nach dem Inhalt der vom Kläger eingereichten Broschüre wurden von ihm folgende Leistungen angeboten:
...
Die Klienten kauften mit Hilfe des Geldbetrages aus dem „Persönlichen Budget“ selber Leistungen auf dem Dienstleistungsmarkt ein (z.B. Einstellung einer Pflegeperson). Der Kläger half seinen Klienten u.a. bei:
...
In den Streitjahren begleitete das Unternehmen des Klägers…Schwerbehinderte mit über…Assistenten in ganz Deutschland. Zu 45 seiner Klienten (= Kundenliste A bis W mit 44 Klienten + Klient Z ) legte der Kläger Unterlagen zu seinen Budgetassistenzleistungen vor. Zum Teil wurde mit den Klienten ein monatliches Pauschalhonorar und zum Teil eine Abrechnung nach angefallenen Stunden vereinbart. Der Kläger wies in seinen Rechnungen an die Klienten keine Umsatzsteuer aus. Auf die exemplarisch eingereichten Rechnungen (z.B. Rechnung vom 18.12.2015, Anlage 8 zur Klagebegründung) und auf den Inhalt der vom Kläger mit Schriftsatz vom 01.04.2019 eingereichten 4 Ordner, welche vom Kläger ausgestellte Rechnungen und weitere Unterlagen (u.a. Verträge mit Klienten, Zielvereinbarungen und Bewilligungen des persönlichen Budgets) beinhalten, wird verwiesen.
Unstreitig wurde der Kläger in keinem Fall gegenüber den Klienten aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit einem gesetzlichen Träger der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe tätig. Grundlage für die Rechnungen des Klägers an seine Klienten war allein ein zwischen dem Kläger und den jeweiligen Klienten geschlossener zivilrechtlicher „Klienten-Vertrag“. Auf den Inhalt des exemplarisch eingereichten Vertrages zwischen dem Kläger und Klient X vom 14.06.2014 wird Bezug genommen. Danach hatte der Kläger für eine monatliche Pauschalvergütung in Höhe von ...,- EUR die in § 1 des Vertrages aufgeführten Tätigkeiten zu leisten (u.a. Beratung zum Umgang mit dem Persönlichen Budget (ohne Rechtsberatung) sowie Hilfe im Zusammenhang mit der Einstellung von Pflegekräften und Unterstützung bei Alltagshandlungen wie z.B. bei Banküberweisungen).
Der Kläger wurde in der Regel von den Klienten (bzw. deren gesetzlichen Betreuer/Vertreter) bevollmächtigt, sie im Bereich des Persönlichen Budgets sowie in Fragen des Schwerbehindertenrechts und des Sozialrechts zu den zuständigen Stellen zu begleiten und die erforderlichen Vorgänge einzuleiten. Rechtsdienstleistungen wurden an rechtsdienstleistungsbefugte Personen übertragen (vgl. exemplarische Vollmacht vom 21.10.2013 ( Klient X).
Der Kläger fertigte in Absprache mit den Klienten „Aufstellungen zum Persönlich...