Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusatzsteuer auf elektrisch zu erhitzende Tabakstränge. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VII R 11/24)
Leitsatz (redaktionell)
- Die Erhebung der Zusatzsteuer auf zu erhitzende Tabakstränge nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 TabStG verstößt nicht gegen Unionsrecht (Folgeurteil nach Vorabentscheidung des EuGH vom 14. März 2024, C-336/22).
- Die Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak verstößt nicht gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Folgerichtigkeit.
Normenkette
TabStG §§ 1a, 2 Abs. 1 Nr. 5; RL 2008/118/EG Art. 1 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 2; Richtlinie 2011/64/EU Art. 2 Abs. 1 Buchst. c Ziff. ii, Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, b, Art. 14 Abs. 1 Buchst. c; RL 2011/64/EU Art. 14 Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c, Abs. 3; Richtlinie 2011/64/EU Art. 21 Unterabs. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin stellt Tabakwaren her. Sie entwickelte Tabakstränge, die in ein batteriebetriebenes Heizgerät eingeführt und erhitzt werden. ...
Derartige zu erhitzende Tabakstränge wurden bis zum 31. Dezember 2021 nur nach dem Steuersatz für Pfeifentabak versteuert. Ab dem 1. Januar 2022 wird für erhitzten Tabak nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 des Tabaksteuergesetzes vom 15. Juli 2009 (BGBl. I, 1870) in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes vom 10. August 2021 (BGBl. I, 3411) (TabStG) neben dem Steuersatz für Pfeifentabak eine Zusatzsteuer erhoben, die 80 Prozent des Steuersatzes für Zigaretten abzüglich des Steuerbetrags für Pfeifentabak beträgt.
Die Klägerin gab am…bei dem beklagten Hauptzollamt eine Steueranmeldung für ab dem…zu verwendende Steuerzeichen für zu erhitzende Tabakstränge ab. Hierin ermittelte sie die von ihr zu entrichtende Tabaksteuer mit…Euro. Hiervon entfiel ein Betrag von…Euro auf die nach dem Steuersatz für Rauchtabak berechnete Steuer sowie ein Betrag von…Euro auf die Zusatzsteuer.
Die Klägerin hat am…Sprungklage gegen die Steueranmeldung erhoben, die dem beklagten Hauptzollamt am…zugestellt worden ist. Das beklagte Hauptzollamt hat der Sprungklage am…zugestimmt.
Die Klägerin hat mit ihrer Klage vorgetragen: Die Erhebung der Zusatzsteuer auf erhitzten Tabak verstoße gegen Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. EU 2009, L 9, 12) in der Fassung der Richtlinie (EU) 2019/475 des Rates vom 18. Februar 2019 (ABl. EU 2019, L 83, 42) (Richtlinie 2008/118). Bei der Zusatzsteuer handele es sich nicht um eine zulässige andere indirekte Steuer. Vielmehr stelle die Zusatzsteuer eine weitere Tabaksteuer und damit eine Verbrauchsteuer dar. Die Zusatzsteuer werde auch nicht für besondere Zwecke erhoben, weil die Einnahmen aus der Steuer nicht zur Deckung gesundheitsbezogener Ausgaben verwendet würden.
Darüber hinaus verstoße die Erhebung der Zusatzsteuer gegen Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/64/EU des Rates vom 21. Juni 2011 über die Struktur und die Sätze der Verbrauchsteuern auf Tabakwaren (ABl. EU 2011, L 176, 24) (Richtlinie 2011/64), weil Tabakwaren innerhalb der Gruppe des anderen Rauchtabaks nicht unterschiedlich behandelt werden dürften. Ferner verstoße die Erhebung der Zusatzsteuer gegen Art. 14 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/64. Danach sei die Berechnung der spezifischen Verbrauchsteuer für anderen Rauchtabak nach der Stückzahl unzulässig.
Der Senat hat mit Beschluss vom 29. April 2022 das Verfahren ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um eine Vorabentscheidung zu folgenden Fragen ersucht:
1. Ist Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 in der Fassung der Richtlinie (EU) 2019/475 des Rates vom 18. Februar 2019 (ABl. EU 2019, L 83, 42) dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats über die Erhebung der Tabaksteuer entgegensteht, die hinsichtlich der Berechnung der Steuer vorsieht, dass neben einem Steuersatz für Pfeifentabak eine Zusatzsteuer erhoben wird, die 80 Prozent des Steuerbetrags für Zigaretten abzüglich des Steuerbetrags für Pfeifentabak beträgt?
2. Falls es sich bei der Zusatzsteuer auf zu erhitzenden Tabak nicht um eine andere indirekte Steuer zu besonderen Zwecken auf verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 handeln sollte: Ist Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/64 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats über die Erhebung der Tabaksteuer entgegensteht, die hinsichtlich der Berechnung der Steuer vorsieht, dass neben einem Steuersatz für Pfeifentabak eine Zusatzsteuer erhoben wird, die 80 Prozent des Steuerbetrags für Zigaretten abzüglich des Steuerbetrags für Pfeifentabak beträgt?
3. Falls es sich bei der Zusatzsteuer auf zu erhitzenden Tabak nicht um eine andere indirekte Steuer zu besonderen Zwecken auf verbrauchsteuerpflichtige Waren im Sinne des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2008/118 handeln sollte: Ist 14 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Unterabs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/64 dahin auszule...