Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindeststeuersatz-Regel des § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG verstößt gegen Art. 52 EG-Vertrag und ist deshalb nicht anwendbar
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach dem vorrangigen EG-Recht (Rs.C-107/94 „Asscher”, EuGHE I 1996, 3089) dürfen die inländischen Einkünfte eines beschränkt steuerpflichtigen niederländischen Staatsbürgers aus selbständiger Tätigkeit unabhängig von der Erlangung von Progressionsvorteilen gegenüber einem unbeschränkt Steuerpflichtigen nicht dem Mindeststeuersatz von 25% unterworfen werden.
2. Bei der Anwendung des Einkommensteuertarifs des § 32a Abs. 1 Satz 2 EStG auf diese Einkünfte muss notwendigerweise auch der Grundfreibetrag berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 50 Abs. 3 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Mindeststeuersatz gemäß § 50 Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz - EStG - auf die Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen aus selbstständiger Arbeit wegen Verstoßes gegen Artikel 52 des EG-Vertrages unanwendbar ist.
Der Kläger ist niederländischer Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz in den Niederlanden. Er erzielte in der Bundesrepublik Deutschland im Streitjahr 1997 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 4.972 DM. Der Beklagte legte diese Einkünfte bei der Veranlagung zu Grunde und berechnete die Einkommensteuer nach § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG auf 1.240 DM.
In den Niederlanden wurde der Besteuerung des Klägers ein Unternehmensgewinn aus einem niederländischen Unternehmen und der - nach niederländischen Steuerrecht ermittelte - in Deutschland erzielte Gewinnanteil zu Grunde gelegt. Die sich ergebende Einkommensteuer wurde zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung entsprechend dem Anteil der einbezogenen ausländischen Einkünfte vermindert.
Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit insgesamt |
28.970 hfl |
Einkünfte aus Arbeitsverhältnis Deutschland |
14.940 hfl |
Summe |
42.810 hfl |
Fahrten Wohnung Arbeitsstätte |
1.538 hfl |
Versicherungsaufwendungen |
2.005 hfl |
Summe |
39.267 hfl |
Berufskostenpauschale |
1.294 hfl |
Summe |
37.943 hfl |
Rente |
42 hfl |
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38.015 hfl |
Zinsen Eigentumswohnung |
658 hfl |
|
37.357 hfl |
Schuldzinsen |
./. 3.849 hfl |
Selbstständigenfreibetrag |
./. 9.825 hfl |
belastbares Einkommen |
23.683 hfl |
Steuerfreibetrag |
7.102 hfl |
belastbare Summe |
16.581 hfl |
Steuer |
837 hfl |
Abzug zur Vermeidung der Doppelbesteuerung |
487 hfl |
Steuerschuld |
350 hfl |
Wegen näherer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des niederländischen Steuerberaters vom 03.05.2002 sowie des Prozessbevollmächtigten vom 27.06.2002 Bezug genommen.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer entsprechend seiner Berechnung auf 1.240 DM für 1997 fest. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein, den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückwies.
Der Kläger hat hierauf Klage erhoben. Er begehrt die Veranlagung unter Zugrundelegung des Einkommensteuertarifs nach § 32 a EStG und verweist auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs - EuGH - vom 27.06.1996 in der Rechtssache Asscher.
Der Kläger erklärt, er habe keinen Antrag auf Veranlagung nach § 50 Abs. 4 Nr. 2 i. V. m. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG im Hinblick auf das Zusammentreffen seiner Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit mit seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit in Deutschland gestellt, da auf die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit keine Lohnsteuer angefallen sei und die Antragsveranlagung zu einer höheren, als der in dem angefochtenen Steuerbescheid festgesetzten Steuer geführt hätte.
Der Kläger weist darauf hin, dass sich selbst dann, wenn man im Rahmen einer unbeschränkten Steuerpflicht sein Gesamteinkommen der deutschen Besteuerung zu Grund legte, ein Steuersatz von nur 14,09 % ergäbe.
|
Kläger |
Ehefrau |
Gesamt |
Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit |
24.763 DM |
0 DM |
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Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit |
13.274 DM |
23.913 DM |
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Arbeitnehmer-Pauschbetrag |
2.000 DM |
2.000 DM |
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36.037 DM |
21.913 DM |
57.950 DM |
Vorsorgepauschale |
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./. 7.398 DM |
Sonderausgaben-Pauschbetrag |
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./. 216 DM |
zu versteuerndes Einkommen |
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50.336 DM |
Steuer lt. Splittingtabelle |
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7.094 DM |
Bei dieser Berechnung seien Spenden, außergewöhnliche Belastungen und die Steuerbegünstigung nach § 10 e EStG für das Einfamilienhaus unberücksichtigt gelassen worden.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid für 1997 dahin abzuändern, dass die Einkommensteuer auf 0 Euro herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist darauf, dass die Festsetzung der Einkommensteuer unter Anwendung von § 50 Abs. 3 Satz 2 EStG der Rechtslage entspreche.
Der Beklagte ist der Auffassung, der Kläger sei nicht mit einem in Deutschland ansässigen Steuerpflichtigen vergleichbar. Nach dem Urteil des EuGH in Sachen Schumacker sei die Situation eines Gebietsansässigen grundsätzlich eine andere als die eines Gebietsfremden. Ein Mitgliedstaat könne deshalb einem Gebietsfremden bestimmte Steuervergünstigungen versagen, die er Gebietsansässigen gewähre. Würde...