rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Chirurgische Hornhautkorrektur (LASIK-Augenoperation) als außergewöhnliche Belastung nur bei medizinischer Indikation

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Infolge des von kosmetischen und ästhetischen Zwecken nicht eindeutig abgrenzbaren reinen Heilbehandlungscharakters einer LASIK-Augenoperation kann die Zwangsläufigkeit derartiger Aufwendungen zur Korrektur der Sehschwäche nicht typisierend unterstellt, sondern nur bei einer ausdrücklichen medizinischen Indikation für diesen Eingriff bejaht werden.
  2. Eine solche medizinische Indikation liegt nur vor, wenn eine Korrektur der Sehschwäche oder der durch sie ausgelösten mittelbaren Folgen (z.B. gravierende psychische Beeinträchtigungen) durch Hilfsmittel (Brillen oder Kontaktlinsen) nicht oder nicht hinreichend möglich ist.
  3. Der Grundsatz, dass bei Aufwendungen für Heilbehandlungen dem Steuerpflichtigen eine tatsächliche Zwangslage zuzubilligen ist, die eine Prüfung der Notwendigkeit und Angemessenheit einer Behandlung im Einzelfall regelmäßig entbehrlich macht, ist insoweit einschränkend auszulegen.
 

Normenkette

EStG § 33

 

Tatbestand

Die Kläger sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Sie haben zwei gemeinsame Kinder. Die am „XX.XX”.1981 geborene Tochter „O” befand sich im Streitjahr (2003) noch in Berufsausbildung,

Die Tochter „O” litt an Kurzsichtigkeit (Myopie). Sie wies auf beiden Augen eine Fehlsichtigkeit von jeweils - 4,5 Dioptrien und einen beidseitigen Astigmatismus von 0,75 bzw. 1,25 auf. Wegen dieser Fehlsichtigkeit unterzog sie sich im Juli 2003 einer sog. LASIK (Laser in situ Keratomileusis) – Operation. Ausweislich eines mit der Klage eingereichten klinischen Befundberichts vom 14.10.2004 (Bl. 11 FG-Akte) verlief der Eingriff erfolgreich. Die bestehende Fehlsichtigkeit konnte weitgehend behoben werden. Eine Sehhilfe war nicht mehr erforderlich. Die Kosten der Operation in Höhe von insgesamt 4.787 Euro wurden von den Klägern getragen. Eine Kostenerstattung durch die Krankenkasse erfolgte nicht.

In Ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung machten die Kläger Krankheitskosten in Höhe von insgesamt 6.240 Euro als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes geltend. Der Beklagte erkannte die Aufwendungen für die Augenoperation der Tochter nicht als außergewöhnliche Belastung an. Der verbleibende Betrag von 1.433 Euro blieb im Hinblick auf die zumutbare Eigenbelastung von 2.331 Euro ohne steuerliche Auswirkung.

Hiergegen haben die Kläger nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben, die sie wie folgt begründen:

Nach ständiger Rechtsprechung seien Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn die Aufwendungen zum Zweck der Heilung einer Krankheit getätigt würden oder dazu dienten, eine Krankheit oder Behinderung zu lindern oder erträglich zu machen. Die Fehlsichtigkeit der Tochter sei eine Krankheit. Die LASIK-Operation, die in einer Augenfachklinik durchgeführt worden sei, habe der Heilung dieser Krankheit gedient und diese auch herbeigeführt. Schon deshalb habe es sich nicht um einen kosmetisch motivierter Eingriff gehandelt, wie vom Beklagten unterstellt worden sei. Im Übrigen stünde die Wahl der Behandlungsmethode dem Steuerpflichtigen frei.

Die Kläger beantragen, unter Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids weitere 4.807 Euro als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen.

Der Beklagte beantragt Klageabweisung.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Berücksichtigung der von den Klägern getragenen Aufwendungen für die LASIK-Operation ihrer Tochter als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) setzt voraus, dass eine Korrektur der angeborenen Sehschwäche durch Sehhilfen (Brillen oder Kontaktlinsen) nicht oder nicht hinreichend möglich ist. Eine derartige Indikationslage besteht im Streitfall nicht.

1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, der der erkennende Senat folgt, stellen Krankheitskosten durchweg außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 EStG dar. Handelt es sich wie im Streitfall um die Krankheit einer gegenüber dem Steuerpflichtigen unterhaltsberechtigten Person, so ist gleichzeitig in der Person des Unterhaltsverpflichteten ein rechtlicher Grund im Sinne des § 33 EStG gegeben, da Krankheitskosten regelmäßig zum unterhaltsrechtlicher Sonderbedarf gemäß § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB rechnen.

a) Krankheitsbedingte Maßnahmen und die dadurch veranlassten Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig, soweit sie zum Zweck der Heilung einer Krankheit getätigt werden oder den Zweck verfolgen, die Krankheit erträglicher zu machen (z.B. BFH-Urteil vom 6.4.1990 III R 60/88, BStBl II 1990, 958 mit weiteren Nachweisen und zuletzt BFH-Urteil vom 22.09.2005, IX R 52/03, BFH/NV 2006, 281). Dabei wird abweichend von der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG an sich gebotenen Einzelfallprüfung der Zwangsläufigkeit typisierend unterstellt, dass alle Aufwendungen, die zum Zwecke der Heilung oder L...

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