Entscheidungsstichwort (Thema)

Veranlagungswahlrecht bei Ehegatten bis zur Unanfechtbarkeit der Einkommensteuererklärung

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Wahlrecht zwischen Zusammenveranlagung und getrennter Veranlagung können Ehegatten auch nach einer durch Änderungszusage des Finanzamts erreichten einvernehmlichen Beilegung des Rechtsstreits durch übereinstimmende Erledigungserklärungen bis zur Unanfechtbarkeit der zusagegemäß geänderten Einkommensteuerveranlagung ausüben.

 

Normenkette

EStG §§ 26, 26 a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.01.2002; Aktenzeichen III R 49/00)

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob die Kläger im Rahmen der Änderung von Einkommensteuerbescheiden die getrennte Veranlagung nach Maßgabe des § 26a Einkommensteuergesetz - EStG - (neu) wählen können.

Die Kläger wurden für die Kalenderjahre 1984 bis 1989 zusammen (§ 26b EStG) zur Einkommensteuer veranlagt. Gegen die für die Streitjahre erlassenen Steuerbescheide vom 10.11.1992 wandten sie sich aus hier nicht mehr streitigen Gründen mit dem Einspruch und der Klage. In der mündlichen Verhandlung vom 1.10.1996 verpflichtete sich das beklagte Finanzamt, die angefochtenen Steuerbescheide in bestimmter Weise zu ändern und daraufhin erklärten die Beteiligten "mit der durchzuführenden Änderung den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt." Wegen der Einzelheiten wird auf den in der Gerichtsakte (Bl. 47 ff.) abgehefteten Auszug aus dem Verfahren 8 K 2694/93 G, U Bezug genommen.

Unter dem 18.2.1997 erließ der Beklagte Änderungsbescheide, in denen die Kläger wiederum nach Maßgabe des § 26b EStG zusammen veranlagt wurden. Sie wandten sich unter dem 5.3.1997 an den Beklagten und beantragten, getrennte Veranlagungen durchzuführen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 21.3.1997 ab. Die Kläger erhoben Einspruch und beriefen sich auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, nach deren Inhalt die Veranlagungsart bis zur Rechtskraft von Berichtigungsbescheiden neu bestimmt werden könne. Der Beklagte wies den Rechtsbehelf als unbegründet zurück. Dabei nahm er Bezug auf ein Urteil des BFH vom 22. Mai 1984 (VIII R 60/79, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1984, 697) und führte aus, dass mit der Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Prozeß beendet und eine neue Bestimmung der Veranlagungsart nicht mehr möglich gewesen sei.

Im Klageverfahren tragen die Kläger vor:

Die den Ehegatten eingeräumte Möglichkeit, die Veranlagungsart zu wählen, löse lediglich die Rechtsfolgen der 26a bis 26b EStG aus, lasse die materiellen Besteuerungsgrundlagen aber unberührt. Daher könne das Wahlrecht nach der ständigen Rechtsprechung des BFH bis zur Unanfechtbarkeit einer jeden Änderungsveranlagung (neu) ausgeübt werden. Das gelte auch für den Streitfall, denn die Einkommensteuerbescheide vom 18.2.1997 seien zum Zeitpunkt ihres Antrages vom 5.3.1997 noch nicht unanfechtbar gewesen, was auch in der den Bescheiden beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung zum Ausdruck gekommen sei.

Die in der mündlichen Verhandlung vom 1.10.1996 zu Protokoll gegebenen Erledigungserklärungen stünden dem nicht entgegen. Dadurch werde nämlich nicht die Rechtskraft der noch zu erlassenden Steuerbescheide ausgelöst, sondern es werde lediglich die Rechtshängigkeit der streitigen Ansprüche beendet und der Anspruch auf eine Kostenentscheidung begründet. Insoweit müsse differenziert werden zwischen dem nicht mehr rechtshängigen Streitgegenstand und der Rechtskraft eines Steuerbescheides.

Die Kläger beantragen,

den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung der Einkommensteuerbescheide vom 18.2.1997 betreffend die Kalenderjahre 1984 bis 1989 und der Einspruchsentscheidung vom 23.4.1997 die Steuer im Wege der getrennten Veranlagung nach Maßgabe der §§ 26, 26a EStG festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an der im Einspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung fest.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Insbesondere ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis gegeben.

Zwar ist es in vielen Fällen, in denen der Steuerpflichtige Einwände gegen den vom Finanzamt zugesagten Änderungsbescheid erhebt, einfach und sachgerecht, das ursprüngliche Klageverfahren fortzusetzen (Urteil des BFH vom 29.10.1987 - X R 1/80, BStBl II 1988, 121). Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass in jedem Fall eine entsprechende Verpflichtung besteht. Zum einen hat der BFH in der genannten Entscheidung auf die Bestimmungen der §§ 68, 100 Abs. 1 Satz 4 Finanzgerichtsordnung - FGO - Bezug genommen, welche lediglich die Möglichkeit vorsehen, das Verfahren fortzusetzen. Zum anderen kann die Fortsetzung des Verfahrens allenfalls dann als in besonderer Weise sachgerecht angesehen werden, wenn der Steuerpflichtige wiederum diejenigen Einwendungen geltend macht, die auch schon Gegenstand des Vorprozesses gewesen sind. Ist das, wie hier, nicht der Fall, hat die Fortsetzung des Vorprozesses gegenüber einem neuen Verwaltungsverfahren mit anschließender Klagemöglichkeit keinen Vorteil, der es rechtfertigen könn...

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