Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Mehraktige einheitliche Erstausbildung zum Bachelor of Laws – Aufnahme des Studiums nach Abschluss der kaufmännischen Ausbildung
Leitsatz (redaktionell)
- Bei der von vorneherein angestrebten Weiterbildung eines Kaufmanns im Groß- und Außenhandel zum Bachelor of Laws im Rahmen eines zum nächstmöglichen Zeitpunkt begonnenen berufsbegleitenden Studiums handelt es sich noch um einen Teil einer einheitlichen mehraktigen Erstausbildung, während der der Kindergeldanspruch nicht durch die nach dem ersten berufsqualifizierenden Abschluss parallel zum Studium ausgeübte Vollzeiterwerbstätigkeit ausgeschlossen wird.
- Der Tatbestand der Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG erfordert nicht, dass die Ausbildungsmaßnahme Zeit und Arbeitskraft des Kindes überwiegend in Anspruch nimmt (vgl. BFH-Urteil vom 08.09.2016 III R 27/15, BStBl II 2017, 278).
- Eine begleitende Vollzeiterwerbstätigkeit im erlernten Beruf zur Finanzierung des Studiums führt nicht zu einer Zäsur, die den notwendigen engen Zusammenhang zwischen beiden Ausbildungsabschnitten entfallen lässt (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 04.02.2016 III R 14/15, BStBl II 2016, 615).
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 32 Abs. 4 Sätze 2-3
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei einer mehraktigen Ausbildung des Kindes der nachfolgend angestrebte Berufsabschluss noch Teil der Erstausbildung i. S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes -EStG- ist.
Der Kläger ist Vater des am 1993 geborenen Sohnes A. Dieser legte am 13.01.2015 die Abschlussprüfung zum Kaufmann in Groß- und Außenhandel ab. Bereits zu Beginn der Ausbildung vereinbarte das Kind mit dem Arbeitgeber Fa. B, mit dessen finanzieller Unterstützung das Bachelorstudium Wirtschaftsrecht anzuschließen und nach dessen Erfolg in das Unternehmen einzutreten. Am Folgetag der bestandenen Abschlussprüfung meldete sich der Sohn bei der FOM, Hochschule für Ökonomie und Management, in () zum Studienbeginn 01.03.2015 an. Seither ist er dort mit dem Ziel Bachelor of Laws eingeschrieben; hierzu wendet er wöchentlich ca. 30 Stunden auf. Daneben ist er weiterhin bei der B mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt.
Mit Bescheid vom 02.12.2015 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für A mit Wirkung vom 01.02.2015 auf und forderte die Zahlungen für Februar bis Juli 2015 zurück (1.128 EUR). Das Kind habe seine Berufsausbildung am 13.01.2015 beendet und übe seitdem eine Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden aus, die eine schädliche Zäsur zwischen beiden Akten der Berufsausbildung begründe.
Am 18.07.2017 beantragte der Kläger die Nachzahlung des Kindergeldes rückwirkend ab Februar 2015 und Wiederaufnahme der laufenden Kindergeldzahlung bis voraussichtlich August 2018. Entsprechend den Gründen des Urteils des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 08.09.2016 III R 27/15, Bundessteuerblatt -BStBl- II 2017, 278, stehe die parallel ausgeübte Erwerbstätigkeit des Kindes der Annahme der fortdauernden Berufsausbildung nicht entgegen. Die Beklagte lehnte indes mit Bescheid vom 27.07.2017 die Kindergeldfestfestsetzung ab 01.02.2015 ab. Durch Aufhebung vom 02.12.2015 sei der Zeitraum Februar bis Dezember 2015 verfahrensrechtlich bereits abschließend geregelt. Im Folgezeitraum sei die für den folgenden Ausbildungsabschnitt erforderliche Berufstätigkeit schädlich (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.2016 III R 14/15, BStBl II 2016, 615).
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 01.03.2018) verfolgt der Kläger sein Begehren mit der Klage weiter. Es bestehe ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen der Ausbildung und dem Studium seines Sohnes als Teil einer mehraktigen Ausbildung, die das Kind - trotz bzw. neben der von der FOM für die Studierenden zwecks sozialer Absicherung vorgeschriebenen Berufstätigkeit - ernsthaft und nachhaltig betreibe. Das von ihm angeführte BFH-Urteil sei jünger als die von der Beklagten herangezogene Entscheidung.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 27.07.2017 und der Einspruchsentscheidung vom 01.03.2018 zu verpflichten, Kindergeld für A ab 01.02.2015 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Kindergeldvorgänge Bezug genommen.
Der Senat entscheidet im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -FGO.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist überwiegend begründet.
Die Klage hat keinen Erfolg, soweit der Zeitraum von Februar 2015 bis Dezember 2015 betroffen ist. Insoweit die Kindergeldfestsetzung bereits bestandskräftig abgelehnt. Der (nach Monaten teilbare, vgl. § 66 Abs. 2 EStG) Aufhebungsbescheid der Bekla...