Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit notariell beurkundetem Testament vom 29. Juli 1977 setzte die Erblasserin ihren Neffen und ihre Nichte zu ihren Erben ein. Unter III. dieses notariell beurkundeten Testaments vermachte die Erblasserin der Klägerin und ihrem Ehemann das Recht, ihr Hausgrundstück in, nach ihrem Tode zu einem „Herauszahlungsbetrag” von 35.000,– DM zu übernehmen.
Dieser „Herauszahlungsbetrag” sollte innerhalb eines halben Jahres nach rechtswirksamen Abschluß eines Übernahmevertrages zahlbar sein und ihren Erben zustehen. Die Erblasserin verstarb am 16. Januar 1993. Die Erben der Erblasserin schlossen mit der Klägerin und ihrem Ehemann am 1. Juni 1993 einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über das zum Nachlaß gehörende Hausgrundstück in ab. Hiermit verkauften die Erben der Klägerin und ihrem Ehemann das Hausgrundstück in, dessen Einheitswert am Todestag der Erblasserin 7.600,– DM betrug, zu einem Kaufpreis von insgesamt 35.000,– DM.
Das Finanzamt, dessen Zuständigkeit im Laufe des vorliegenden Klageverfahrens auf das beklagte Finanzamt übergegangen ist, stellte sich auf den Standpunkt, daß das der Klägerin vermachte Erwerbsrecht mit dem Verkehrswert des Hausgrundstücks abzüglich der erbrachten Gegenleistung anzusetzen sei. Demgegenüber machte die Klägerin mit Schreiben vom 28. April 1995 geltend, der Besteuerung könne nicht der Verkehrswert des Hausgrundstücks von etwa 100.000,– DM zugrundegelegt werden. Vielmehr sei insoweit der Einheitswert des Hausgrundstücks anzusetzen.
Dem folgte das Finanzamt nicht und setzte gegen die Klägerin mit Erbschaftsteuerbescheid vom 9. Mai 1995 5.900,– DM Erbschaftsteuer fest. Dabei ging es von einem Erwerb der Klägerin von Todes wegen von 32.500,– DM aus, indem es den Verkehrswert des Hausgrundstücks von 100.000,– DM abzüglich des gezahlten Kaufpreisees von 35.000,– DM (= 65.000,– DM) zu ½ als Erwerb der Klägerin ansetzte. Wegen der Einzelheiten der Steuerberechnung wird auf den Erbschaftsteuerbescheid vom 9. Mai 1995 Bezug genommen.
Gegen diesen Erbschaftsteuerbescheid legte die Klägerin am 19. Mai 1995 Einspruch ein, mit dem sie im wesentlichen vorbrachte: Nach dem Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 12. November 1981 – IV (X) 351/78 Erb – sei nicht der Verkehrswert, sondern der Einheitswert des Hausgrundstücks der Besteuerung zugrundezulegen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 1995 wies das Finanzamt den Einspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Vorliegend sei von einem Kaufrechtsvermächtnis auszugehen. Gegenstand des Erwerbs bei einem solchen Kaufrechtsvermächtnis sei nicht ein Anspruch auf Übereignung eines Grundstücks, sondern ein Erwerbsrecht, dessen Ausübung erst den Übereignungsanspruch und die Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung entstehen lasse. Dieses Erwerbsrecht sei mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Der gemeine Wert bestehe in dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Verkehrswert des Grundstücks und der erbrachten Gegenleistung.
Die Klägerin hat am 4. August 1995 Klage erhoben, mit der sie im wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend weist sie auf die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 22. September 1993 – II B 92/93 – und vom 13. April 1994 – II B 173/93 – hin.
Die Klägerin beantragt,
den Erbschaftsteuerbescheid des Finanzamtes vom 9. Mai 1995 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 1995 aufzuheben, soweit damit mehr als 20,– DM Erbschaftsteuer festgesetzt worden ist.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es im wesentlichen vor: Nach § 12 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1991 (BGBl. I, 468), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 9. November 1992 (BGBl. I, 1853) (ErbStG), richte sich die Bewertung des der Klägerin vermachten Erwerbsrechts nach den Vorschriften des ersten Teils des Bewertungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Februar 1991 (BGBl. I, 230), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 9. November 1992 (BGBl. I, 1853) (BewG). Da für ein Kaufrechtsvermächtnis grundsätzlich kein Einheitswert festgestellt werde, sei dieses nach § 9 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung über die Klage erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Der Erbschaftsteuerbescheid des Finanzamtes vom 9. Mai 1995 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 1995 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO)).
Das Finanzamt hat den nach den §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerpflichtigen Erwerb von Todes wegen der Klägerin zu Recht mit dem anteiligen Verkehrswert des Hausgrundstücks abzüglich des anteiligen...