Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit dem Abgeltungssteuersatz: Gleichbehandlung mit Einkünften aus Kapitalvermögen – Verfassungsmäßigkeit der Differenzierung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet es nicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in gleicher Weise wie Einkünfte aus Kapitalvermögen dem Abgeltungssteuersatz zu unterwerfen.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 5, 5b, §§ 32 a, 32 d; GG Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2017, 2018

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 08.08.2023; Aktenzeichen IX B 117/22)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung mit dem Abgeltungssteuersatz des § 32 d des Einkommensteuergesetzes - EStG - zu besteuern sind.

Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In den Streitjahren 2017 und 2018 erzielten sie u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Nach Abgabe der Einkommensteuerklärungen 2017 und 2018 setzte der Beklagte die Steuer jeweils auf…€ (2017) und…€ (2018) fest. Er unterwarf dabei die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dem Einkommensteuertarif des § 32 a EStG.

Dagegen haben die Kläger Einspruch eingelegt mit dem Begehren, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wie Kapitaleinkünfte zu behandeln und den Abgeltungssteuersatz des § 32 d EStG anzuwenden.

Der Beklagte wies den Einspruch zurück, weil die Steuerfestsetzung nach seiner Ansicht den gültigen gesetzlichen Bestimmungen entsprach.

Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Zur Begründung führen sie aus, dass sie sich erneut - wie dem Senat aus dem Verfahren 11 K 416/18 E bekannt sei - gegen die Versteuerung der Mieteinkünfte wendeten, die mit dem normalen Steuersatz und damit höher versteuert würden, als Kapitaleinkünfte, die nach § 32 d EStG einem niedrigen Steuersatz unterlägen. Durch die unterschiedliche Besteuerung seien sie beschwert. Mit den angegriffenen Bescheiden seien ihre positiven Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung für das Jahr 2017 von zusammen…€ und für das Jahr 2018 von zusammen…€ mit dem normalen Steuersatz versteuert worden. Bei Anwendung des § 32 d EStG hätten sie für diese Mieteinnahmen bei einem Steuersatz von 25 % jedoch für 2017 nur…€ und für 2018 nur…€ auf den Differenzbetrag zur Einkommensteuer gezahlt.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuerbescheide vom 15.04.2019 für das Jahr 2017 und vom 09.03.2020 für das Jahr 2018 insoweit aufzuheben, als die positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von…€ für das Jahr 2017 und in Höhe von…€ für das Jahr 2018 dem regulären Steuersatz unterworden worden sind und den Beklagten zu verpflichten, eine Neuberechnung nach dem Abgeltungssteuersatz des § 32 d EStG durchzuführen.

Der Beklagte, der an seiner Ansicht festhält, beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Steuerakten des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Einkünfte der Kläger aus Vermietung und Verpachtung dem Abgeltungssteuersatz des § 32 d EStG zu unterwerfen.

Ihr Begehren scheitert bereits an dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, wonach ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen dem gesonderten Steuertarif unterliegen.

Eine wortlautübergreifende Anwendung dieser Norm kommt nicht in Betracht. Es fehlt schon an den Voraussetzungen einer analogen Anwendung. Die hierfür erforderliche planwidrige Lücke ist nicht gegeben. Der Gesetzgeber hat für die sechs anderen Einkunftsarten des § 2 Abs. 2 Satz 1 EStG eine abweichende Besteuerung bestimmt. Sie folgt aus §§ 2 Abs. 5, 32 a EStG, die die Anwendung der tariflichen Einkommensteuer vorsehen. Lediglich die Kapitalerträge sind nach §§ 2 Abs. 5 b, 32 d EStG hiervon ausgenommen. Eine anderweitige Wertung würde infolgedessen dem eindeutigen, im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen.

Auch eine abweichende Steuerfestsetzung gemäß § 163 der Abgabenordnung - AO - wegen sachlicher Unbilligkeit ist ausgeschlossen. Denn die Besteuerung der klägerischen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung führt nicht - wie erforderlich - zu einem vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis.

Die unterschiedlichen Tarife für die Einkünfte aus Kapitalvermögen und die übrigen Einkunftsarten verletzen die Kläger auch ansonsten nicht in ihren Rechten. Insbesondere verstößt die streitbefangene Besteuerung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes - GG -.

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Kläger durch die unterschiedlichen Tarife überhaupt benachteiligt werden. Eine „Gleichbehandlung“ der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit den Einkünften aus Kapitalvermögen erschöpft sich nicht in einer Anwendung des Abgeltungssteuersatzes von 25 % nach § 32 d EStG, denn diese Regelung ...

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