vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenz einer Personengesellschaft: Einkommensteuer aus Gewinnanteil des beschränkt haftenden Kommanditisten als Masseverbindlichkeit – Erhöhung der Leistungsfähigkeit durch Haftungsminderung
Leitsatz (redaktionell)
- Die Einkommensteuer aus dem Gewinnanteil eines beschränkt haftenden Kommanditisten ist auch dann keine gegenüber dem Insolvenzverwalter der KG festzusetzende Masseverbindlichkeit des Gesamthandsvermögens der Mitunternehmerschaft, wenn der Kommanditist seine Hafteinlage voll erbracht hat und ihm die zur Befriedigung der Gläubiger verwendeten Gewinne daher nicht mit der Wirkung der Erhöhung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit haftungsmindernd zugute kommen.
- Soweit ein beschränkt haftender Kommanditist in der Vergangenheit auf der Ebene der Personengesellschaft einkommensteuerrechtlich zu berücksichtige Verluste erzielt hat, die den Gewinnanteil auf der Ebene der insolventen Personengesellschaft übersteigen, kommt eine um diesen Gewinnanteil geminderte abweichende Festsetzung seiner Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen nicht in Betracht.
Normenkette
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; HGB § 171 Abs. 1 2. Halbsatz; AO § 163 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Einkommensteuer, die aus einem Gewinnanteil einer sich in Insolvenz befindlichen Personengesellschaft herrührt, gegenüber dem Kläger oder gegenüber dem Insolvenzverwalter der Personengesellschaft als Masseverbindlichkeit festzusetzen ist, bzw. ob eine abweichende Festsetzung der Steuern aus Billigkeitsgründen zu erfolgen hat.
Der Kläger war im Streitjahr 2012 an der B-KG (nachfolgend KG), als Kommanditist beteiligt. Seine Hafteinlage i.H.v. 279.097 EUR hat er vollständig erbracht. Über das Vermögen der KG wurde am 13.11.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet, der Kläger selbst ist nicht insolvenzbehaftet.
Nachdem der für die KG ebenfalls zuständige Beklagte die auf den Kläger entfallenden Einkünfte zunächst mit 0,00 EUR festgestellt hatte, erließ der Beklagte am 21.12.2016 aufgrund einer Außenprüfung einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes -EStG-, in dem er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der KG i.H.v. insgesamt 587.179,06 EUR feststellte; die Einkünfte stammten aus der Verwertung von Immobilien der KG durch den Insolvenzverwalter. Nach Anwendung des § 15a EStG entfielen hiervon auf den Kläger laufende Einkünfte i.H.v. 58.229,05 EUR. Es erfolgte eine Einzelbekanntgabe an den Kläger nach § 183 Abs. 2 der Abgabenordnung -AO-. Die im Feststellungsbescheid anteilig auf den Kläger entfallenden Einkünfte berücksichtigte der Beklagte im nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid des Klägers vom 17.1.2017.
Im dagegen erhobenen Einspruch machte der Kläger geltend, dass es sich bei der Steuerfestsetzung gegenüber dem Kläger um eine Masseverbindlichkeit nach § 55 der Insolvenzordnung -InsO- handele, die durch Steuerbescheid gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen und von diesem aus der Insolvenzmasse zu befriedigen sei. Laut Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 1.6.2016 X R 26/14 stellten Einkommensteuerschulden, die aus der Verwaltung eines zur Masse gehörenden Gesellschaftsanteils entstünden, Masseverbindlichkeiten dar. Die Zurechnung zu den Masseverbindlichkeiten ergebe sich auch aus Nr. 6.1 zu § 251 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung -AEAO-, wonach zu den Masseverbindlichkeiten insbesondere die Einkommensteuer, die sich auf Einkünfte aus der Verwaltung oder der Verwertung der Masse gründe, zähle.
Neben dem Einspruch beantragte der Kläger mit Schreiben vom 17.3.2017 ersatzweise, die Einkommensteuerfestsetzung 2012 in bestrittener Höhe nach § 163 AO abweichend festzusetzen oder höchst ersatzweise nach § 227 AO wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen. Durch die Handlungen des Insolvenzverwalters und die Zurechnung des Gewinnanteils erlange der Kläger keine Erhöhung seiner Leistungsfähigkeit, da der Gewinn wirtschaftlich nicht ihm, sondern der Gesellschaft zugutekomme. Dies beruhe darauf, dass die KG nicht Schuldnerin der Einkommensteuer sei, was zu einem Verstoß gegen das steuerliche Nettoprinzip führe, weil der Kläger Gewinne zu versteuern habe, die er in tatsächlicher Hinsicht nicht erziele.
Mit Einspruchsentscheidung vom 12.5.2017 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und begründete dies damit, dass es sich bei der Einkommensteuerschuld um Eigenschulden des Klägers handele. Der Insolvenzverwalter verwalte, verwerte und verteile die Insolvenzmasse, die vorliegend aus den zum Betriebsvermögen der KG gehörenden Aktiva und Passiva bestehe, nicht jedoch die im Privatvermögen gehaltene Beteiligung des Klägers, die nicht Teil der Insolvenzmasse der KG sei. Der Insolvenzverwalter sei daher nur hinsichtlich der Umsatzsteu...