rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Begriff des steuerbegünstigten „Verheizens” i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 1 MinöStG
Leitsatz (redaktionell)
Die Verwendung von Mineralöl zum Betrieb von Zünd- und Stützbrennern einer Müllverbrennungsanlage ist als nicht steuerbegünstigter Heizstoffverbrauch einzuordnen, da hierbei i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 RL 92/81 EWG thermische Energie erzeugt wird.
Normenkette
MinöStG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 13 Abs. 2; RL 92/81 EWG Art. 2 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2001, 2002
Tatbestand
Die Klägerin betreibt u.a. eine Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage (MKVA).
Auf Antrag der Klägerin hatte ihr der Beklagte mit Zulassung vom 29.09.1997 die steuerfreie Verwendung von Gasöl in der MKVA bewilligt.
Die MKVA verfügt über vier Feuerräume mit mehreren Zünd- oder Stützbrennern. Die Stützbrenner befinden sich oben in den Feuerungsräumen am Eingang des ersten Rauchgasabzugs. Die Zündbrenner sind unten in den Feuerräumen angebracht.
Die Brenner haben die Aufgabe,
- den Feuerraum beim Anfahren aus dem kalten Betriebszustand (z.B. nach Reinigungs- oder Wartungsarbeiten oder Revisionen) zu trocknen und vorzuwärmen, bis die für eine ordnungsgemäße Verbrennung notwendige Betriebstemperatur erreicht ist,
- den Müll zu entzünden, um auch bei Abfall mit geringerem Heizwert einen ausreichenden Ausbrand zu sichern,
- die für die Verbrennung vorgeschriebene Mindesttemperatur von 850°C im Verbrennungsraum sicherzustellen und
- bei Störungen oder beim Abfahren der Anlage die Mindesttemperatur so lange aufrechtzuerhalten, bis sich keine Abfälle mehr im Feuerraum befinden.
Erst nach Erreichen der gesetzlich vorgeschriebenen Betriebstemperatur werden die Feuerräume mit Abfall beschickt.
Die Klägerin verwendete zum Betrieb der Brenner steuerfreies Heizöl.
Auf Anordnung des Beklagten vom 24.07.2002 begann am 25.09.2002 bei der Klägerin durch das Sachgebiet Prüfungsdienste des Beklagten eine Außenprüfung hinsichtlich der Mineralölsteuer und der Stromsteuer für den Zeitraum vom 01.01.2001 bis zum 30.06.2002. In dem die Prüfung abschließenden Bericht vom 13.01.2003, AB Nr. 20020503 - D 4.4, wurde u.a. der o.a. Sachverhalt festgestellt (Tz. 3.7.5 - Stützbrenner der Feuerräume).
Dabei vertrat der Prüfungsbeamte die Auffassung, der Gasöleinsatz in den Anfahrphasen und den Testläufen der in den Feuerräumen befindlichen Brenner stelle ein Verheizen nach § 3 Abs. 2 Nr.1 des Mineralölsteuergesetzes - MinöStG - dar, für das im Jahr 2001 69.104.28 DM und im ersten Halbjahr 2002 13.936,26 EUR Mineralölsteuer entstanden sei. Diese Steuer habe die Klägerin, die sonst monatlich Mineralölsteueranmeldungen abgegeben habe, nicht angemeldet.
Die Klägerin nahm zum Prüfungsbericht wie folgt Stellung: Das Anfahren, die Testläufe und das Abfahren der Stützbrenner für die Feuerräume sei ein einheitlicher Verwendungsvorgang, ohne den der Hauptzweck, die Müllverbrennung, nicht erreicht werden könne. Dies ergebe sich auch aus der ihr erteilten Betriebsgenehmigung, zumal die Betriebstemperatur von 850°C vor und während der Aufgabe des Abfalls zwingend einzuhalten sei. Auch diene das Anfahren und das damit notwendige Aufheizen als thermische Behandlung der aus dem Müllbunker angesaugten Kühlluft. Die Absaugung und Verbrennung dieser Luft diene dem Schutz vor riechenden, aromatischen und brennbaren Gasen, die bei der Lagerung und Kompostierung im Bunker entstünden. Auch dies sei in ihrer Betriebsgenehmigung vorgeschrieben.
Nach Sinn und Zweck des MinöStG sei der Mineralöleinsatz bei der Umwandlung von Stoffen steuerlich begünstigt. Bei der MKVA gehe es nicht um eine Wärmeübertragung auf einen anderen Stoff, sondern um eine Wärmegewinnung zur Umwandlung der zugeführten Abfälle. Eine Unterscheidung zwischen Anfahren, Verbrennen und Abfahren sei im Sinne der Steuerbegünstigung nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG nicht geboten. Wenn die Müllverbrennung ein anderer begünstigter Zweck sei, könne dabei nicht zwischen Vorbereitungshandlungen und der Müllverbrennung unterschieden werden.
Der Beklagte folgte, nachdem er die Oberfinanzdirektion um Weisung gebeten hatte, den Ausführungen des Prüfungsbeamten und erhob von der Klägerin, bezugnehmend auf die o.a. Ausführungen im Prüfungsbericht, mit Bescheid vom 24.04.2003 insgesamt 54.894,83 EUR Mineralölsteuer.
Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein, wobei sie die Argumentation aus ihren Stellungnahmen zum Prüfungsbericht wiederholte. Ergänzend führte sie aus, auf § 17 Abs. 11 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung - MinöStV - komme es nicht an, da es hier nicht um die gleichzeitige Verwendung von Mineralöl für einen begünstigten und einen nichtbegünstigten Zweck, sondern um die einheitliche Gewährung einer Steuervergünstigung gehe.
Mit Einspruchsentscheidung vom 17.06.2003 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück, da nur die Verbrennung des Abfalls, bei der dessen stoffliche Beschaffenheit durch Einwirkung der Gasölflammen verändert werde, nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG steuerbeg...