Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Einordnung einer Verwendung von Erdgas (Mineralöl) in einem Spaltluftvorwärmer einer Schwefelsäure-Kontaktanlage als ein nicht steuerfreies Verheizen im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b MinöStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Unternehmen , das bei der Herstellung von Acrylglas anfallende Abfallsäure sowie weitere Reststoffe aus anderen Betriebsabteilungen unter direkter Befeuerung mit Erdgas in dem Spaltofen einer Schwefelsäure-Kontaktanlage aufarbeitet und zur Leistungssteigerung der Anlage die für die Verbrennung und Spaltung erforderliche Luft zuvor in einem Spaltluftvorwärmer unter Einsatz eines Erdgasbrenners erhitzt, verwendet das zum Betrieb des Spaltluftvorwärmers eingesetzte Erdgas zum nicht von der Mineralölsteuer befreiten Verheizen i. S. v. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b MinöStG.
  2. Eine steuerbegünstigte Verwendung kann nur dann angenommen werden, wenn das Verbrennen des Erdgases mit der Umwandlung bzw. Vernichtung des die Wärmeenergie aufnehmenden Stoffes in einem einheitlichen Vorgang zusammenfällt.
  3. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 11 Satz 1 MinöStV für die konkurrierende Verwendung von Mineralöl (Erdgas) zu steuerschädlichen Nebenzwecken von untergeordneter Bedeutung ist nicht anwendbar, wenn die jeweiligen Einsatzmengen von vornherein bestimmbar und berechenbar sind.
 

Normenkette

MinöStG § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b, § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 4; MinöStV § 17 Abs. 11 S. 1

 

Streitjahr(e)

1994, 1995, 1996, 1997

 

Tatbestand

Die Klägerin stellt in ihrem Werk in A Acrylglas her. Bei der Herstellung des Acrylglases fällt Abfallsäure an, die wieder aufzuarbeiten bzw. zu vernichten ist. Hierfür setzt die Klägerin eine Schwefelsäure-Kontaktanlage ein. In dieser werden in einem Spaltofen unter direkter Befeuerung mit Erdgas die Abfallsäure und andere Abgase aus den Betriebsanlagen bei einer Temperatur von etwa 1.000° C in Stickstoff, Wasser und Schwefeldioxid gespalten; die anfallenden Abgase werden verbrannt. Die für die Verbrennung und Spaltung erforderliche Luft wird zuvor in einem Spaltluftvorwärmer auf etwa 450° C erhitzt. Dafür wird in dem Spaltluftvorwärmer ein Erdgasbrenner eingesetzt. Die in dem Spaltluftvorwärmer auf 450° C vorgewärmte Luft wird in den Spaltofen geleitet, wo sie auf die wiederaufzuarbeitenden bzw. zu entsorgenden Produktionsreststoffe trifft. Neben der Abfallsäure und den Abgasen aus der Acrylglasproduktion werden in dem Spaltofen weitere schwefelhaltige gasförmige und flüssige Reststoffe aus anderen Betriebsabteilungen wiederaufarbeitet bzw. verbrannt. Die in dem über 1.000° C heißen schwefeldioxidhaltigen Reaktionsgas im Spaltofen enthaltene Wärmeenergie wird in einem Abhitzekessel auf etwa 350° C abgekühlt. Der dabei entstehende Dampf wird genutzt. In weiteren Bearbeitungsschritten wird aus Schwefeldioxid wieder Schwefelsäure gewonnen. Diese Schwefelsäure wird erneut für die Acrylglasherstellung verwendet.

Mit Schreiben vom 28. März 1994 beantragte die Klägerin erstmals beim beklagten Hauptzollamt, ihr für die Verwendung von Erdgas in der Schwefelsäure-Kontaktanlage in ihrem Werk in A eine „Befreiung von der Mineralölsteuer” zu erteilen. Mit Schreiben vom 8. Februar 1996 beantragte die Klägerin alsdann, ihr insgesamt…DM Mineralölsteuer zu vergüten. Dazu machte sie geltend, sie habe in dem Zeitraum vom April 1994 bis zum Dezember 1995 in ihrer Schwefelsäure-Kontaktanlage insgesamt…KWh Erdgas verwendet. Die Klägerin fügte ihrem Antrag eine Aufstellung über die in der Schwefelsäure-Kontaktanlage eingesetzten Erdgasmengen bei, aus der sich ergibt, dass sie in dem Zeitraum vom April 1994 bis zum August 1997 insgesamt…KWh Erdgas in ihrem Spaltofen verwendet hatte. Ferner ergibt sich aus dieser Aufstellung, dass die Klägerin in dem Zeitraum vom April 1994 bis zum August 1997 in dem Spaltluftvorwärmer insgesamt…KWh Erdgas verwendet hatte. Die Klägerin berechnete für die Verwendung des Erdgases in dem Spaltluftvorwärmer einen Vergütungsanspruch von…DM.

Das Hauptzollamt für Prüfungen B führte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Dabei kam es in seinem Prüfungsbericht vom 10. April 1997 zu dem Ergebnis, dass das Erdgas in dem Spaltluftvorwärmer der Schwefelsäure-Kontaktanlage der Klägerin zum Verheizen im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b des Mineralölsteuergesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2185) (MinöStG) verwendet worden sei. Der Erdgasverbrauch der Klägerin für die Schwefelsäure-Kontaktanlage sei für den Zeitraum vom 1. Oktober 1995 bis zum 31. Dezember 1996 zu 80,99 v.H. auf den Spaltofen und zu 19,01 v.H. auf den Spaltluftvorwärmer entfallen.

Das beklagte Hauptzollamt vergütete der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 6. Mai 1997 für das von ihr für den Spaltofen ihrer Schwefelsäure-Kontaktanlage in dem Zeitraum vom 1. April 1994 bis zum 31. März 1997 verwendete Erdgas…DM Mineralölsteuer. Hinsichtlich des von der Klägerin für den Spaltluftvorwärmer verwendeten Erdgases sah das beklagte Hauptzollamt von einer Vergütung von Mineralöls...

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