Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebäudewertanteil eines Mietwohngrundstücks im Privatvermögen
Leitsatz (redaktionell)
- Die Aufteilung der Gesamtanschaffungskosten auf Grund und Boden und Gebäude eines Mietwohngrundstücks im Privatvermögen ist vorrangig anhand der im Sachwertverfahren ermittelten Verkehrswerte vorzunehmen, wenn dies nicht in besonders gelagerten Fällen zu unangemessenen Ergebnissen führt (vgl. BFH-Urteil vom 29.5.2008 IX R 36/06, BFH/NV 2008, 1668 m.w.N.).
- Das Verhältnis der Verkehrswerte ist anhand der nicht marktangepassten Sachwerte zu ermitteln.
- Die Anwendung des Sachwertverfahrens führt - ungeachtet wesentlicher Abweichungen bei einer Aufteilung im Ertragswertverfahren - nicht deshalb zu einem unangemessenen Ergebnis, weil der Verkehrswert des bebauten Grundstücks über dem Substanzwert des Gebäudes und des (fiktiv) unbebauten Grundstücks liegt und deshalb ein außergewöhnlich hoher Marktanpassungsfaktor angewendet werden muss, um diesen Verkehrswert zu bestimmen.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4, § 21 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 28.10.2016; Aktenzeichen IX B 37/16) |
Tatbestand
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Die Klägerin ist Eigentümerin des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks A in B. Dieses Grundstück hatte sie mit notariellem Kaufvertrag vom 18.4.2008 (mit Wirkung zum 1.9.2008) für einen Kaufpreis von 1.780.000 € angeschafft. Das Objekt verfügte über eine Grundfläche von ca. 512 m2 und eine wohnwertabhängige Wohnfläche von ca. 458 m2, die sich auf vier - allesamt vermietete - Wohnungen verteilte. Einschließlich der Nebenkosten beliefen sich die Gesamtanschaffungskosten für das Grundstück auf 1.855.707,70 €. In den Jahren 2008 und 2009 führten die Kläger Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten an dem Gebäude durch. Die insoweit erklärten Aufwendungen beliefen sich auf 116.277 € (2008) und 138.589 € (2009).
In Zusammenhang mit der Einkommensteuererklärung für 2008 errechneten die Kläger für das Grundstück A einen Anteil des Grund und Bodens an den Gesamtanschaffungskosten in Höhe von 18,9525% (= 351.703 €) und einen Gebäudeanteil von 81.0475% (= 1.504.005 €). Die für die Instandsetzung, Modernisierung und Erhaltung in 2008 und 2009 angefallenen Aufwendungen machten die Kläger in voller Höhe in den Einkommensteuererklärungen für 2008 und 2009 als Werbungskosten geltend. Das FA folgte diesen Erklärungen und veranlagte die Kläger unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung.
In der Einkommensteuererklärung für 2010 erklärte die Klägerin aus dem betreffenden Objekt einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 203.852 €. U.a. machte sie bei den Werbungskosten eine AfA in Höhe von 38.192 € geltend.
Im Rahmen der Veranlagung für 2010 schaltete das FA den Bausachverständigen (künftig BSV) ein, um eine Berechnung der Aufteilung der Anschaffungskosten für das Grundstück vorzunehmen. Der BSV ermittelte einen Gebäudeanteil an den Gesamtanschaffungskosten von 58%. Ausgehend hiervon errechnete die Sachbearbeiterin im Veranlagungsbezirk eine Gebäude-AfA von 26.907 €. Im Einkommensteuererstbescheid für 2010 vom 1.6.2012 legte sie daher für das betreffende Objekt lediglich einen Werbungskostenüberschuss von 193.158 € zugrunde.
Dagegen legten die Kläger Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass das vom FA angewendete Sachwertverfahren zu völlig unzutreffenden Ergebnissen führe. Die Aufteilung könne allein anhand der im Ertragswertverfahren ermittelten Verkehrswerte erfolgen.
Am 31.8.2012 und am 1.3.2013 erließ das FA geänderte Einkommensteuerbescheide in hier nicht relevanten Streitpunkten.
Mit Einspruchsentscheidung vom 10.4.2013 setzte das FA die Einkommensteuer auf 18.704 € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Zugleich hob es den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Zur Begründung verwies das FA darauf, dass die Auffassung der Kläger, dass das Ertragswertverfahren anzuwenden sei, unzutreffend sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Mietwohngrundstücken im Privatvermögen sei grds. eine Kaufpreisaufteilung im Sachwertverfahren angebracht (Hinweis auf BFH-Urteil vom 29.5.2008 IX R 36/06). Im Übrigen hätten die Kläger auch nicht dargelegt, wie sie den von Ihnen angegebenen Gebäudewertanteil von 81,0475% der Gesamtanschaffungskosten ermittelt hätten. Der vorgelegten Berechnung lasse sich schon nicht entnehmen, dass sie überhaupt das Ertragswertverfahren angewendet hätten. Vielmehr lasse die Berechnung die Schlussfolgerung zu, dass die Kläger auf die - nach der BFH-Rechtsprechung unzulässige - Restwertmethode zurückgegriffen hätten. Die in 2008 und 2009 angefallenen Aufwendungen seien in diesen Veranlagungszeiträumen nicht als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen abziehbar, sondern stellten Herstellungskosten des Gebäudes dar. Es handele sich um anschaffungsnahe Herstellungskosten, da die 15%-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchstab. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) überschritten sei. Di...