vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Steuerberatungskosten – Verfassungsmäßigkeit der Abschaffung des Sonderausgabenabzugs ab 1.1.2006

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung stellen Kosten der privaten Lebensführung dar und sind nach Aufhebung der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG mit Wirkung zum 01.01.2006 nicht mehr als Sonderausgaben abzugsfähig.
  2. Voraussetzung für einen Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist, dass die Aufwendungen bei der Ermittlung der Einkünfte anfallen.
  3. Die Abschaffung des Sonderausgabenabzugs der privaten Steuerberatungskosten ist verfassungsgemäß. Es handelt sich insbesondere nicht um zwangsläufigen, pflichtbestimmten Aufwand.
  4. Nur wenn der Steuerpflichtige ohne die Geltendmachung seiner Rechte im Besteuerungsverfahren Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren, wird ein möglicher Abzug der Aufwendungen nach § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastungen in Betracht zu ziehen sein.
 

Normenkette

EStG 2005 § 10 Abs. 1 Nr. 6, § 12 Nr. 1, § 33 Abs. 1, § 52 Abs. 1 S. 1; AO §§ 80, 89; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2006

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.02.2011; Aktenzeichen X R 10/10)

BFH (Urteil vom 16.02.2011; Aktenzeichen X R 10/10)

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Versagung der Berücksichtigung ihrer privaten Steuerberatungskosten als Sonderausgaben im Jahr 2006.

Die Kläger sind verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 2006 erzielten sie Einkünfte aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und sonstige Einkünfte. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung machten sie die im Streitjahr angefallenen Steuerberatungskosten, soweit sie auf die Einkünfte entfielen, als Werbungskosten geltend. Im Rahmen ihres gegen den erklärungsgemäß erlassenen Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 16.4.2007 gerichteten Einspruchs begehrten sie sodann, die übrigen, nicht den Einkünften zuzuordnenden „privaten” Steuerberatungskosten iHv 460,31 EUR als Sonderausgaben zu berücksichtigen. Mit Einspruchsentscheidung vom 22.8.2007 wies das beklagte Finanzamt A-Stadt FA den Einspruch als unbegründet zurück, weil durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom 22.12.2005 (BGBl I 2005, 3682) mit Wirkung zum 1.1.2006 Steuerberatungskosten, soweit sie nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind, nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar sind.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger weiterhin die Berücksichtigung ihrer Steuerberatungskosten iHv 460,31 EUR als Sonderausgaben. Zur Begründung führen sie aus, dass die Abschaffung der Abziehbarkeit von Steuerberatungskosten einen Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip darstelle. Die Gesetzesänderung sei damit begründet worden, dass im Interesse der Rechtsvereinfachung, des Abbaus von Ausnahmetatbeständen und der Verbreitung der Bemessungsgrundlage § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG aF aufgehoben werde. Für den Steuerpflichtigen seien Steuerberatungskosten jedoch zwangsläufig, so dass diese auch abziehbar sein müssten. Zur näheren Begründung nehmen die Kläger Bezug auf die Aufsätze von Drenseck in DB Beilage 2/2007, 3 und Tipke in BB 2009, 636.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 16.4.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.8.2007, zuletzt geändert durch Bescheid vom 3.8.2009, dahingehend zu ändern, dass Steuerberatungskosten iHv 460,31 EUR als Sonderausgaben berücksichtigt werden,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Steuerberatungskosten seien im Streitjahr 2006 zu Recht nicht als Sonderausgaben berücksichtigt worden, weil § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG aF mit Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom 22.12.2005 zum 1.1.2006 abgeschafft worden sei. Die Abschaffung sei auch nicht verfassungswidrig.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die dem Gericht übersandten Akten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Die im Verlauf des Klageverfahrens erfolgte Aufnahme eines Vorläufigkeitsvermerks bezüglich der Nichtabziehbarkeit von Steuerberatungskosten als Sonderausgaben lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen (vgl. BFH, Urteil vom 17. Dezember 2003 XI R 4/03, juris).

Die Klage ist aber unbegründet. Die geltend gemachten Steuerberatungskosten wurden mit Einkommensteuerbescheid 2006 zu Recht nicht als Sonderausgaben berücksichtigt.

Die geltend gemachten Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärung 2006 sind als Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG, wonach Steuerberatungskosten, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind, als Sonderausgaben abzugsfähig sind, ist durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm vom 22.1...

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