Entscheidungsstichwort (Thema)
Pauschalierter Zinssatz von 6 Prozent zur Berechnung des Hinzurechnungsbetrags verfassungsmäßig
Leitsatz (redaktionell)
- Der Ansatz des Hinzurechnungsbetrages muss auch vorgenommen werden, wenn im Jahr der Veranlagung keine Überentnahmen getätigt wurden, sondern sich diese nur aufgrund von Überentnahmen aus den Vorjahren ergeben.
- Gegen die Regelung des § 4 Abs. 4 a EStG in der für das Jahr 2001 geltenden Fassung bestehen jedenfalls dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Steuerpflichtige zum Stichtag 31.12.1998 über kein aufgrund von Unterentnahmen angesammeltes Eigenkapital verfügte, das in den Veranlagungszeiträumen ab 1999 zu einer Minderung des Hinzurechnungsbetrages führen konnte.
- Auch die mit 6 % angesetzte Typisierung der Zinshöhe hält sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4 a, § 52 Abs. 11 S. 2; GG Art. 3, 14
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte im Veranlagungszeitraum 2001 zu Recht gemäß § 4 Abs. 4 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) Schuldzinsen wegen Überentnahmen den Einkünften hinzugerechnet hat.
Der Kläger erzielt Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit als Steuerberater.
Mit Aufnahme der freiberuflichen Tätigkeit im Jahr 1990 ermittelte der Kläger seinen Gewinn zunächst im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Seit 1996 wird der Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt.
Zum 31. Dezember 1998 betrug der Stand des Kapitalkontos ./. 1.039.780,05 DM. Aus den Jahresabschlüssen lässt sich entnehmen, dass mit Ausnahme der Jahre 1996 und 1997 mit Verlusten in Höhe von rund 55.000 DM und 109.000 DM regelmäßig Gewinne erzielt wurden.
In den Veranlagungszeiträumen 1999 bis 2001 erwirtschaftete der Kläger folgende Gewinne und tätigte folgende Einlagen sowie Entnahmen:
Veranlagungszeitraum |
Einlagen |
Entnahmen |
Gewinn |
1999 |
10.390 DM |
154.942 DM |
90.509 DM |
2000 |
7.237 DM |
168.323 DM |
128.482 DM |
2001 |
9.797 DM |
169.507 DM |
164.468 DM |
Im Streitjahr 2001 betrugen die betrieblichen, nicht auf Investitionsdarlehen entfallenden Schuldzinsen 74.111 DM. Auf Grund der seit 1999 erzielten Gewinne sowie getätigten Einlagen und Entnahmen ermittelte der Beklagte für das Streitjahr eine Überentnahme i. S. d. § 4 Abs. 4 a EStG i. H. v. 86.653 DM. Bei dieser Berechnung ging der Beklagte ausweislich der in der Bilanzakte abgehefteten Berechnungsbögen für das Jahr 2000 von einem steuerlichen Gewinn i. H. v. 128.247 DM und für das Jahr 2001 von einem steuerlichen Gewinn i. H. v. 160.039 DM aus. Für das Jahr 2001 ergab sich nach dieser Berechnung eine Unterentnahme i. H. v. 329 DM. Zuzüglich der aus dem Vorjahr verbleibenden Überentnahme i. H. v. 86.982 DM ergab sich ein im Streitjahr der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages zu Grunde zu legender Überentnahmebetrag i. H. v. 86.653 DM. Den Hinzurechnungsbetrag ermittelte der Beklagte mit 5.199 DM. Unter Hinzurechnung dieses Betrages legte der Beklagte mit Einkommensteuerbescheid vom 8. August 2003 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit des Klägers i. H. v. 169.667 DM der Steuerfestsetzung zu Grunde. Die Einkommensteuer wurde auf 28.128,72 € festgesetzt.
Der Kläger legte am 3. September 2003 Einspruch ein. Er vertrat die Auffassung, dass sich die von dem Beklagten vorgenommene Anwendung des § 4 Abs. 4 a EStG nicht mit dem Wortlaut der Vorschrift decke. Denn Satz 1 dieser Vorschrift besage, dass Schuldzinsen nach Maßgabe der Sätze 2 und 4 nicht abziehbar seien, wenn Überentnahmen getätigt worden seien. In Satz 2 enthalte die Vorschrift die entsprechende Begriffsbestimmung der Überentnahme. Eine Überentnahme liege daher nur vor, wenn die Summe des Gewinns und der Einlagen die Entnahmen des Wirtschaftsjahres überstiegen. Da im Wirtschaftsjahr 2001, wie sich aus der betragsmäßig zutreffenden Berechnung des Beklagten ergebe, keine Überentnahme, sondern eine Unterentnahme i. H. v. 329 DM getätigt worden sei, könne die Regelung des § 4 Abs. 4 a EStG bereits keine Anwendung finden. Satz 3 dieser Vorschrift knüpfe eindeutig an eine Überentnahme in dem betreffenden Wirtschaftsjahr an. Des Weiteren sei die Vorschrift verfassungsmäßig bedenklich, da die Typisierung des Schuldzinsenabzuges gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikels 3 des Grundgesetzes (GG) verstoße. Das Bundesverfassungsgericht fordere bei derartigen Typisierungen, dass nur eine kleine Zahl betroffener Steuerpflichtiger benachteiligt werde und diese Benachteiligung im Einzelfall nicht sehr intensiv ausfalle. Die vom Gesetzgeber geregelte Hinzurechnung i. H. v. 6 % bedeute tatsächlich einen Zinsaufwand i. H. v. 12 %. Dies sei nicht abänderbar, weil grundsätzlich typisierend unterstellt werde, dass laufende Entnahmen zur Monatsmitte in gleichbleibender Höhe erfolgen würden. Aus diesem Grund seien die verfassungsrechtlichen Bedenken zum einen wegen der Höhe der typisierenden Regelung zum andere...