rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Gewinnrealisierung bei Grundstücksverkäufen unter der aufschiebenden Bedingung der Auszahlung öffentlicher Mittel
Leitsatz (redaktionell)
Kaufpreisforderungen aus durch die Bewilligung zinsverbilligter Wohnungsbaudarlehen aufschiebend bedingten Grundstücksveräußerungen führen nicht bereits im Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen und Lasten zur Gewinnrealisierung, da die Preisgefahr erst bei Wirksamkeit des Vertrages übergehen kann und die Forderungen aufgrund der vom Verkäufer nicht zu beherrschenden Darlehensbewilligung auch wirtschaftlich mit über das normale Gewährleistungs- und Ausfallrisiko hinausgehenden Unwägbarkeiten behaftet sind.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4; BGB § 446 S. 1; II. WoBauG § 33 Abs. 1, 3
Streitjahr(e)
1991
Tatbestand
I.
Die 1975 gegründete Klägerin, die ihren Gewinn nach handelsrechtlichen Grundsätzen durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte, errichtete aufgrund von Kaufverträgen auf ihr gehörenden Grundstücken Kaufeigenheime zur Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Die Käufer nahmen für die Objekte weit überwiegend eine steuerliche Förderung nach § 10 e des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Anspruch.
Ein Teil der Käufer kam den Einkommensverhältnissen nach für Förderungsmaßnahmen nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz (II. WoBauG) in Gestalt von zinsverbilligten öffentlichen Baudarlehen in Höhe von 25 bis 35 v. H. des Kaufpreises in Betracht. Die öffentliche Förderung des Objekts war in diesen Fällen Voraussetzung für eine wirtschaftlich tragbare Belastung des Käufers und damit für den Abschluss des Vertrags. Der Käufer beauftragte die Klägerin, die Fördermittel bei der Bewilligungsbehörde für ihn zu beantragen. Er benannte die Klägerin als Empfängerin der auszuzahlenden Mittel, durch die ein Teil des Kaufpreises getilgt werden sollte. Der Antrag war vor Bezug und spätestens bis zur Bezugsfertigkeit zu stellen. Die Bewilligung erfolgte, wenn die Voraussetzungen erfüllt waren, im darauf folgenden Jahr. Die Mittel wurden wiederum ein Jahr später ausgezahlt. Die Klägerin übernahm es, die Mittel vorzufinanzieren.
In dem im Streitjahr (1991) für den Abschluss der notariellen Kaufverträge verwendeten Vertragsmuster, das die Wohnungsbauförderungsanstalt gebilligt hatte, war vorgesehen, dass der Kaufpreis entsprechend dem Baufortschritt in Teilbeträgen zu zahlen war. Die Auflassung sollte erst erfolgen, nachdem die öffentlichen Mittel ausgezahlt waren. Um den Anspruch des Käufers auf Eigentumsübertragung zu sichern, bewilligte die Klägerin die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch. Das Objekt war dem Käufer nach Bezugsfertigkeit zur Nutzung zu übergeben und von ihm zu übernehmen. Er hatte ab dem Tag des Einzugs anstelle einer Nutzungsentschädigung die von der Klägerin geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen aus der Kaufpreisfinanzierung zu übernehmen. Der Käufer war zudem ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, die auf dem Grundstück lastenden Steuern und Grundbesitzabgaben zu tragen und die Prämien für die Gebäudeversicherung zu zahlen. Die Verkehrssicherungspflichten gingen ebenfalls mit dem Tag des Einzugs auf ihn über. Die Gewährleistung richtete sich nach Werkvertragsrecht. Ein Anspruch auf Wandlung wurde ausgeschlossen. Der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, dass die eingeplanten öffentlichen Mittel innerhalb von drei Jahren nach Vertragsabschluss ausgezahlt würden. Falls es nicht dazu kam, sollte der Vertrag nicht durchgeführt werden. Der Käufer verpflichtete sich, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um die Bewilligung und Auszahlung der Mittel zu erreichen. Der vorletzte und der letzte Teilbetrag des Kaufpreises waren erst „nach Wegfall” der aufschiebenden Bedingung zu zahlen. Anlass für diese aufschiebende Bedingung waren Regelungen in den Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1984 - WFB 1984 - (Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1984, 576). Nach Nr. 5.32 Satz 1 WFB 1984 durften notarielle Beurkundungen vertraglicher Abmachungen, die auf die Übertragung des Eigentums gerichtet waren und Verpflichtungen des Ersterwerbers begründeten, erst nach Erteilung des Bewilligungsbescheides erfolgen. Abweichend davon durften nach Nr. 5.33 Sätze 1 und 2 WFB 1984 dem Ersterwerber die beantragten Mittel bewilligt werden, wenn der Vertrag die Voraussetzungen der Nr. 5.35 erfüllte und einen Rücktrittsvorbehalt des Ersterwerbers für den Fall enthielt, dass innerhalb einer Frist bis zu zwei Jahren ab Vertragsschluss die für die Finanzierung vorgesehenen Mittel nicht bewilligt wurden. Anstelle vertraglicher Abmachungen mit Rücktrittsvorbehalt konnten auch bedingte und entsprechend Nr. 5.33 Satz 1 befristete Vereinbarungen getroffen werden, deren Wirksamkeit von der Erteilung eines Bewilligungsbescheides über die in der Finanzierung vorgesehenen Mittel abhing.
Vier von 32 Verträgen, die die Klägerin im Streitjahr unter der aufschiebenden Bedingung der Auszahlung...