vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Sind Altersvorsorgebeiträge eines nicht unmittelbar abzugsberechtigten Stpfl. aufgrund der mittelbaren Zulageberechtigung seines Ehegatten gem. § 10a Abs. 3 Satz 2 EStG zu Recht als Sonderausgaben abgezogen worden, berechtigt eine Mitteilung der ZfA zur fehlenden Zulageberechtigung dieses Stpfl. das FA nicht gem. § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG, diese Altersvorsorgebeiträge im Rahmen einer Änderung der Steuerfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.
2. Die Änderungsbefugnis des § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG beinhaltet lediglich eine nicht mit Bindungswirkung für das FA ausgestattete, sondern dessen eigene Prüfungskompetenz nicht berührende Rechtsgrundverweisung, die eine Versagung des Sonderausgabenabzugs nur erlaubt, wenn die Voraussetzungen des § 10a Abs. 1-3 EStG nicht vorliegen (entgegen Urteil des FG Hamburg vom 5.12.2018 1 K 326/16, EFG 2019, 435).
Normenkette
EStG § 10a Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Sätze 1-2, Abs. 5 S. 4, § 79 S. 2, § 91 Abs. 1 S. 4; AO § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 d)
Streitjahr(e)
2010, 2011
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte berechtigt war, die Einkommensteuerfestsetzungen 2010 und 2011 aufgrund einer Mitteilung der zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) gem. § 91 Abs. 1 S. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG - zu ändern.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Kläger erzielte nach einem Wechsel in die Stellung eines Kommanditisten in den Streitjahren ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb und war nicht (mehr) in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert.
In den Anlagen AV machte der Kläger gezahlte i.H.v. 1.461 € (2010 und 2011) als eigene Sonderausgaben geltend; die Klägerin beanspruchte für einen eigenen Altersvorsorgevertrag ebenfalls einen Sonderausgabenabzug i.H.v. 875 € (2010) bzw. 969 € (2011). Der Kläger gab in den Einkommensteuererklärungen an, nicht unmittelbar von einer Riester-Förderung begünstigt zu sein. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer für 2010 und 2011 zunächst erklärungsgemäß unter Berücksichtigung eines Sonderausgabenzugs i.H.v. 2.100 € bei der Klägerin fest.
Über das Rechenzentrum der Finanzverwaltung NRW erhielt der Beklagte eine Mitteilungen der ZfA vom 28.6.2012 und vom 01.08.2013, nach der der Kläger nicht zu dem nach § 91 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - berechtigten Personenkreises gehörte.
Aufgrund dessen änderte der Beklagte die Festsetzungen zur Einkommensteuer 2010 und 2011 gemäß § 91 Abs. 1 S. 4 EStG durch Bescheide vom 24.03.2015 und erkannte die Altersvorsorgebeiträge des Klägers bei der Berechnung der Sonderausgaben gemäß § 10a EStG nicht mehr an.
Die Kläger legten durch Schreiben vom 17.04.2015 Einspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, dass die Mitteilung der ZfA inhaltlich nicht zutreffend sei. Aufgrund des Wechsels in die Stellung eines Kommanditisten habe sich nur die unmittelbare in eine mittelbare Zulageberechtigung für die Altersvorsorgezulage nach den §§ 79 ff. EStG gewandelt. Eine entsprechende Änderungsanzeige bei der ZfA werde allerdings nur max. 2 Jahre rückwirkend verarbeitet. Daher bestehe für den Kläger keine Möglichkeit, die fehlerhafte Datenübermittlung zu korrigieren. An eine fehlerhafte Mitteilung der ZfA sei der Beklagte aber ohnehin nicht gebunden.
Der Beklagte wies den Einspruch der Kläger durch Einspruchsentscheidung vom 04.01.2016 als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte er aus, dass die Prüfungskompetenz für die Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 10a Abs. 1-3 EStG der ZfA obliege. Hierzu sei auch der Datenabgleich mit der ZfA vorgesehen. Aufgrund der Überprüfung der Daten bei der ZfA müsse der Beklagte tätig werden, wenn nach dem Ergebnis der Überprüfung der Sonderausgabenabzug zu ändern sei. Mit der Formulierung in § 91 Abs. 1 S. 4 EStG werde zum Ausdruck gebracht, dass eine spezialgesetzliche Änderungsnorm im Sinne von § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 d) der Abgabenordnung vorliege. Eine erneute Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen sei daher nur möglich, wenn die ZfA in einem Festsetzungsverfahren zu dem Ergebnis gelange, dass der Kläger zulageberechtigt sei. Ein solcher Antrag sei nicht gestellt worden. Hinsichtlich der Prüfungskompetenz der ZfA sei auf § 10a Abs. 5 S. 4 EStG hinzuweisen.
Die Kläger haben durch Schreiben vom 03.02.2016 Klage erhoben.
Zur Begründung wiederholen sie im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, die durch die ZfA mitgeteilten Daten eigenständig auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (Finanzgericht Niedersachsen Urteil vom 04.04.2012 3 K 330/11, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2012, 1636).
Gemäß § 89 Abs...