rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Stromsteuerbefreiung eines Stromherstellers bei verschiedenen Nutzungszwecken der Stromerzeugungsanlage
Leitsatz (redaktionell)
- Wird in einem Klärwerk sowohl zur Abtrennung der anorganischen Reststoffe (Faulung) und zentrifugalen Entwässerung (Dickschlamm mit einem Trockenstoffgehalt von 28 %) als auch zur weiteren Trocknung und Beförderung des Klärschlamms in die zur Stromerzeugung genutzte Verbrennungsanlage elektrische Energie eingesetzt, so unterfallen die der Stromerzeugung vorgeschalteten Stromentnahmen für die Brennstoffherstellung nicht der Stromsteuerbefreiung.
- Dass diese Vorprozesse in der nämlichen Anlage stattfinden, ist aufgrund deren über die Stromerzeugung hinausgehenden Zweckrichtung unerheblich.
- Bei der Abgrenzung zwischen Brennstoffherstellung und Stromerzeugung ist auf die vergleichbaren Verhältnisse eines Braunkohle-Wärmekraftwerks abzustellen, in dem ebenfalls Brennstoff mit einem Trockenstoffgehalt von 28 % - u. a. auch Dickschlamm - zum Einsatz kommt.
- Die weitere (dampfenergetische) Trocknung des Dickschlamms und dessen Beförderung in die Verbrennungsanlage dient demgegenüber unmittelbar der Brennstoffversorgung und damit der Stromerzeugung im technischen Sinne.
Normenkette
StromStG § 9 Abs. 1 Nr. 2; StromStV § 12 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1999, 2000, 2001
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen einen Stromsteuerbescheid.
Sie betreibt u.a. eine Kläranlage zur Abwasserreinigung und eine Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage (MKVA).
Der in der Kläranlage anfallende Klärschlamm wird nach ersten Vorentwässerungen in Eindickern und Zentrifugen mit elektrischen Pumpen in einen der drei vorhandenen Faultürme mit je 9.300 m³ Inhalt gepumpt. Dort werden in ca. 20 Tagen durch Bakterien die organischen Bestandteile in Reststoffe wie Wasser und Klärgas (Biogas aus rd. 70 % Methan und 30 % CO2) zersetzt. Der Antrieb der in den Faultürmen vorgenommenen Umwälzung erfolgt mit Elektromotoren. Das Klärgas wird nach Reinigung in der MKVA „thermisch verwertet”, d.h. in den Brennern der Rauchgasreinigungsanlage und eines Kessels sowie im Hilfsdampferzeuger verwendet.
Der ausgefaulte Klärschlamm (70 % anorganische Reststoffe) wird mit elektrisch betriebenen Pumpen zu Hochleistungszentrifugen befördert und dort bis auf rund 28 % Trockensubstanz entwässert. Anschließend wird dieser Dickschlamm in einem mit Dampf aus der MKVA beheizten Scheibentrockner so weit getrocknet, bis er als Granulat in zwei Silos zwischengelagert werden kann. Für den Transport durch den Trockner wird elektrische Energie eingesetzt. Vom Trockner wird das Granulat pneumatisch in die MKVA befördert und zusammen mit dem Müll bei Temperaturen zwischen 850 - 1.100°C verbrannt. Die pneumatische Förderung geschieht über elektrisch betriebene Luftverdichter.
Auf Anordnung des Beklagten fand bei der Klägerin durch sein Sachgebiet Prüfungsdienste eine Außenprüfung für die Stromsteuer des Zeitraums vom 01.01.2001 bis zum 30.06.2002 statt, die mit Prüfungsbericht vom 13.01.2003, Nr. ......., abgeschlossen wurde. In dem Bericht stellte der Prüfungsbeamte unter Tz. 3.6.4 fest, dass sich die Stromsteuerfreiheit nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 des Stromsteuergesetzes - StromStG - in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung - StromStV - nur auf die Stromentnahmen für Neben- und Hilfsanlagen erstrecke, die dem Eigenverbrauch der Stromerzeugungseinheit gedient hätten. Sie erstrecke sich nicht auf den gesamten Eigenverbrauch der MKVA, sondern nur auf den Bereich, der für die Stromerzeugung im technischen Sinn benötigt werde. Damit würden nur die Neben- und Hilfsanlagen zur Brennstoffzufuhr, nicht aber die Brennstoffproduktion und die Brennstoffvorbereitung von der Steuerbegünstigung erfasst. Nicht begünstigt seien daher die Faulung und Klärschlammtrocknung.
Hierfür seien (für die Pumpen, bei der Umwälzung und bei der pneumatischen Förderung) folgende Strommengen angefallen, die bislang zu Unrecht steuerfrei behandelt worden seien:
Zeitraum |
Strommenge |
Steuersatz |
Stromsteuer |
01.04.-31.12.1999 |
5.393,250 MWh |
4,00 DM/MWh |
21.573,00 DM |
01.01.-14.02.2000 |
1.107,145 MWh |
4,00 DM/MWh |
4.428,48 DM |
15.02.-31.12.2000 |
7.005,105 MWh |
5,00 DM/MWh |
35.025,52 DM |
01.01.-31.12.2001 |
8.415,260 MWh |
6,00 DM/MWh |
50.491,56 DM |
In ihrer Stellungnahme zum Prüfungsbericht führte die Klägerin aus, die Kläranlage erzeuge in Form des Klärschlamms einen zu beseitigenden Abfall, der nicht zur Verwertung geeignet sei und deshalb verbrannt werden müsse. Die Entsorgung in der MKVA bedürfe nach langjährigen Untersuchungen als Vorbereitung und Versorgung einer Trocknung, zu der der Strom benötigt werde. Dieser sei nach der StromStV steuerfrei.
Auch der Stromverbrauch im Bereich der „Faulung und Klärschlammtrocknung” sei nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 StromStG steuerbefreit. Strom zur Stromerzeugung sei nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 StromStV der zur Erzeugung von Strom in Neben- und Hilfsanlagen einer Stromerzeugungseinheit verbrauchte Strom. Die Aufzähl...