Entscheidungsstichwort (Thema)
Artfortschreibung kein Fortschreibungsbescheid i. S. d. § 225a Abs. 2 Satz 3 RAO
Leitsatz (redaktionell)
Die Aufhebung eines Einheitswertbescheides (Artfortschreibung) zum 1.1.1976 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO mit Wirkung für noch nicht verjährte einheitswertabhängige Steuern in späteren Kalenderjahren ist kein Fortschreibungsbescheid i.S.d. § 225 a Abs. 2 Satz 3 RAO (gegen BFH-Urteil vom 16.10.1991 II R 23/89, BStBl II 1992, 454). § 181 Abs. 5 AO ist erstmals für nach dem 31.12.1976 liegende Fortschreibungszeitpunkte anwendbar.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 1, § 181 Abs. 1 S. 1, Abs. 5; EGAO Art. 97 §§ 1, 10 Abs. 1-2; RAO §§ 143, 225a Abs. 2 S. 3; BewG § 21 Abs. 3
Tatbestand
Die Klägerin ist als Nachlaßverwalterin an die Stelle des früheren Klägers, Herrn 'T', getreten, der während des Klageverfahrens verstorben ist.
Streitig ist, ob der Beklagte noch 1997 auf Weisung der Oberfinanzdirektion einen Artfortschreibungsbescheid vom 2.1.1978, der die bewertungsrechtliche Grundstücksart Zweifamilienhaus auf den Stichtag 1.1.1976 feststellte, nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO aufheben durfte.
Herr 'T' errichtete 1974 auf seinem Grundstück von . . . in . . . ein Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung. Die Erdgeschoßwohnung wurde noch 1974 bezugsfertig. Im Rahmen einer Besichtigung stellte der Beklagte am 16.5.1975 fest, daß sich die Einliegerwohnung noch im Bau befand, jedoch nach Aussage von Herrn 'T' im Laufe des Jahres 1975 bezugsfertig würde. In dem Aktenvermerk über die Besichtigung hielt die Sachbearbeiterin . . ., fest, daß für den Fall der Fertigstellung der Einliegerwohnung in 1975 auf den 1.1.1976 eine Wert- und Artfortschreibung vorgenommen werden müsse. Das Haus sei dann als Zweifamilienhaus zu bewerten.
Dementsprechend stellte der Beklagte zunächst mit Einheitswertbescheid - Wert- und Artfortschreibung auf den 1.1.1975 - vom 12.12.1975 die Grundstücksart Einfamilienhaus und den Einheitswert von 89.600 DM fest.
Am 23.7.1975 erhielt der Beklagte eine Mitteilung des Bauaufsichtsamtes, wonach grundrißlich Veränderungen im Kellergeschoß sowie der Einbau eines Schlafraumes und einer Küche durch Herrn 'T' vorgenommen wurden. Mit Schreiben vom 5.12.1975 erfolgte die Nachricht über die baupolizeiliche Schlußabnahme des Gebäudes, wobei die Mitteilung des Bauaufsichtsamtes wiederum die oben genannten baulichen Veränderungen mitaufführte.
Trotz der Aufforderungen des Beklagten vom 22.3.1976 und vom 25.1.1977 reichte Herr 'T' keine Erklärung über die Feststellung des Einheitswertes zum Stichtag 1.1.1976 ein.
Der Beklagte, der von einer baupolizeilichen Schlußabnahme des gesamten Wohngebäudes ausging, erließ am 2.1.1978 einen Einheitswertbescheid -Wert- und Artfortschreibung auf den 1.1.1976 - mit dem die Grundstücksart Zweifamilienhaus und der Einheitswert mit 117.500 DM festgestellt wurden.Tatsächlich erfaßte die Abnahme nur den erdgeschossigen Wohnteil, da die Einliegerwohnung noch nicht bezugsfertig erstellt worden war.
Im Rahmen eines Klageverfahrens betreffend die Einkommensteuer 1986 erhielt der Beklagte Kenntnis von einer teilweise freiberuflichen Nutzung des Gebäudes.
Nach einer daraufhin durchgeführten Besichtigung des Hauses am 23.11.1992 erließ er am 22.12.1992 einen Artfortschreibungsbescheid zum Einfamilienhaus auf den 1.1.1986, da er von einer freiberuflichen Nutzung der Einliegerwohnung ausging. Diese befand sich im Zeitpunkt der Besichtigung allerdings im Zustand der Renovierung. Gegen den Bescheid legte Herr 'T' Einspruch ein. Nach dessen Zurückweisung klagte er.
Im Rahmen des Verfahrens vor dem Finanzgericht Düsseldorf - Aktenzeichen 11 K 3286/93 BG - stellte sich heraus, daß eine Nutzung der Einliegerwohnung zu freiberuflichen Zwecken im Jahr 1985 nicht vorgelegen hatte. Außerdem erhielt der Beklagte aufgrund gerichtlicher Ermittlungen erstmals Kenntnis davon, daß eine Bezugsfertigkeit der Einliegerwohnung bis 1992 nicht vorlegen hatte. Erst im Jahr 1992 wurden dort Heizung und Bad installiert, so daß das Kellergeschoß erst seitdem als fertiggestellt angesehen werden konnte.
Das Verfahren endete mit dem Erlaß eines zum rechtskräftigen Urteil gewordenen Gerichtsbescheides vom 16.6.1997. Dessen Tenor lautete: "Der Artfortschreibungsbescheid für das Grundstück von zum 1.1.1986 vom 22.12.1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.4.1993 und in Gestalt des Änderungsbescheides vom 1.3.1994 wird aufgehoben."In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, daß es an einer Rechtsvorschrift für eine Artfortschreibung zum Einfamilienhaus auf den 1.1.1986 fehle. Insbesondere sei § 173 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit § 181 Abs. 1 AO nicht anwendbar, da eine solche Korrektur einen früheren Einheitswertbescheid, bezogen auf den streitigen Stichtag, voraussetze. Nur ein solcher könne auf den gleichen Stichtag geändert werden.
Der Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 9.10.1997 den Einheitswertbescheid vom 2.1.1978 - nur Artfortschreibung - auf. Ferner enthielt der Bescheid den Hinweis,...