rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwischenlagerung von Spirituosen als Inbesitzhaltung zu gewerblichen Zwecken. Steueraussetzungsverfahren bei Scheinfirma

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein wirksames Steueraussetzungsverfahren für den Verkehr von Spirituosen wird nicht eröffnet, wenn der Versender in dem begleitenden Verwaltungsdokument (bVD) eine Scheinfirma angibt.
  2. Der Steuerentstehungstatbestand der Inbesitzhaltung oder Verwendung von aus dem Freiverkehr eines Mitgliedstaates in das Steuergebiet verbrachten Spirituosen zu gewerblichen Zwecken ist erfüllt, wenn ein Steuerpflichtiger in die Kette der gewerblichen Handelsgeschäfte als entgeltlicher Zwischenlagerer eingebunden ist und diese Zwischenlagerung nicht allein aus transportbedingten Gründen erfolgt.
 

Normenkette

BranntwMonG § 143 Abs. 1 S. 1, § 144 Abs. 2 Sätze 1-2, § 145 Abs. 2; EWGRL 92/12 Art. 6 Abs. 1 S. 1; Richtlinie 12/29/EWG Art. 6 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Der Kläger, der Inhaber des Lebensmittel-Supermarktes F in A ist, begehrt die Aufhebung eines geänderten Steuerbescheides, mit dem er vom beklagten Hauptzollamt (HZA) noch auf Zahlung von 45.795,45 DM Branntweinsteuer (BranntwSt) in Anspruch genommen wird.

Streitig ist, ob der Kläger Spirituosen, die aus einem niederländischen Steuerlager stammen, im Steuergebiet dem Steueraussetzungsverfahren entzogen hat bzw. erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken bezogen, in Besitz genommen oder verwendet hat.

Der Klage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Nach den Ermittlungen des Zollfahndungsamtes M (ZFA) wurde am 11.04.1994 in D ein LKW mit dem niederländischen Kennzeichen mit insgesamt 13 Paletten Spirituosen (10.872 Flaschen Korn, 35 Vol. %) beladen. Ausweislich des Tourenplanes des Fahrers (B) waren davon 6 Paletten (5.004 Flaschen) zur Entladung bei dem Kläger in A bestimmt, Entladungsort für die restlichen 7 Paletten war L. Der B hat in seiner Vernehmung vor den niederländischen Ermittlungsbehörden ausgesagt, er habe 6 Paletten Korn in A entladen und der Kläger habe den Empfang der Sendung auf dem Frachtbrief bestätigt.

Auftraggeber für diesen Transport war der Inhaber der holländischen Firma (V). Dieser stellte für die Lieferung eine Rechnung an die belgische Firma (M) in O Belgien und ein begleitendes Verwaltungsdokument (bVD) Nr.: 9404011 für den Verkehr im Steueraussetzungsverfahren, ebenfalls an die Firma M, aus. Weitere Ermittlungen ergaben, dass die Firma M nicht existierte, d.h. dass es sich bei dieser um eine Scheinfirma handelte.

Am 03.05.1994 wurde wiederum in D im Auftrag des Inhabers der V der LKW mit dem niederländischen Kennzeichen mit insgesamt 21 Paletten Spirituosen (13.440 Flaschen Weinbrand, 32 %) beladen. Ausweislich des Tourenplanes und des Frachtbriefes waren davon 4 Paletten (2.544 Flaschen) für die F bestimmt. Der Fahrer hat in seiner Vernehmung vor den niederländischen Ermittlungsbehörden ausgesagt, er habe 4 Paletten in A entladen und der Kläger habe den Empfang der Sendung auf dem Frachtbrief quittiert. V stellte für diesen Transport eine Rechnung sowie ein bVD Nr.: 959503 aus, beide ebenfalls aufgemacht für die Firma M.

Anlässlich seiner Vernehmung durch Zollfahndungsbeamte am 23.01.1995 räumte der Kläger ein, von einem (S) aus L am 02.03.1994 auf einem Großmarkt in D 50 Kartons Korn in 0,7 l Flaschen (35 Vol. %) zu einem Preis von 5,30 DM plus Mehrwertsteuer gekauft zu haben. Bezüglich des Kaufpreises habe er 1.500,-- DM angezahlt. Eine Rechnung habe er nicht erhalten.

Außerdem räumte der Kläger ein, die beiden Sendungen vom 11.04. und 03.05.1994 mit 6 und 4 Paletten Branntwein auf dem Betriebsgelände seiner Firma in A gelagert zu haben. Er will diese beiden Sendungen jedoch nur einige Tage für S zwischengelagert haben. Die Sendungen seien dann jeweils zwei bis drei Tage später wieder abgeholt worden. Über den Verbleib der Sendung habe er keine Kenntnis. Als Bezahlung hierfür sei an eine Gutschrift der Sendung vom 02.03.1994 gedacht gewesen. Später habe er dann für die Zwischenlagerung 50 Kartons mit je 6 Flaschen Goldbrand erhalten.

Bezüglich dieser beiden Lieferungen und des Ankaufs bzw. der Lieferung von Spirituosen in drei weiteren Fällen am 02.03., am 30.05., und 31.08.1994, die nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens sind, nahm das beklagte HZA den Kläger mit Steuerbescheid vom 29.07.1997 zunächst auf Zahlung von 131.401,90 DM BranntwSt in Anspruch.

Gegen den Steuerbescheid legte der Kläger Einspruch ein, den er damit begründete, er habe keine Spirituosen von der Firma V bezogen. Auch die Spirituosen, die am 11.4. und 03.05.1994 an ihn geliefert worden seien, habe er weder angekauft noch im Besitz gehabt, sondern lediglich kurzfristig für S einige Tage zwischengelagert.

Dem Einspruch gab das beklagte HZA teilweise statt, indem es nur noch die Lieferungen vom 11.04. und 03.05.1994 der Besteuerung unterwarf und die BranntwSt auf 45.795,45 DM herabsetzte.

Dabei vertrat das beklagte HZA die Auffassung, bei den am 11.04.1994 angelieferten 6 Paletten habe es sich um...

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