rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehung von Branntweinsteuer durch Austausch der begleitenden Verwaltungsdokumente gegen Fälschungen. verschuldensunabhängige Steuerschuldnerschaft des Versenders
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Ausfuhr von Branntweinerzeugnissen aus dem EG-Verbrauchsteuergebiet über andere Mitgliedstaaten gelten die Vorschriften über das innergemeinschaftliche Steuerversandverfahren entsprechend mit der Folge, dass an die Stelle des Empfängers die Zollstelle tritt, an der die Erzeugnisse das EG-Verbrauchsteuergebiet verlassen. In diesem Fall hat die Ausgangszollstelle als Empfänger den bestätigten Rückschein an den Versender zurückzusenden.
2. Eine Entziehung aus dem Steueraussetzungsverfahren liegt vor, wenn die begleitenden Verwaltungsdokumente, ausweislich derer Branntweinerzeugnisse unter Steueraussetzung von Österreich über Deutschland an einen Empfänger in Russland geliefert werden sollen, gegen gefälschte begleitende Verwaltungsdokumente ausgetauscht werden.
3. Für die Steuerschuldnerschaft des Versenders kommt es nicht darauf an, ob er selbst die Waren dem Steueraussetzungsverfahren entzogen hat, weil es insoweit nur auf die Stellung als Versender und damit auf einen objektiven Umstand ankommt.
Normenkette
BranntwMonG § 143 Abs. 1 S. 1; BranntwStVO § 39 Abs. 1, § 43 Abs. 2; EWGRL 12/92 Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 1; AO § 209 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin Schuldnerin von Branntweinsteuer geworden ist.
Die Klägerin versandte im April 1999 aus ihrem Steuerlager in Österreich elf Sendungen mit jeweils 18.000 0,7-Liter-Flaschen Whisky mit einem Alkoholgehalt von 40 % vol zur Ausfuhr unter Steueraussetzung über Deutschland nach Russland. In den begleitenden Verwaltungsdokumenten war als Empfänger der Lieferungen jeweils die Firma B angegeben. Der Verkauf der Spirituosen erfolgte über die Firma G die den Whisky an die Firma B weiterverkaufte.
Nach den Feststellungen des Zollfahndungsamtes V wurden die begleitenden Verwaltungsdokumente in W bzw. X (Deutschland) gegen gefälschte begleitende Verwaltungsdokumente (bVd) ausgetauscht, auf denen eine belgische Firma als Versender und eine britische Firma als Empfänger angegeben war. Auf den Originalen wurde mit einer Stempelfälschung des Hauptzollamtes Y die Ausfuhr aus Deutschland bestätigt und ein Exemplar an die Klägerin zurückgeleitet. Von elf Sendungen wurde eine in den Niederlanden beschlagnahmt, die übrigen zehn wurden nach Großbritannien verbracht. Die Transporte wurden mit eigenen oder angemieteten Lkws der deutschen Spedition S durchgeführt, die den Alkohol im Steuerlager der Klägerin abholte.
Aufgrund dessen setzte das Hauptzollamt Z (HZA), mit Steuerbescheid vom 13. März 2002 gegen die Klägerin als Gesamtschuldnerin neben B, C und D Branntweinsteuer i.H.v. insgesamt … EUR fest.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 17. August 2006) erhob die Klägerin Klage, die sie im Wesentlichen folgendermaßen begründet: Dass der Branntwein nach England oder über deutsches Staatsgebiet befördert worden sei, sei nicht nachgewiesen. Es sei auch unwahrscheinlich, dass die bVd in Deutschland ausgetauscht worden seien, da diese in Belgien in einer Fälscherwerkstatt hergestellt worden seien. Abgesehen davon, wären die Waren nur dann dem Versandverfahren entzogen worden, wenn diese bVd jemandem gezeigt worden wären. Auch dafür gäbe es jedoch keine Anhaltspunkte. Die Unregelmäßigkeit sei jedenfalls bereits in Österreich geschehen, da sie über ihren Geschäftspartner getäuscht und dadurch zur Ausstellung unrichtiger bVd veranlasst worden sei. Ferner sei auch das österreichische Zollamt getäuscht worden, weil es die Lkw in der Annahme verplombt habe, die Waren würden nach Russland exportiert. Der Alkohol sei sofort mit der Übernahme durch die unberechtigten Übernehmer dem Steueraussetzungsverfahren entzogen worden. Tatsächlich seien die Transporte nie darauf ausgerichtet gewesen, den Alkohol nach Russland zu transportieren, da dann der russische Käufer das Ausbleiben der Lieferung reklamiert hätte. Da die Alkoholsteuer zudem nur anfalle, wenn der Alkohol konsumiert werde, könne jedenfalls für die beschlagnahmten Lkw-Ladungen keine Steuer entstanden sein.
Die Klägerin beantragt,
den Steuerbescheid vom 13. März 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 17. August 2006 aufzuheben.
Außerdem regt sie an, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Das HZA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dass der Alkohol nach Großbritannien verbracht worden sei, sei durch die Aussagen der Beschuldigten erwiesen. Auch wenn sich die Klägerin in der Person des Beförderers habe täuschen lassen, liege hierin noch kein Entziehen aus dem Steueraussetzungsverfahren, weil die Ware hierdurch noch nicht der Möglichkeit der Steueraufsicht vorenthalten worden sei. Die Entziehungsh...