Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung einer öffentlichen Toilettenanlage zum Betriebsvermögen eines städtischen Marktbetreibers
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Gebietskörperschaft kann eine in funktionalem Zusammenhang mit einem von ihr unterhaltenen Marktbetrieb stehende öffentliche Toilettenanlage als (gewillkürtes) Betriebsvermögen des Betriebs gewerblicher Art behandeln und die damit zusammenhängenden Aufwendungen im Umfang der betrieblichen Nutzung (rd. 25 %) einkunftsmindernd geltend machen.
- Die Vorschriften der §§ 4 Abs. 5 Nr. 7, 12 Nr. 1 EStG sind für den Bereich der Körperschaftsteuer nicht einschlägig.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 8; EStG §§ 4, 12 Nr. 1
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zuordnung einer öffentlichen Toilettenanlage zu einem als Betrieb gewerblicher Art unterhaltenen städtischen Marktbetrieb.
Die Klägerin – eine Stadt – unterhält mehrere Kleinhandelsmärkte (Wochenmärkte), für die sie Standplätze auf mehreren städtischen Grundstücken zur Verfügung stellt. Die diesen Märkten dienenden Einrichtungen sind im Marktamt zusammengefasst und stellen nach übeinstimmender Auffassung der Verfahrensbeteiligten einen Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG dar.
Der größte Markt findet zweimal wöchentlich („X-Tag und Y-Tag”) auf dem unmittelbar neben dem „S-Platz” gelegenen „O-Platz” statt. Daneben betreibt die Klägerin noch zwei weitere Märkte in anderen Stadtteilen. Auf dem Wochenmarkt am „O-Platz” bieten ca. 35 – 40 Händler überwiegend Lebensmittel an. Der Markt öffnet jeweils um 7 Uhr morgens und endet gegen Mittag, wobei der Abbau der Stände im Regelfall bis 14 Uhr abgeschlossen ist.
Im Jahr 2000 errichtete die Klägerin in einer Stichstraße, die den „O-Platz” mit dem „S-Platz” verbindet, eine öffentliche Toilettenanlage, die nur wenige Meter vom Wochenmarkt entfernt liegt. Die Herstellungskosten beliefen sich auf insgesamt 319.000 DM. Mit dem Neubau wurde eine etwas weiter entfernte unterirdische Toilettenanlage ersetzt, die bereits seit Anfang des 20. Jahrhunderts existierte. Die neue Toilettenanlage, für deren Benutzung die Klägerin kein gesondertes Entgelt erhebt, ist montags bis samstags geöffnet, an Markttagen bereits ab 7 Uhr, an den anderen Tagen ab 8 Uhr jeweils bis 19 Uhr. Mit dem Betrieb und der Unterhaltung der Toilettenanlage hat die Klägerin einen privater Unternehmer beauftragt.
Die Klägerin ordnete die Toilettenanlage dem Betriebsvermögen ihres Marktbetriebs zu und erfasste die aktivierten Herstellungskosten im Anlagenverzeichnis dieses Betriebs gewerblicher Art. Bei der Veranlagung des Streitjahres (2001) machte die Klägerin Abschreibungen in Höhe von 15.979 DM sowie Zinsen von 13.901 DM für die fremdfinanzierten Herstellungskosten als Betriebsausgaben geltend. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, dass die Toilettenanlage weder ertrags- noch umsatzsteuerlich dem Betriebsvermögen bzw. dem Unternehmensvermögen des Betriebs gewerblicher Art zugeordnet werden könne und ließ diese Aufwendungen deshalb nicht mehr zum Abzug zu. Der Beklagte folgte den Prüfungsfeststellungen und änderte den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer entsprechend und verminderte den von der Klägerin für den Marktbetrieb erklärten Verlust um die streitigen Aufwendungen.
Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Der Beklagte stützte seine ablehnende Entscheidung im Wesentlichen auf das Urteil des FG Mecklenburg-Vorpommern vom 22.10.2002 2 K 559/99, EFG 2003, 577, wonach die Toilettenanlage weder für sich einen Betrieb gewerblicher Art darstelle, noch mangels enger wechselseitiger technisch-wirtschaftlicher Verflechtung von einigem Gewicht mit dem Marktbetrieb zusammengefasst werden könne. Hierzu reiche allein der Umstand, dass auch Marktbeschicker und -besucher diese öffentliche Toilette aufsuchten, nicht aus.
Mit ihrer Klage hält die Klägerin weiterhin an der Zuordnung der Toilettenanlage zum Betriebsvermögen ihres Betriebs gewerblicher Art fest und beruft sich insoweit auf ein Urteil des FG Brandenburg vom 29.06.1998 1 K 1787/96, EFG 1998, 1439, wonach eine öffentliche Toilettenanlage schon deshalb einem Betrieb gewerblicher Art zugeordnet werden könne, weil sich die Pflicht zur Bereitstellung von Toiletten für einen öffentlichen Markbetreiber und damit eine hinreichende technisch-wirtschaftliche Verflechtung schon aus allgemeinem Ordnungsrecht ergebe. Im Streitfall sei das Betreiben des Wochenmarkts ohne die Bereitstellung einer Toilettenanlage nicht denkbar. Die Zwangsläufigkeit ergebe sich schon aus den besonderen örtlichen Verhältnissen. An einem normalen Wochenmarkttag sei mit ca.100 Mitarbeitern der Marktbeschicker und bis zu 1000 Markbesuchern zu rechnen. Die öffentliche Sicherheit und Ordnung verlange hier die Bereitstellung der erforderlichen hygienischen Bedingungen zur sachgerechten Befr...