Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein überwiegendes betriebliches Interesse bei Erstattung von Verwarungsgeldern
Leitsatz (amtlich)
Übernimmt ein privater Paketzustelldienst die wegen Falschparkens während des Zustelldienstes gegen seine Arbeitnehmer verhängten Verwarnungsgelder, so erfolgt diese Übernahme im Interesse der Angestellten und ist daher als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen. Ein überwiegend betriebliches Interesse ist nicht gegeben.
Leitsatz (redaktionell)
In der Erstattung von Verwarnungsgeldern an die Fahrer eines Paketzustellservices kann wegen des Eigeninteresses der Arbeitnehmer an der Übernahme dieser Kosten kein aufgedrängter, überwiegend durch das Arbeitsablaufinteresse des Arbeitgebers veranlasster Vorteil ohne Entlohnungscharakter gesehen werden.
Normenkette
EStG 1990 § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1; LStDV 1990 § 2 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt einen ,privaten' Paketzustelldienst. Nach den Feststellungen einer für den Zeitraum 1.10.1988 bis 31.12.1992 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung übernahm die Klägerin im Prüfungszeitraum für ihre Fahrer die Verwarnungsgelder, die gegen diese für Falschparken verhängt wurden.
Gegen den aufgrund des Lohnsteueraußenprüfungsberichts vom 7.6.1993 insoweit erlassenen Haftungsbescheid vom 15.7.1993 legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren erließ der Beklagte einen geänderten Haftungs-/Nachforderungsbescheid vom 11.10.1993. Die auf die Verwarnungsgelder entfallende Lohnsteuer belief sich danach auf 262.541,00 DM.
Zur Begründung ihres Einspruchs trug die Klägerin vor, sie biete ihren Kunden einen 24-Stunden-Paketzustellungsservice an, der nur gewährleistet werden könne, wenn die Fahrer in unmittelbarer Nähe zum Kunden anhielten. Ein konkurrenzfähiger Zustelldienst sei unmöglich, wenn die Fahrer nur dort hielten, wo dies zugelassen sei. Dies bedeute, dass die Fahrer auch in Fußgängerzonen oder im Halteverbot kurzfristig anhalten müssten, so dass sie häufig mit Verwarnungsgeldern belegt würden. Nur mit einigen Städten seien Ausnahmegenehmigungen vereinbart worden. Hierin liege ein großer Wettbewerbsnachteil gegenüber der Post, da es für die Klägerin keine generelle Ausnahmeregelung gebe. Die Verwarnungsgelder würden von der Klägerin als Arbeitgeberin übernommen. Dies geschehe im eigenbetrieblichen Interesse, um wettbewerbsfähig zu sein. Das eigenbetriebliche Interesse sei größer als die Bereicherung aus der Sicht des Arbeitnehmers, da diese pro Fahrer durchschnittlich im Jahr unter 100,00 DM liege. Eine individuelle Belohnung könne ausgeschlossen werden, da für alle Fahrer diejenigen Verwarnungsgelder übernommen würden, die aufgrund einer Nichtbeachtung von Halteverboten und Fußgängerzonen verhängt worden seien. Die Arbeitszeit der Paketzusteller habe im streitigen Zeitraum 40 Stunden pro Woche betragen. Eine Gleitzeitregelung existiere nicht. Die Routen der Zusteller würden ständig überprüft. Bei der Planung werde berücksichtigt, dass Halteverbote und Parkverbote in Fußgängerzonen nicht beachtet würden. Eine Arbeitszeitverkürzung durch falsches Parken komme wegen des organisatorischen Arbeitsablaufes nicht in Betracht. Mittags erfolge die Zustellung, nachmittags die Abholung. Mit den täglichen Abholkunden seien feste Termine vereinbart. Die festgelegten Zeiten könnten die Zusteller nicht selbständig verändern.
Der Beklagte wies den Einspruch zurück und führte aus, es handle sich bei der Erstattung des Verwarnungsgeldes um Arbeitslohn. Verwarnungsgelder könnten weder als Betriebsausgben noch als Werbungskosten abgezogen werden. Es handle sich um nicht abzugsfähige Lebenshaltungskosten. Ein Auslagenersatz i.S.v. § 3 Nr. 50 EStG liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Die Klägerin trägt vor:
Sie sei aus Wettbewerbsgründen gezwungen, Verwarnungsgelder für Falschparken in Kauf zu nehmen. Die Klägerin besitze keine Ausnahmegenehmigung, während die Post nach § 35 Abs. 7 StVO über entsprechende Sonderrechte verfüge. Nur in einigen Städten seien Ausnahmegenehmigungen erreicht worden. Dies führe zu einer Ungleichbehandlung der mit Verwarnungsgeldern belegten betroffenen Arbeitnehmer im Vergleich zu den Arbeitnehmern, die in einer Zone mit Ausnahmegenehmigung zustellten. Zur Aufrechterhaltung des Betriebsklimas sei die Klägerin gezwungen, alle Arbeitnehmer gleich zu behandeln. Die Klägerin werbe auch Kunden damit, dass sie sich verpflichte, ihnen das Entgelt für die Paketzustellung zurückzuerstatten, wenn die Zustellungszeiten nicht eingehalten würden. Diesen Service müsse die Klägerin einhalten. Die Arbeitnehmer nähmen Verstöße gegen Parkverbote im Interesse des Arbeitgebers in Kauf. Die Aufwendungen würden allen Fahrern, unabhängig von Bedingungen, erstattet. Die Übernahme der Kosten werde weder durch die Dauer der Betriebszugehörigkeit, die Stellung im Betrieb, die Lohngruppe oder andere Merkmale beeinflusst. Die durc...