Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen zur Einstufung von Ballettschulen als umsatzsteuerlich begünstigte Einrichtungen
Leitsatz (redaktionell)
- Ob eine private Schule oder eine andere allgemein bildende oder berufsbildende Einrichtung i. S. von § 4 Nr. 21 Buchstabe b UStG 1980 bzw. § 4 Nr. 21 Buchstabe a, Doppelbuchstabe bb UStG heutiger Fassung vorliegt, entscheiden allein die Finanzbehörden.
- Eine Ballettschule gehört zu diesen begünstigungsfähigen Einrichtungen, wenn die von ihr erbrachten Leistungen ihrer Art nach erforderlich und geeignet sind, um auf die Ausübung des Tanzberufs vorzubereiten.
- Dabei kommt es nicht darauf an, welche konkreten Ziele die Unterrichtsteilnehmer mit ihrem Kursbesuch verfolgen.
- Die Feststellung, dass die Voraussetzungen der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) erstmals gegeben sind, folgt dem die Steuerfreiheit der Umsätze auslösenden Grundlagenbescheid der zuständigen Landesbehörde, worin ordnungsgemäße Lehrinhalte bestätigt werden..
Normenkette
UStG § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchstabe bb, § 19; AO § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
1978, 1979, 1980, 1981, 1982, 1983, 1984, 1985, 1986, 1987
Tatbestand
Der Kläger ist Gesamtrechtsnachfolger der A. und B. GbR – im Folgenden: GbR -, die in den Streitjahren 1978 bis 1987 eine Ballettschule betrieb. Ihre Umsätze unterwarf sie in den Veranlagungszeiträumen 1978 bis 1981 dem ermäßigten Steuersatz und in den Veranlagungszeiträumen 1982 bis 1987 dem Regelsteuersatz.
Auf Antrag des Klägers vom 30.01.2002 erteilte ihm die Bezirksregierung am 15.05.2002 eine für die Zeit vom 01.04.1978 bis 31.12.1991 gültige Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 21 a) bb) UStG (heutiger Fassung), dass er mit der Bildungsmaßnahme „Dreijährige Vorausbildung „Bühnentanz und Tanzpädagogik” zur Vorbereitung auf Aufnahmeprüfungen für Bühnentänzer/innen und Tanzpädagogen/innen an Fachhochschulen” ordnungsgemäß auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung vorbereitet habe.
Aufgrund dieser Bescheinigung beantragte der Kläger beim Beklagten, die Umsatzsteuerbescheide 1978 bis 1991 abzuändern und die Umsatzsteuer ab 01.04.1978 auf 0.- DM festzusetzen. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Verfügung vom 17.09.2002 ab. Zur Begründung führte er aus, eine Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1978 bis 1987 komme nicht in Betracht, weil die entsprechenden Steuerakten bereits vernichtet worden seien und auch der Kläger keine entsprechenden Unterlagen habe vorlegen können. Hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 1988 bis 1991 sei nicht erkennbar, dass die GbR in der fraglichen Zeit die in der Bescheinigung der Bezirksregierung genannten Bildungsmaßnahmen durchgeführt habe.
Gegen die Verfügung vom 17.09.2002 legte der Kläger Einspruch ein, den der Beklagte hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 1978 bis 1987 mit Einspruchsentscheidung vom 09.01.2003 als unbegründet zurückwies. Darin führte er aus, eine Änderung der Umsatzsteuerbescheide 1978 bis 1987 sei bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Steuerakten bereits vernichtet worden seien und der Kläger nach eigenen Angaben auch nicht in der Lage sei, entsprechende Umsatzsteuererklärungen, Umsatzsteuerbescheide und Gewinnermittlungen vorzulegen. Es bestehe deshalb auch kein Anlass, das Einspruchsverfahren ruhen zu lassen, bis über den vom Kläger inzwischen gestellten Antrag auf Erteilung einer weitergehenden Bescheinigung der Bezirksregierung entschieden worden sei.
Hiergegen erhob der Kläger Klage. Im Verlauf des Klageverfahrens legte der Kläger einen Ordner mit die Streitjahre betreffenden Steuererklärungen, Steuerbescheiden und Gewinnermittlungen vor. Außerdem verpflichtete das Verwaltungsgericht Düsseldorf die Bezirksregierung mit – rechtskräftigem - Urteil vom 10.03.2003 25 K 6938/02, dem Kläger für die Zeit vom 18.02.1974 bis zum 31.12.1991 zu bescheinigen, dass er mit seinem Kursprogramm „Ballett 4 - 5 Jahre”, „Ballett 6 - 8 Jahre”, „Ballett 9 - 11 Jahre” „Ballett 12 - 14 Jahre” „Ballett 15 - 18 Jahre und Erwachsene”, „Jazztanz, Pädagogik, Tanzgeschichte” auf einen Beruf oder auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet hat.
Daraufhin erließ der Beklagte am 15.01.2004 geänderte Umsatzsteuerbescheide 1978 bis 1987, mit denen er die Umsatzsteuer auf 154,43 € (1978), 139,89 € (1979), 207,94 € (1980), 399,30 € (1981), 686,55 € (1982), 725,33 € (1983), 533,00 € (1984), 970,23 € (1985), 988,21 € (1986) und 746,37 € (1987) festsetzte. Grundlage der Änderungsbescheide war eine tatsächliche Verständigung der Beteiligten dahingehend, dass die Umsätze der GbR in den Jahren 1978 bis 1981 zu 85 % und in den Jahren 1982 bis 1987 zu 90 % auf gemäß § 4 Nr. 21 b UStG 1980 steuerfreie Umsätze entfielen.
Der Kläger begehrt weiterhin, die Umsatzsteuer für die Streitjahre auf jeweils 0.- € festzusetzen. Er ist der Auffassung, soweit seine Umsätze dem Grunde nach steuerpflichtig s...