rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umschulung einer Verkäuferin zur Bürokauffrau als Ausbildungsmaßnahme
Leitsatz (amtlich)
Die Umschulung einer Verkäuferin zur Bürokauffrau ist keine Fortbildungs-, sondern eine Ausbildungsmaßnahme. Die damit im Zusammenhang stehenden Kosten sind nur als Sonderausgaben im Rahmen der Höchstbeträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG abziehbar.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7
Tatbestand
Die am … 1958 geborene Klägerin absolvierte eine Ausbildung zur Verkäuferin bei der … GmbH in … Sie bestand die Abschlußprüfung am … 1976.
In den Jahren 1990 bis 1992 ließ die Klägerin sich an der privaten Handels- und Wirtschaftsschule … zur Bürokauffrau weiterbilden. Das Arbeitsamt bewilligte ihr „Leistungen bei berufsfördernden Bildungsmaßnahmen gemäß § 56 Arbeitsförderungsgesetz”. Die Klägerin besuchte vom … 11.1990 bis … 01.1991 einen Lehrgang Vorschule und anschließend vom … 02.1991 bis … 06.1992 den Lehrgang zur Bürokauffrau. Sie bestand am … 06.1992 die Abschlußprüfung. In dem Abschlußzeugnis sind die Prüfungsfächer Aufsatz, Betriebskunde und Schriftverkehr, Buchführung, Rechnen und Fachkunde ausgewiesen.
Ab dem … 10.1992 war sie bei der … tätig, einem Facheinzelhandelsgeschäft der Unterhaltungselektronik. Sie wurde als kaufmännische Mitarbeiterin in der Filialverwaltung eingesetzt. Nach einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers war Grundbedingung für eine Einstellung der „Nachweis einer abgeschlossenen Ausbildung als Bürokauffrau oder Kauffrau im Einzelhandel mit PC-Erfahrung”.
Für das Streitjahr 1991 machte die Klägerin folgende Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrer Umschulung als Fortbildungskosten geltend:
Verpflegungsmehraufwand: |
216 × 27,– DM = |
5.832,00 DM |
Fahrtkosten: |
216 × 66 km (33 × 2) × 0,54 DM = |
7.413,12 DM |
Lernmaterial: |
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366,25 DM |
abzügl. Erstattung Arbeitsamt: |
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./. 1.940,40 DM |
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11.670,97 DM |
Das Finanzamt sah den Verpflegungsmehraufwand als nicht berücksichtigungsfähig an, kürzte die Fahrtkosten auf 216 × 33 km × 0,58 DM = 4.134,24 DM und korrigierte den Betrag von 11.670,97 DM auf 2.560,09 DM. Auch diesen Betrag berücksichtigte das Finanzamt aber nur in Höhe von 900,– DM, da es davon ausging, daß es sich bei der Umschulung um eine Ausbildungs- und nicht eine Fortbildungsmaßnahme gehandelt habe.
Die Kläger vertreten die Auffassung, die Weiterbildungsmaßnahme der Klägerin sei als Fortbildungs- nicht als Ausbildungsmaßnahme zu qualifizieren.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 1991 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung dahin zu ändern, daß Aufwendungen von 11.671,– DM – unter gleichzeitiger Kürzung der Sonderausgaben in Höhe von 900,– DM – zusätzlich als Werbungskosten berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen sind nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen. Sie stellen keine Fortbildungskosten und damit Werbungskosten im Sinne des § 9 Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – dar. Es sind vielmehr Ausbildungskosten, die nur als Sonderausgaben im Rahmen der Höchstbeträge nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG absetzbar sind.
Fortbildungskosten sind Aufwendungen, die ein Steuerpflichtiger trägt, um in dem ausgeübten Beruf weiterzukommen. Ausbildungskosten liegen dagegen vor, wenn die Aufwendungen dem Ziel dienen, Kenntnisse zu erwerben, welche die Grundlage dafür bilden sollen, von einem Beruf in einen anderen Beruf überzuwechseln. Im Streitfall war für die Klägerin mit der Weiterbildung von der Verkäuferin zur Bürokauffrau – bei Zugrundelegung einer funktional-inhaltlichen Betrachtung der Berufstätigkeit (hierzu Schmidt/Heinicke, EStG, 15. Aufl., § 10 Rdnr. 122) – ein Wechsel in einen anderen Beruf verbunden. Die Klägerin strebte nicht lediglich einen Aufstieg in dem bereits von ihr ausgeübten Beruf an.
1. Die Hauptaufgabe einer Verkäuferin liegt im Bereich des Verkaufs, d. h. Verkaufskräfte haben für den Absatz von Waren zu sorgen. Besondere Bedeutung kommt dem Verkaufsgespräch zu. Der Verkäufer muß es verstehen, den Kunden anzusprechen, seine Kaufwünsche und Vorstellungen zu erfragen und ihn über Materialien, Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten von Produkten zu informieren, Qualitäts- und Preisunterschiede zu erläutern und zu begründen sowie den individuellen Nutzen für den Kunden zu verdeutlichen. Neben dem Verkaufsgespräch gehören aber auch weitere Aufgaben zur Tätigkeit einer Verkäuferin, die im Vorfeld und im Anschluß des eigentlichen Verkaufes erforderlich sind. Hierzu zählen die Annahme, Kontrolle, Pflege und Überwachung der Produkte sowie die Vorbereitung der Waren zum Verkauf, wie z. B. die Preisauszeichnung. Verkäufer haben außerdem die Aufgabe, Waren in richtiger Menge und Sortierung im Verkaufsraum zu plazieren. Hat der Kunde sich für den Kauf eines Produktes entschieden, wird das Verkaufspersonal, je nach betrieblichen Gegebenheiten, die Ware verpacken und auch selbst den Kaufbetrag kassieren. Im Zusammenhan...