Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Regeln der Besteuerung in 1999 angefallener Veräußerungsgewinne
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Ersetzung der bis 1998 geltenden Halbierung des Steuersatzes auf Veräußerungsgewinne durch die Fünftelregelung mit dem Inkrafttreten des StEntlG 1999/2000/2002 überschreitet auch in Ansehung der tatbestandlichen Rückanknüpfung an den in früheren Veranlagungszeiträumen erwirtschafteten Geschäfts- oder Praxiswert nicht den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (Anschluss an BFH-Beschlüsse vom 27.08.2002 XI B 94/02, BStBl II 2003, 18, und vom 21.01.2003 XB 106/02).
2. Die Wiedereinführung der bisherigen Steuervergünstigung ab dem Veranlagungszeitraum 2001 unter Ausgestaltung als Sozialzwecknorm zur Sicherung der Altersvorsorge und als Folge des Halbeinkünfteverfahrens kann nicht als willkürlich angesehen werden.
3. Auch bei Zwangsveräußerung einer Arztpraxis zum 31.12.1999 infolge der Befristung der kassenärztlichen Zulassung schafft die zu diesem Zeitpunkt gänzlich ungewisse Erwartung einer späteren Rückänderung der Rechtslage zugunsten des Steuerpflichtigen keine verfassungsrechtlich geschützte Vertrauensposition.
Normenkette
EStG §§ 16, 18 Abs. 3, § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Kläger sind für das Streitjahr 1999 durch Bescheid vom 12.4.2001 zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Streitig ist die Besteuerung des durch die Veräußerung der Arztpraxis der Klägerin erzielten Veräußerungsgewinnes.
Die Klägerin war als Kinderärztin tätig. Aus Altersgründen, sie war im Streitjahr 67 Jahre alt, veräußerte sie ihre Praxis im sogenannten Nachbesetzungsverfahren nach § 103 Abs. 4 Sozialgesetzbuch V mit Wirkung zum 31.12.1999. Durch das Gesundheitsstrukturgesetz vom 21.12.1992 war sie gehalten, ihre kassenärztliche Zulassung spätestens bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres zu beenden. Den erzielten Veräußerungsgewinn von 293.228 DM kürzte der Beklagte gem. § 16 Abs. 4 Einkommensteuergesetz -EStG- um 60.000 DM und führte ihn im übrigen der Besteuerung nach dem tariflichen Steuersatz zu.
Der dagegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg. Daraufhin haben die Kläger am 8.10.2001 Klage erhoben.
Im Klageverfahren wird zusätzlich geltend gemacht, dass der laufende Gewinn aus der Arztpraxis aufgrund der Ergebnisse einer zwischenzeitlich durchgeführten steuerlichen Betriebsprüfung um 1.403 DM zu mindern sei. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit mehr.
Die Kläger tragen vor,
es sei verfassungsrechtlich zu beanstanden, dass der für eine ermäßigte Besteuerung von Veräußerungsgewinnen mit dem halben tariflichen Steuersatz bis zum Veranlagungszeitraum 1998 geltende § 34 EStG durch das Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 24.3.1999 (BGBl. I S. 402) ohne eine Übergangsregelung und ohne die Berücksichtigung eines Bestandsschutzes unter Abschaffung der begünstigten Besteuerung mit dem halben Steuersatz geändert worden sei. Die Tatsache, dass die Vorschrift des § 34 EStG bereits durch das Steuersenkungsergänzungsgesetz vom 19.12.2000 (BGBl. I 1812) erneut geändert und damit der hälftige Steuersatz für Veräußerungsgewinne wieder eingeführt worden sei, belege, dass das gesetzgeberische Handeln von Willkür bestimmt sei.
Von besonderer Bedeutung sei, dass die Klägerin den Veräußerungszeitpunkt nicht habe frei bestimmen können, sondern mit Vollendung des 68. Lebensjahres gezwungen gewesen sei, ihre Tätigkeit aufzugeben. Sie habe auch vorher nicht kurzfristig auf die Gesetzesänderung reagieren können, da das Nachbesetzungsverfahren wenigstens ein Jahr Zeit in Anspruch nehme.
Die Kläger beantragen,
1. die Einkommensteuerfestsetzung 1999 dahingehend zu ändern, dass der Veräußerungsgewinn i.H.v. 293.228 DM abzüglich des Freibetrages von 60.000 DM mit dem halben Steuersatz (§ 34 EStG a.F.) versteuert wird und der laufende Gewinn um 1.403 DM gemindert wird.
2. die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides vom 12.4.2001 soweit die Vollziehung bereits erfolgt ist, im Umfange des Antrages zu 1. aufzuheben.
3. die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Meinung,
weder Vertrauenstatbestände noch der Gleichheitsgrundsatz seien verletzt. Die Klägerin habe nicht erwarten können, dass ein Gesetz unverändert über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, Bestand habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nur zum Teil begründet.
Soweit die Aufhebung der Vollziehung beantragt wird, handelt es sich um ein außerhalb des Klageverfahren gesondert zu entscheidendes Antragsverfahren.
Die Klage ist begründet, soweit eine Minderung des laufenden Gewinnes aus der Arztpraxis im Streitjahr i.H.v. 1.403 DM begehrt wird. Diesbezüglich besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit mehr.
Im übrigen ist die Klage unbegründet. Denn der Beklagte hat zu Recht den Veräußerun...