Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Verfristung einer Klagefrist im Steuerrecht i.F.d. Übermittlung des Verwaltungsakts mittels Telefax
Leitsatz (redaktionell)
- Die unwiderlegliche gesetzliche Vermutung des Bekanntgabezeitpunktes für elektronisch übermittelte Verwaltungsakte gemäß § 122 Abs. 2 a AO gilt auch für den Fall, dass der Verwaltungsakt noch am Tage der Absendung beim Empfänger ausgedruckt wird.
- Sollte der Ansicht der Finanzverwaltung, dass auch durch Telefax (einschließlich Computerfax) bekannt gegebene Verwaltungsakte unter § 122 Abs. 2 a AO fallen (AO-Anwendungserlass, Rz. 1.8.2 zu § 122 AO) nur für den Fall zu folgen sein, dass das Empfangsgerät die Sendung elektronisch aufzeichnen kann, wäre bei einer darauf beruhenden Fristversäumnis von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
- Trotz der negativen Totalgewinnprognose für eine auf den Zeitraum von neun Jahren fest vereinbarte typisch stille Beteiligung an der elterlichen GmbH kann nicht auf eine fehlende Überschusserzielungsabsicht des Stpfl. geschlossen werden, wenn die Ausgestaltung der Ergebnisverteilung (41,95 % des nicht durch Verlustvorträge geminderten Jahresüberschusses), der Tätigkeitsbereich der GmbH (Fahrzeugservice und Elektroanlagen) und das Fehlen in der privaten Lebensführung begründeter Motive für dessen Einkunftserzielungsabsicht sprechen.
- Der Umstand, dass der Stpfl. durch die Beteiligung auch das elterliche Unternehmen als Erwerbsgrundlage für sich als potentiellen Rechtsnachfolger sichern wollte, spricht nicht für eine solche private Veranlassung.
Normenkette
AO § 122 Abs. 2a; FGO § 56 Abs. 1; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 4; HGB § 234 Abs. 1 S. 2; BGB §§ 157, 242, 723
Streitjahr(e)
2002, 2003
Tatbestand
Fraglich ist die Einhaltung der Klagefrist und ob Verluste aus einer Beteiligung als stiller Gesellschafter steuerlich zu berücksichtigen sind.
Mit Vertrag vom 25. Juli 1997 beteiligte sich der Kläger als typisch stiller Gesellschafter an der Firma ABC Fahrzeugservice und Elektroanlagen GmbH (ABC GmbH, alleiniger Gesellschafter Geschäftsführer Herr Walter A., Vater des Klägers), ein seit 1945 anfänglich als Einzelfirma bestehendes Unternehmen aus dem Kfz-Dienstleistungsbereich. Das Gesellschaftsverhältnis begann zum 1. August 1997. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages wurde die Gesellschaft „bis zum 31. Juli 2006 fest vereinbart”. Während der vereinbarten Dauer der stillen Gesellschaft konnten die Vertragsparteien die Kündigung nur aus wichtigem Grund aussprechen. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft durch Vertragsablauf stand dem stillen Gesellschafter nach § 14 des Gesellschaftsvertrages eine Abfindung zu. Entsprechendes galt, wenn die stille Beteiligung gekündigt wurde.
Nach § 4 des Vertrages betrug die Einlage 250.000 DM. Laut § 7 nahm der stille Gesellschafter an dem Gewinn und Verlust der GmbH im Verhältnis seiner Einlage zum Stammkapital teil. An Verlusten nahm der stille Gesellschafter nur bis zur Höhe seiner Einlage teil. Der stille Gesellschafter tritt mit der Befriedigung seiner Ansprüche auf Rückzahlung der Einlage, Verzinsung der Einlage und Auszahlung des Gewinnanteils hinter die Ansprüche aller übrigen Gläubiger der GmbH zurück (§ 9 Rangrücktritt). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zur Gerichtsakte eingereichte Vertragsurkunde Bezug genommen (FG-Akte Blatt 14 ff.).
Der Kläger finanzierte die Einlage über ein Darlehen bei der Stadtsparkasse A-Stadt.
Mit Vereinbarung vom 6. Dezember 2001 erhöhte der Kläger seine Einlage um weitere 20.000 EUR. Die Einlage war spätestens zum 31. Oktober 2002 einzuzahlen. Ansonsten galten die Bestimmungen des Vertrages vom 25. Juli 1997 unverändert fort.
In den Jahren 1997 bis 2003 ergaben sich folgende Gewinn- bzw. Verlustanteile aus der stillen Beteiligung, die, jeweils um ein Jahr versetzt zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung der ABC GmbH, beim Kläger einkommensteuerlich berücksichtigt wurden:
|
DM |
EUR |
1997 |
- 37.297,31 |
- 19.069,81 |
1998 |
-111.862,83 |
- 57.194,56 |
1999 |
35.255,11 |
18.025,65 |
2000 |
7.213,79 |
3.688,35 |
2001 |
- 14.969,69 |
- 7.653,88 |
2002 |
- 27.317,31 |
- 13.967,12 |
2003 |
- 7.845,71 |
- 4.011,45 |
Summe |
- 156.823,95 |
- 80.182,82 |
Die Verlustanteile der Jahre 2001 und 2002 wurden vom Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für 2002 und 2003 als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärt. Hierbei ergab sich die Besonderheit, dass im Jahr 2002 der DM Wert aus 2001 in Höhe von 14.969,69 in die Anlage KAP übertragen wurde, ohne ihn in EUR umzurechnen. Mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheiden 2002 vom 18. Mai 2004 und 16. Juni 2004 sowie 2003 vom 14. September 2004 wurden die erklärten Verlustanteile in Höhe von 14.970 EUR für 2002 und von 13.967 EUR für 2003 antragsgemäß berücksichtigt. Ebenfalls wurden in den vorgenannten Bescheiden die zusätzlich erklärten Schuldzinsen für das zur Finanzierung der Beteiligung aufgenommene Darlehen bei der Stadtsparkasse A-Stadt in Höhe von 8.285 EUR für 2002 und 8.150 E...