Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss geduldeter Ausländer vom Kindergeldbezug

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Aufenthalt eines nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländers aufgrund einer Duldung berechtigt auch nach § 62 Abs. 2 EStG i. d. F. d. AuslAnsprG nicht zum Bezug von Kindergeld.
  2. Die gesetzliche Neuregelung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
 

Normenkette

EStG i.d.F. d. AuslAnsprG § 52 Abs. 61 a S. 2; EStG i.d.F. d. AuslAnsprG § 62 Abs. 2; AufenthG § 60 a; GG Art. 3, 6

 

Streitjahr(e)

2005

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.05.2009; Aktenzeichen III R 51/07)

BFH (Urteil vom 28.05.2009; Aktenzeichen III R 51/07)

 

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben libanesischer Staatsbürger kurdischer Abstammung und Vater der Kinder „A”, „B”, „C” und „D” (geboren im Januar 1986, Januar 1987, Januar 1988 und April 1994).

Der Kläger reiste im Oktober 1989 in das Bundesgebiet ein. Sein Asylantrag wurde im März 1991 abgelehnt; gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes (AuslG) nicht vorliegen. Die dagegen gerichtete Klage nahm der Kläger im April 1992 zurück. Der Aufenthalt des Klägers war bis Juni 1992 gestattet.

Mit Ordnungsverfügung vom 19.6.1992 wurde der Kläger zur Ausreise aufgefordert. Seither verfügt er über eine regelmäßig verlängerte (befristete) Duldung, insb. weil er nicht über einen libanesischen Pass verfügte. Eine selbständige Erwerbstätigkeit oder vergleichbare nichtselbständige Erwerbstätigkeit war ihm nicht gestattet, eine arbeitserlaubnispflichtige Tätigkeit nur gemäß einer gültigen Arbeitserlaubnis. Seit September 2005 verfügt er über eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG); seine Erwerbstätigkeit als Küchenhilfe ist gestattet; sonstige Erwerbstätigkeit nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde.

Der Kläger ist seit dem 1.5.1991 geringfügig als Aushilfe bzw. Küchenhelfer beschäftigt und erhielt ergänzende Sozialhilfe bzw. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Für diese Tätigkeit erhielt er jeweils eine befristete Arbeitserlaubnis. Die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach §§ 30-32 AuslG lehnte die zuständige Ausländerbehörde ab. Zur Begründung verwies sie insb. auf § 7 Abs. 2 AuslG: Der Kläger übe keine Erwerbstätigkeit aus, durch die der Unterhalt der Familie gesichert sei.

Der Kläger beantragte am 14.3.2005 Kindergeld für seine vier Kinder. Die Kindesmutter stimmte der Auszahlung des Kindergeldes an den Kläger zu. Die Beklagte lehnte den Antrag unter Hinweis auf § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ab. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg. Die Einspruchsentscheidung wurde am 13.4.2006 (Gründonnerstag) zur Post gegeben und an den Prozessbevollmächtigten adressiert.

Der Kläger erhob am 19.5.2006 Klage. Zur Begründung trägt er vor: Die Einspruchsentscheidung habe der Prozessbevollmächtigte, wie der Eingangsstempel der Kanzlei belege, am 19.4.2006 erhalten. Der Kläger ist der Auffassung, ihm stünde Kindergeld zu.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 27.09.2005 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 13.04.2006 die Beklagte zu verpflichten, Kindergeld ab Januar 2001 für vier Kinder bis Januar 2004 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Senat hat die Ausländerakten des Klägers beigezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klage ist rechtzeitig am 19.5.2006 erhoben worden. Es ist glaubhaft, dass der Prozessbevollmächtigte die Einspruchsentscheidung erst am 19.4.2006 erhalten hat. Dies wird durch den Posteingangsstempel der Kanzlei belegt; zudem ist eine Verzögerung des Postlaufs über die Ostertage nicht gerade unwahrscheinlich. Die Klagefrist (§ 47 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –) begann somit gem. § 54 Abs. 1 und 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) und § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) am 20.4.2006 und endete gem. § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 19.5.2006.

2. Dem Kläger steht gem. § 62 Abs. 2 EStG i.d.F. des Gesetzes über die Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld (u.a.) vom 13.12.2006 (AuslAnsprG, BGBl. I S. 2915) kein Kindergeldanspruch zu. Die neue Fassung ist gem. § 52 Abs. 61 a S. 2 EStG in allen Fällen anzuwenden, in denen das Kindergeld noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist. Die Ablehnung der Kindergeldfestsetzung ist rechtmäßig.

a) Gem. § 62 Abs. 2 EStG hat ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer nur unter den in den Nrn. 1 bis 3 genannten Voraussetzungen Anspruch auf Kindergeld. Der Kläger verfügte weder über die in Nr. 1 vorausgesetzte Niederlassungserlaubnis noch über die in Nrn. 2 und 3 vorausgesetzte Aufenthaltserlaubnis, sondern nur über eine Duldung. Ein Aufenthalt aufgrund einer Duldung berechtigt auch nach neuem Recht nicht zum Bezug von Kindergeld (Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 15.3.2007 III R 93/03 bei [...]).

b) Die gesetzliche Neuregelung begegnet kein...

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