Entscheidungsstichwort (Thema)
Qualifikation der Erfüllung des erbrechtlichen Auseinandersetzungsanspruchs als Anschaffungsgeschäft im Zusammenhang mit der Bestimmung der Einkommensteuer
Leitsatz (redaktionell)
Erhält der Erbe von der Erbengemeinschaft mehr Gemeinschaftsvermögen, als dies dem Wert seines Erbanteils entspricht und muss er im Gegenzug über seine Erbquote hinaus Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft übernehmen, führt dies im Umfang der überquotalen Schuldübernahme zu Anschaffungskosten. Insoweit besteht kein Unterschied zu der Rechtslage bei der vorweggenommenen Erbfolge (Anschluss an BFH-Urteil vom 14.12. 2004 IX R 23/02, BFHE 208, 229, BStBl II 2006, 296; Abgrenzung zum Beschluss des Großen Senats vom 5.7.1990 GrS 2/89, BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837; gegen BMF-Schreiben vom 14.3.2006, BStBl I 2006, 253, Rn. 23).
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4, § 21 Abs. 1 Nr. 1; HGB § 255 Abs. 1; BGB § 2047 Abs. 1
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der Anschaffungskosten für Miteigentumsanteile an Grundstücken, die der Kläger im Rahmen einer Erbauseinandersetzung erworben hat.
Der Kläger wurde im Streitjahr 1992 zusammen mit seiner in der Zwischenzeit verstorbenen Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er war als Mitunternehmer verschiedener Gesellschaften gewerblich und als Wirtschaftsprüfer sowohl selbständig als auch nichtselbständig tätig. Daneben erzielte er Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung.
Der Kläger war Miteigentümer von sechs Mietwohngrundstücken in A-Stadt. Das Grundstück D-Straße 6 hatten der Kläger, seine im Jahr 1967 verstorbene Mutter sowie sein Bruder im Jahr 1964 zu gleichen Anteilen erworben. Nach dem Tod seiner Mutter hatten der Kläger und sein Bruder den Miteigentumsanteil seiner Mutter geerbt und waren als Miteigentümer zu je 1/2 in das Grundbuch eingetragen worden. Die übrigen Grundstücke C-Straße 5, A-Straße 1 sowie B-Straße 2, 3 und 4 hatten im Alleineigentum der Mutter gestanden, so dass sie der Kläger und sein Bruder bei deren Versterben als Miteigentümer zu je 1/2 erworben hatten. Fortan hatten sie die Grundstücke in ungeteilter Erbengemeinschaft verwaltet.
Im Jahre 1991 übertrug der Bruder des Klägers seine Miteigentumsanteile an den vorbezeichneten Grundstücken im Rahmen der Erbauseinandersetzung der Erbengemeinschaft auf den Kläger. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, alle im Grundbuch eingetragenen Rechte und Grundpfandrechte als Selbst- und Alleinschuldner zu übernehmen, seinen Bruder von allen Darlehens- und sonstigen Verbindlichkeiten und Verpflichtungen freizustellen und einen Wertausgleich i.H.v. 800.000,- DM an seinen Bruder zu zahlen.
Die Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft beliefen sich am 1. November 1991 – dem Tag des Übergangs von Besitz, Nutzen, Lasten und der Gefahr des zufälligen Untergangs – auf 553.899,- DM. Davon entfielen 304.987,- DM auf Darlehensverbindlichkeiten der aus dem Kläger, seiner Mutter und seinem Bruder bestehenden Grundstücksgemeinschaft (Grundstück D-Straße 6), die im Zusammenhang mit der Baufinanzierung standen. Beim Versterben der Mutter war der auf diese entfallende Anteil an den Darlehensverbindlichkeiten i.H.v. 101.662,- DM (1/3) zu je 1/2 (50.831,- DM) auf den Kläger und seinen Bruder übergegangen. Im Zuge der Erbauseinandersetzung übernahm der Kläger sodann den originär auf den Bruder entfallenden Anteil i.H.v. 101.662,- DM sowie den von seiner Mutter auf seinen Bruder übergegangenen Anteil i.H.v. 50.831,- DM. Die übrigen Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft i.H.v. 248.902,- DM entsprachen den Restvaluten verschiedener Darlehen, welche die Erbengemeinschaft zur Finanzierung von Verwaltungskosten aufgenommen hatte. Davon übernahm der Kläger den auf seinen Bruder entfallenden Anteil i.H.v. 124.451,- DM (1/2) im Zuge der Erbauseinandersetzung.
Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1991 bis 1995 legte der Kläger bei der Berechnung der Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes – EStG – für die in A-Stadt belegenen Grundstücke Anschaffungskosten i.H.v. 1.380.961,- DM zugrunde. Diese setzten sich neben dem gezahlten Wertausgleich i.H.v. 800.000,- DM und den Gerichts- und Notarkosten i.H.v. 2.179,- DM aus einem Betrag für übernommene Verbindlichkeiten i.H.v. 578.961,- DM zusammen.
Im Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 1992 vom 19. Oktober 1994 behandelte der Beklagte den gezahlten Wertausgleich sowie die Gerichts- und Notarkosten (insgesamt 802.179,- DM), nicht jedoch die übernommenen Verbindlichkeiten, als Anschaffungskosten und setzte die Einkommensteuer abweichend fest. Er berief sich dabei auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 1. November 1993 (BStBl I 1993, 62, Tz. 28 und 29). Der Beklagte verteilte die Anschaffungskosten – dies ist zwischen den Parteien mittlerweile u...