Entscheidungsstichwort (Thema)
Sowohl freiwillige, als auch unfreiwillige zweckgebundene Zahlungen an eine evangelisch-freikirchliche Gemeinde sind auf das besondere Kirchgeld anzurechnen
Leitsatz (redaktionell)
- Auf das besondere Kirchgeld anrechnungsfähige Beiträge des nicht kirchensteuerpflichtigen Ehegatten sind sämtliche Zahlungen, die dieser als Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft, die keine Kirchensteuern erhebt, zum Zwecke der Finanzierung des Kirchenhaushalts geleistet hat.
- Der Begriff „Beitrag” der Bestimmungen des KiStG NW und der KiStO NW umfasst auch zweckgebundene freiwillige Zuwendungen der Gemeindemitglieder.
Normenkette
KiStG NW § 4 Abs. 4 S. 3; KiStO NW § 6 Abs. 5 S. 2; KAG § 8 Abs. 2
Streitjahr(e)
2002, 2003
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Zahlungen an die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde F-Stadt auf das besondere Kirchgeld angerechnet werden können.
Die Klägerin ist Mitglied der Evangelischen Kirche; ihr Ehemann – der Prozessvertreter – gehört der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde in F-Stadt an.
Mit Bescheiden vom 20. April 2004 und 7. Mai 2004 setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin ein besonderes Kirchgeld 2002 von 156 EUR und 2003 von 276 EUR fest. Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein und machte geltend, im Hinblick auf die Zuwendungen/Gemeindebeiträge ihres Ehemanns an die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde von 2.602 EUR (2002) und 1.800 EUR (2003) die Kirchgeldfestsetzung aufzuheben. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 31. März 2005 als unbegründet zurück. Nach § 6 Abs. 5 Satz 2 der Kirchensteuerordnung der evangelischen Kirchen in Nordrhein-Westfalen (KiStO NW) beschränke sich die Anrechnung auf „Beiträge”, die der nicht kirchensteuerpflichtige Ehegatte an eine öffentlich-rechtliche Körperschaft entrichte, die keine Kirchensteuer erhebe; vorliegend handele es sich ausweislich der Sammelbestätigung indes nicht um (Mitglieds-)Beiträge, sondern um freiwillige Zuwendungen.
Hiergegen richtet sich die Klage, die die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Ausführungen des Beklagten seien reine „Wortklauberei”; entscheidend sei allein, dass Zahlungen an die Freikirchliche Gemeinde erfolgt seien, die der Leistende nicht als „Spende” bezeichnet habe. Die Mitglieder der Freikirchlichen Gemeinde leisteten – so die Gemeindeordnung – durch Opferbereitschaft entsprechend ihrem Einkommen (freiwillige) Beiträge, die – neben Sammlungen, Spenden und Vermögenserträgen – der Finanzierung des Gemeindehaushalts dienten. Die gesetzliche Möglichkeit der Anrechnung beschränke sich nicht auf zwangsweise entrichtete Beiträge. Das ergebe sich eindeutig aus dem Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens. Ausweislich der Protokolle der Ausschuss- und Plenarsitzungen (Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 16. Dezember 2005) sowie der Bestätigungen der Abgeordneten Sylvia Löhrmann vom 1. Dezember 2005 und Volkmar Klein vom 25. April 2006 sei es den Abgeordneten wichtig gewesen, diejenigen Kirchenmitglieder, deren Ehepartner freiwillige Beiträge an eine Freikirche entrichteten, nicht mit besonderem Kirchgeld zu belegen. Die freikirchlichen Vereinigungen, Baptisten und Mennoniten hätten den Gesetzentwurf begrüßt, weil sie angesichts der Anrechnung von Beiträgen nicht zu Bittstellern gemacht, sondern gesetzlich geschützt worden seien. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) definiere mit Urteil vom 10. Oktober 2001 XI R 52/00 (BFHE 196, 572, BStBl II 2002, 201) Zahlungen an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, die keine Kirchensteuern erheben, als Kirchen-"Beiträge” – unabhängig davon, ob sie freiwillig oder zwangsweise geleistet würden.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über die Festsetzung des besonderen Kirchgeldes 2002 und 2003 vom 20. April 2004 und 7. Mai 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. März 2005 ersatzlos aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte verbleibt bei seiner Ansicht, dass der in der kirchensteuerrechtlichen Anrechnungsvorschrift enthaltene Begriff des „Beitrages” nicht jede beliebige (freiwillige) Zahlung umfasse, sondern nur – wie im Kommunalabgabengesetz definiert – eine Zwangsabgabe. Der Begriff des Beitrages dürfe nicht „verwässert” werden. Sowohl das Kirchensteuergesetz als auch die Kirchensteuerordnung hätten mit Bedacht den Begriff des „Beitrages” und nicht den des „Betrages” gewählt. Das verdeutliche auch der vor Erlass der KiStO geführte Schriftwechsel zwischen der Staatskanzlei des Landes NRW und den Evangelischen Kirchen im Land Nordrhein-Westfalen (s. Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 23. März 2006). Die Staatskanzlei hatte die Kirchen im November 2001 darauf hingewiesen, dass der Entwurf der Anrechnungsvorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 2 KiStO das Wort „Beträge” enthalte, das jedoch durch „Beiträge” zu ersetzen sei. Die Evangelische Kirche im Rheinland h...